E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe - Masterplan in der Kritik
Quelle: E%M
Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe

Masterplan in der Kritik

Die Bundesregierung hatte im Sommer ihre Pläne zum Ladeinfrastrukturausbau an „relevante Akteure“ verschickt. Der BDEW hat sie ausführlich bewertet.
Im Juli hat die Bundesregierung ihren „Masterplan Ladeinfrastruktur II“ vorgelegt und ihre Zielvorgabe von 1 Mio. öffentlich zugänglichen Ladepunkten bekräftigt. Deutschland soll dem 24-seitigen Papier zufolge zum globalen Leitmarkt für E-Mobilität werden.

Nach Einschätzung der Bundesregierung hat die E-Mobilität die Markteinführungsphase längst hinter sich gelassen und befindet sich in einem dynamischen Wachstum. Vor diesem Hintergrund hatte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) den Masterplan zum „Schlüsselelement“ für den weiteren Hochlauf der E-Mobilität erklärt. „Damit schaffen wir es, dass die Menschen das E-Auto genauso gut laden, wie sie bislang tanken können“, versprach er.
 
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (l.) und Bundesverkehrsminister Volker Wissing beim Besuch der Leitstelle Ladeinfrastruktur in Berlin
Quelle: E&M / Susanne Harmsen

Um dieses Ziel auch zügig zu erreichen, wollen Volker Wissing und Robert Habeck (Grüne) künftig enger zusammenarbeiten. Das kündigten der Bundesverkehrsminister und der Bundeswirtschaftsminister bei einem gemeinsamen Besuch der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur im August an. „Dieser Schritt hätte meiner Meinung nach schon vor drei Jahren gemacht werden müssen“, sagte Habeck.

Als Ausdruck dieser neu entdeckten Kooperationsbereitschaft gaben die beiden Ressortchefs gleich die Gründung einer interministeriellen Steuerungsgruppe Ladeinfrastruktur bekannt, die die Umsetzung der Maßnahmen des Masterplans koordinieren soll. Darin ist die Rede von einer „flächendeckenden, bedarfsgerechten und nutzerfreundlichen Ladeinfrastruktur“. Um diese zu gewährleisten, sind 62 neue regulatorische und investive Maßnahmen vorgesehen. Sie reichen von einem neuen Förderkonzept und der Erschließung von Flächen bis hin zur Berücksichtigung des Ladeinfrastrukturausbaus in der Roadmap Digitalisierung. Letztere liegt 2023 vor. Gleichzeitig soll die Attraktivität von Geschäftsmodellen rund um die Ladeinfrastruktur gesteigert werden, um mehr Investitionen der Privatwirtschaft zu mobilisieren.

Schon im Juni hatte der BDEW allerdings kritisiert, die Bundesregierung schieße mit der von ihr für notwendig erachteten Ladeinfrastruktur über das Ziel hinaus. Die Annahme, 2030 würden 1 Mio. öffentliche Ladepunkte benötigt, gehe weit über den tatsächlichen Bedarf hinaus. Dies habe weitreichende Folgen für das Förderregime der Bundesregierung. Es drohe die Gefahr einer Übersteuerung durch staatliche Förderprogramme statt privatwirtschaftlicher Investitionen, mahnte der Verband. Im September legte er als offizielle Reaktion auf das Strategiepapier des Bundesverkehrsministeriums noch einmal nach.

Lob für die Initiative zum § 14a EnWG

Für seine Detailbewertung hat der BDEW das Symbol der Ampel gewählt. Bei insgesamt elf Maßnahmen steht die Ampel auf Rot, was bedeutet, dass der Verband hier seine Unterstützung versagt. Dies ist beispielsweise bei der Verpflichtung der Automobilindustrie der Fall, bis Ende 2024 pro 100 neu zugelassenen Elektro-Pkw mindestens einen zusätzlichen, öffentlich zugänglichen Ladepunkt in eigener Finanzierung zu errichten.

Die Festlegung konkreter Zahlen ohne Berücksichtigung des tatsächlichen Bedarfs sei nicht zielführend, so der BDEW. „Anstelle der Verpflichtung der Automobilindustrie zu nicht-marktkonformen Investitionen sollte das fachlich nicht haltbare Ziel von einer Million öffentlicher Ladepunkte überarbeitet und mit Blick auf die HPC-Ladepunkte relativiert werden“, heißt es weiter. Außerdem dürfe es keine Bevorteilung oder Exklusivität der Standorte für die Automobilwirtschaft bei der Abstimmung mit dem Bundeswirtschaftsministerium geben. Vielmehr solle die Leitstelle Ladeinfrastruktur erwartete Lücken ausweisen und konsultieren.

Die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur wurde gegründet, um den Ausbau in Deutschland zu planen und zu begleiten. Dazu gehört auch, Daten bei den Netzbetreibern über alle Ladepunkte und zum Ladeverhalten zu erheben. Dadurch will die Bundesregierung Erkenntnisse darüber gewinnen, welche Menge an Ladesäulen mit welcher Ladeleistung noch benötigt wird.

Zustimmung signalisiert der Verband bei 13 Maßnahmen. Dazu gehört beispielsweise die Absicht des Bundeswirtschaftsministeriums, bis zum zweiten Quartal 2023 Vorschläge zu erarbeiten, wie die Einbindung von Fahrzeugbatterien in das Stromnetz verbessert werden kann. Die BNetzA sei bereits mit der Ausgestaltung des § 14a EnWG, die die Netzintegration steuerbarer Verbrauchseinrichtungen sicherstellen soll, beauftragt worden. „In diesem Rahmen sollte auch die Frage des bidirektionalen Ladens geklärt werden“, schreibt der BDEW und findet es gut, dass die Bundesregierung mit der Festlegungskompetenz der Bundesnetzagentur zumindest den legislativen Rahmen dieser Maßnahme präzisiert hat.

Bei seiner Bewertung hat der Verband allerdings auch zwei „Show Stopper“ identifiziert. Zum einen lehnt er die Ausschreibung weiterer öffentlich zugänglicher Schnellladepunkte − das Ministerium spricht von zusätzlich rund 5.000 − ab Ende 2023 kategorisch ab. Dies habe nichts mit einem bedarfsgerechten und wettbewerbskonformen Ausbau zu tun. Zum anderen kritisiert er die vorgesehene Gewährleistungsaufgabe der Länder für die Versorgung mit lokaler Ladeinfrastruktur. „Der Ladesäulenausbau ist keine staatliche Gewährleistungsaufgabe, da er zuverlässig vom Markt erfüllt werden kann“, heißt es vonseiten des BDEW.

Der aktuelle Entwurf des Masterplans sei „leider eine teure Schaufensterpolitik“, so sein Fazit. Die meisten Maßnahmen seien auf eine zentrale staatliche Planung ausgelegt mit langwierigen Prüfaufträgen und teuren Fördermaßnahmen. Am privatwirtschaftlichen Ausbau gehe dieser Plan weitgehend vorbei. Der Verband plädiert deshalb nachdrücklich für eine Ausrichtung auf wenige, dafür aber effiziente Maßnahmen.

Öffentliche Ladepunkte in Deutschland

Die Bundesnetzagentur hat zum 1. August insgesamt 55.570 Normalladepunkte verzeichnet. Darüber hinaus waren ihr 10.231 Schnellladepunkte gemeldet worden, die am 1. August in Betrieb waren. Gegenüber dem Vorjahresmonat entspricht dies einer Steigerung um 29 und 43 %. Die verpflichtende Meldung der öffentlich zugänglichen Ladepunkte an die Behörde ist in der Ladesäulenverordnung (LSV) verankert.

„Aus gegebenem Anlass“ − Hintergrund ist die Ermittlung der sogenannten Treibhausgasquote für vermiedene Emissionen − haben sich Bundesnetzagentur und Umweltbundesamt im September zu einer gemeinsamen Klarstellung und einem Kurzleitfaden veranlasst gesehen. Darin haben sie dargelegt, was als öffentlicher Ladepunkt zu betrachten ist. Die Öffnung für Dritte für wenige Minuten des Tages oder der Zugang von Bekannten, Freunden und Mitarbeitern reiche als Qualifizierungsmerkmal nicht aus. Außerdem müsse der öffentliche Ladepunkt als solcher gekennzeichnet und erkennbar sein und bestimmte technische Mindestanforderungen erfüllen. 
 

 

Dienstag, 11.10.2022, 08:41 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe - Masterplan in der Kritik
Quelle: E%M
Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe
Masterplan in der Kritik
Die Bundesregierung hatte im Sommer ihre Pläne zum Ladeinfrastrukturausbau an „relevante Akteure“ verschickt. Der BDEW hat sie ausführlich bewertet.
Im Juli hat die Bundesregierung ihren „Masterplan Ladeinfrastruktur II“ vorgelegt und ihre Zielvorgabe von 1 Mio. öffentlich zugänglichen Ladepunkten bekräftigt. Deutschland soll dem 24-seitigen Papier zufolge zum globalen Leitmarkt für E-Mobilität werden.

Nach Einschätzung der Bundesregierung hat die E-Mobilität die Markteinführungsphase längst hinter sich gelassen und befindet sich in einem dynamischen Wachstum. Vor diesem Hintergrund hatte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) den Masterplan zum „Schlüsselelement“ für den weiteren Hochlauf der E-Mobilität erklärt. „Damit schaffen wir es, dass die Menschen das E-Auto genauso gut laden, wie sie bislang tanken können“, versprach er.
 
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (l.) und Bundesverkehrsminister Volker Wissing beim Besuch der Leitstelle Ladeinfrastruktur in Berlin
Quelle: E&M / Susanne Harmsen

Um dieses Ziel auch zügig zu erreichen, wollen Volker Wissing und Robert Habeck (Grüne) künftig enger zusammenarbeiten. Das kündigten der Bundesverkehrsminister und der Bundeswirtschaftsminister bei einem gemeinsamen Besuch der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur im August an. „Dieser Schritt hätte meiner Meinung nach schon vor drei Jahren gemacht werden müssen“, sagte Habeck.

Als Ausdruck dieser neu entdeckten Kooperationsbereitschaft gaben die beiden Ressortchefs gleich die Gründung einer interministeriellen Steuerungsgruppe Ladeinfrastruktur bekannt, die die Umsetzung der Maßnahmen des Masterplans koordinieren soll. Darin ist die Rede von einer „flächendeckenden, bedarfsgerechten und nutzerfreundlichen Ladeinfrastruktur“. Um diese zu gewährleisten, sind 62 neue regulatorische und investive Maßnahmen vorgesehen. Sie reichen von einem neuen Förderkonzept und der Erschließung von Flächen bis hin zur Berücksichtigung des Ladeinfrastrukturausbaus in der Roadmap Digitalisierung. Letztere liegt 2023 vor. Gleichzeitig soll die Attraktivität von Geschäftsmodellen rund um die Ladeinfrastruktur gesteigert werden, um mehr Investitionen der Privatwirtschaft zu mobilisieren.

Schon im Juni hatte der BDEW allerdings kritisiert, die Bundesregierung schieße mit der von ihr für notwendig erachteten Ladeinfrastruktur über das Ziel hinaus. Die Annahme, 2030 würden 1 Mio. öffentliche Ladepunkte benötigt, gehe weit über den tatsächlichen Bedarf hinaus. Dies habe weitreichende Folgen für das Förderregime der Bundesregierung. Es drohe die Gefahr einer Übersteuerung durch staatliche Förderprogramme statt privatwirtschaftlicher Investitionen, mahnte der Verband. Im September legte er als offizielle Reaktion auf das Strategiepapier des Bundesverkehrsministeriums noch einmal nach.

Lob für die Initiative zum § 14a EnWG

Für seine Detailbewertung hat der BDEW das Symbol der Ampel gewählt. Bei insgesamt elf Maßnahmen steht die Ampel auf Rot, was bedeutet, dass der Verband hier seine Unterstützung versagt. Dies ist beispielsweise bei der Verpflichtung der Automobilindustrie der Fall, bis Ende 2024 pro 100 neu zugelassenen Elektro-Pkw mindestens einen zusätzlichen, öffentlich zugänglichen Ladepunkt in eigener Finanzierung zu errichten.

Die Festlegung konkreter Zahlen ohne Berücksichtigung des tatsächlichen Bedarfs sei nicht zielführend, so der BDEW. „Anstelle der Verpflichtung der Automobilindustrie zu nicht-marktkonformen Investitionen sollte das fachlich nicht haltbare Ziel von einer Million öffentlicher Ladepunkte überarbeitet und mit Blick auf die HPC-Ladepunkte relativiert werden“, heißt es weiter. Außerdem dürfe es keine Bevorteilung oder Exklusivität der Standorte für die Automobilwirtschaft bei der Abstimmung mit dem Bundeswirtschaftsministerium geben. Vielmehr solle die Leitstelle Ladeinfrastruktur erwartete Lücken ausweisen und konsultieren.

Die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur wurde gegründet, um den Ausbau in Deutschland zu planen und zu begleiten. Dazu gehört auch, Daten bei den Netzbetreibern über alle Ladepunkte und zum Ladeverhalten zu erheben. Dadurch will die Bundesregierung Erkenntnisse darüber gewinnen, welche Menge an Ladesäulen mit welcher Ladeleistung noch benötigt wird.

Zustimmung signalisiert der Verband bei 13 Maßnahmen. Dazu gehört beispielsweise die Absicht des Bundeswirtschaftsministeriums, bis zum zweiten Quartal 2023 Vorschläge zu erarbeiten, wie die Einbindung von Fahrzeugbatterien in das Stromnetz verbessert werden kann. Die BNetzA sei bereits mit der Ausgestaltung des § 14a EnWG, die die Netzintegration steuerbarer Verbrauchseinrichtungen sicherstellen soll, beauftragt worden. „In diesem Rahmen sollte auch die Frage des bidirektionalen Ladens geklärt werden“, schreibt der BDEW und findet es gut, dass die Bundesregierung mit der Festlegungskompetenz der Bundesnetzagentur zumindest den legislativen Rahmen dieser Maßnahme präzisiert hat.

Bei seiner Bewertung hat der Verband allerdings auch zwei „Show Stopper“ identifiziert. Zum einen lehnt er die Ausschreibung weiterer öffentlich zugänglicher Schnellladepunkte − das Ministerium spricht von zusätzlich rund 5.000 − ab Ende 2023 kategorisch ab. Dies habe nichts mit einem bedarfsgerechten und wettbewerbskonformen Ausbau zu tun. Zum anderen kritisiert er die vorgesehene Gewährleistungsaufgabe der Länder für die Versorgung mit lokaler Ladeinfrastruktur. „Der Ladesäulenausbau ist keine staatliche Gewährleistungsaufgabe, da er zuverlässig vom Markt erfüllt werden kann“, heißt es vonseiten des BDEW.

Der aktuelle Entwurf des Masterplans sei „leider eine teure Schaufensterpolitik“, so sein Fazit. Die meisten Maßnahmen seien auf eine zentrale staatliche Planung ausgelegt mit langwierigen Prüfaufträgen und teuren Fördermaßnahmen. Am privatwirtschaftlichen Ausbau gehe dieser Plan weitgehend vorbei. Der Verband plädiert deshalb nachdrücklich für eine Ausrichtung auf wenige, dafür aber effiziente Maßnahmen.

Öffentliche Ladepunkte in Deutschland

Die Bundesnetzagentur hat zum 1. August insgesamt 55.570 Normalladepunkte verzeichnet. Darüber hinaus waren ihr 10.231 Schnellladepunkte gemeldet worden, die am 1. August in Betrieb waren. Gegenüber dem Vorjahresmonat entspricht dies einer Steigerung um 29 und 43 %. Die verpflichtende Meldung der öffentlich zugänglichen Ladepunkte an die Behörde ist in der Ladesäulenverordnung (LSV) verankert.

„Aus gegebenem Anlass“ − Hintergrund ist die Ermittlung der sogenannten Treibhausgasquote für vermiedene Emissionen − haben sich Bundesnetzagentur und Umweltbundesamt im September zu einer gemeinsamen Klarstellung und einem Kurzleitfaden veranlasst gesehen. Darin haben sie dargelegt, was als öffentlicher Ladepunkt zu betrachten ist. Die Öffnung für Dritte für wenige Minuten des Tages oder der Zugang von Bekannten, Freunden und Mitarbeitern reiche als Qualifizierungsmerkmal nicht aus. Außerdem müsse der öffentliche Ladepunkt als solcher gekennzeichnet und erkennbar sein und bestimmte technische Mindestanforderungen erfüllen. 
 

 

Dienstag, 11.10.2022, 08:41 Uhr
Fritz Wilhelm

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.