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Energie & Management > Photovoltaik - Kurios: Sauerland-Solarpark ohne Genehmigung aufgestellt
Quelle: Jonas Rosenberger
Photovoltaik

Kurios: Sauerland-Solarpark ohne Genehmigung aufgestellt

Die Energiewende braucht mehr Tempo. Das hat eine Genossenschaft im Sauerland beherzigt und eine Freiflächen-Solaranlage aufstellen lassen. Für sie liegt aber keinerlei Genehmigung vor.
Schneller als die Bürokratie erlaubt ist in Balve-Mellen ein Solarpark in die Luft gewachsen. Die sauerländische Freiflächenanlage mit einer Leistung von 2,4  MW hat auch in den Stadtwerken Menden/Balve eine prominente Fürsprecherin – bloß bis dato weder einen planerischen Rahmen noch eine behördliche Genehmigung.

In Balve kursiert bereits das Wort „Schwarzbau“ im Zusammenhang mit dem 2,5-Millionen-Euro-Projekt, das die Dorfenergiegenossenschaft Mellen innerhalb von nur zwei Jahren auf die Beine, Pardon, Ständer gestellt hat. Im März 2022 entstand die bürgerschaftlich getragene Idee, die lokale Energiewende voranzubringen. Bereits im Dezember desselben Jahres waren die Genossenschaft gegründet und alle 1.000 Anteile zu je 2.500 Euro vergeben.

Und im Herbst 2023, bevor das erste Lichtlein am Adventskranz brannte, waren die Ständer mit den über 3.618 Modulen auch schon auf einer zwei Hektar großen Grünlandfläche nahe einer Kreisstraße errichtet. Bei diesem Tempo kamen Stadtrat und Kreisverwaltung offenbar nicht mehr mit. Das Lokalparlament wird erst am 20. März, also rund vier Monate später, über die notwendige Änderung des Flächennutzungsplans entscheiden. Dieser Beschluss bildet überhaupt erst die Grundlage für Bebauungsplan und Baugenehmigung.

Stadtwerke Menden stellen sich gegen „Schwarzbau“-Vorwurf

Das vollständig durch Eigenmittel finanzierte Projekt selbst kann auf einen breiten Rückhalt im Ortsteil Mellen, 600 Menschen stark, und der Balver Politik bauen. Etwa 500 gleichberechtigte Genossinnen und Genossen stehen hinter dem Solarpark, 100 Anteile halten allein die Stadtwerke Menden. Das mag den Vorstand der Dorfenergiegenossenschaft bewogen haben, früh- und vorzeitig Fakten zu schaffen. Stadtwerke-Sprecher Alexander Nickel nimmt die Handelnden auf Anfrage auch in Schutz, sie hätten angesichts der großen Unterstützung „nicht naiv“ gehandelt und auch keine Absicht gehabt, einen Schwarzbau zu errichten.

Vielmehr seien ehrenamtlich tätige Menschen am Werk, die in Antrags- und Genehmigungsfragen sozusagen einen Vollzeit-Job erledigen müssten. Es sei schwer, Genehmigungsprozesse und Zeitpläne etwa der Hardware-Lieferanten zu synchronisieren. Womöglich erschien bei Anlieferung des Materials auch schlicht eine Lagerung problematisch. Die Stadtwerke Menden, Miteigentümer des Balver Versorgers, hoffen laut Auskunft des Sprechers, dass der Solarpark als gutes Beispiel für die lokale Energiewende unbeschadet die letzten Hürden nimmt.

Ob hier eine Strafzahlung ansteht, wird die Verwaltung des Märkischen Kreises prüfen. Eine Sprecherin sagte unserer Redaktion, der Landkreis behalte sich das Einleiten eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens vor. Nach der Landesbauordnung seien Errichtung, Änderung, Nutzung oder Nutzungsänderung von genehmigungspflichtigen baulichen Anlagen ohne die erforderliche Baugenehmigung als Ordnungswidrigkeiten einzustufen.

Landkreis prüft Möglichkeit nachträglicher Genehmigung

Wenn der Kreis als zuständige Baubehörde das Gesetz dem Wortlaut nach auslegt, droht der Genossenschaft eine ungeplante Ausgabe. Denn der Bauantrag für die Freiflächenanlage liegt dem Kreis erst seit dem 29. Januar vor. Die Module waren also bereits in der Landschaft, bevor der offizielle Antrag gestellt war, dem eine Genehmigung hätte folgen müssen.

Womöglich aber lassen die Behörden Gnade vor Recht ergehen. Auf städtischer Seite sind in Balve neben der Bevölkerung offenbar so viele politische Funktionsträger an dem Vorhaben beteiligt, dass es bei der Peinlichkeit einer öffentlichen Entschuldigung bleiben könnte. Wie viele Stadträte wegen Befangenheit nicht über die Änderung des Flächennutzungsplans entscheiden wollen oder dürfen, ist unklar. Letztlich werde der Landkreis laut Sprecherin abwarten, ob eine nachträgliche Genehmigung greifen kann. Dafür laufe die Prüfung.

Der entstehende Solarpark könnte aufgrund des Frühstarts jedenfalls als einer der schnellsten jemals verwirklichten in die Geschichte der Energiewende eingehen. Gleichwohl sind für die Inbetriebnahme noch wesentliche Dinge zu erledigen, etwa der Netzanschluss oder die Installation von Wechselrichtern und Hochleistungstransformatoren.

Die Stadtwerke Menden/Balve planen, die jährlich erwarteten etwa 2 Millionen kWh Sonnenstrom direkt zu vermarkten, den Beteiligten der Genossenschaft will der Versorger dafür besondere Stromtarife anbieten. Ans Netz gehen soll der Solarpark noch in diesem Jahr, entsprechende Beschlüsse der Politik und Genehmigungen der Behörden vorausgesetzt...

Donnerstag, 7.03.2024, 13:59 Uhr
Volker Stephan
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Quelle: Jonas Rosenberger
Photovoltaik
Kurios: Sauerland-Solarpark ohne Genehmigung aufgestellt
Die Energiewende braucht mehr Tempo. Das hat eine Genossenschaft im Sauerland beherzigt und eine Freiflächen-Solaranlage aufstellen lassen. Für sie liegt aber keinerlei Genehmigung vor.
Schneller als die Bürokratie erlaubt ist in Balve-Mellen ein Solarpark in die Luft gewachsen. Die sauerländische Freiflächenanlage mit einer Leistung von 2,4  MW hat auch in den Stadtwerken Menden/Balve eine prominente Fürsprecherin – bloß bis dato weder einen planerischen Rahmen noch eine behördliche Genehmigung.

In Balve kursiert bereits das Wort „Schwarzbau“ im Zusammenhang mit dem 2,5-Millionen-Euro-Projekt, das die Dorfenergiegenossenschaft Mellen innerhalb von nur zwei Jahren auf die Beine, Pardon, Ständer gestellt hat. Im März 2022 entstand die bürgerschaftlich getragene Idee, die lokale Energiewende voranzubringen. Bereits im Dezember desselben Jahres waren die Genossenschaft gegründet und alle 1.000 Anteile zu je 2.500 Euro vergeben.

Und im Herbst 2023, bevor das erste Lichtlein am Adventskranz brannte, waren die Ständer mit den über 3.618 Modulen auch schon auf einer zwei Hektar großen Grünlandfläche nahe einer Kreisstraße errichtet. Bei diesem Tempo kamen Stadtrat und Kreisverwaltung offenbar nicht mehr mit. Das Lokalparlament wird erst am 20. März, also rund vier Monate später, über die notwendige Änderung des Flächennutzungsplans entscheiden. Dieser Beschluss bildet überhaupt erst die Grundlage für Bebauungsplan und Baugenehmigung.

Stadtwerke Menden stellen sich gegen „Schwarzbau“-Vorwurf

Das vollständig durch Eigenmittel finanzierte Projekt selbst kann auf einen breiten Rückhalt im Ortsteil Mellen, 600 Menschen stark, und der Balver Politik bauen. Etwa 500 gleichberechtigte Genossinnen und Genossen stehen hinter dem Solarpark, 100 Anteile halten allein die Stadtwerke Menden. Das mag den Vorstand der Dorfenergiegenossenschaft bewogen haben, früh- und vorzeitig Fakten zu schaffen. Stadtwerke-Sprecher Alexander Nickel nimmt die Handelnden auf Anfrage auch in Schutz, sie hätten angesichts der großen Unterstützung „nicht naiv“ gehandelt und auch keine Absicht gehabt, einen Schwarzbau zu errichten.

Vielmehr seien ehrenamtlich tätige Menschen am Werk, die in Antrags- und Genehmigungsfragen sozusagen einen Vollzeit-Job erledigen müssten. Es sei schwer, Genehmigungsprozesse und Zeitpläne etwa der Hardware-Lieferanten zu synchronisieren. Womöglich erschien bei Anlieferung des Materials auch schlicht eine Lagerung problematisch. Die Stadtwerke Menden, Miteigentümer des Balver Versorgers, hoffen laut Auskunft des Sprechers, dass der Solarpark als gutes Beispiel für die lokale Energiewende unbeschadet die letzten Hürden nimmt.

Ob hier eine Strafzahlung ansteht, wird die Verwaltung des Märkischen Kreises prüfen. Eine Sprecherin sagte unserer Redaktion, der Landkreis behalte sich das Einleiten eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens vor. Nach der Landesbauordnung seien Errichtung, Änderung, Nutzung oder Nutzungsänderung von genehmigungspflichtigen baulichen Anlagen ohne die erforderliche Baugenehmigung als Ordnungswidrigkeiten einzustufen.

Landkreis prüft Möglichkeit nachträglicher Genehmigung

Wenn der Kreis als zuständige Baubehörde das Gesetz dem Wortlaut nach auslegt, droht der Genossenschaft eine ungeplante Ausgabe. Denn der Bauantrag für die Freiflächenanlage liegt dem Kreis erst seit dem 29. Januar vor. Die Module waren also bereits in der Landschaft, bevor der offizielle Antrag gestellt war, dem eine Genehmigung hätte folgen müssen.

Womöglich aber lassen die Behörden Gnade vor Recht ergehen. Auf städtischer Seite sind in Balve neben der Bevölkerung offenbar so viele politische Funktionsträger an dem Vorhaben beteiligt, dass es bei der Peinlichkeit einer öffentlichen Entschuldigung bleiben könnte. Wie viele Stadträte wegen Befangenheit nicht über die Änderung des Flächennutzungsplans entscheiden wollen oder dürfen, ist unklar. Letztlich werde der Landkreis laut Sprecherin abwarten, ob eine nachträgliche Genehmigung greifen kann. Dafür laufe die Prüfung.

Der entstehende Solarpark könnte aufgrund des Frühstarts jedenfalls als einer der schnellsten jemals verwirklichten in die Geschichte der Energiewende eingehen. Gleichwohl sind für die Inbetriebnahme noch wesentliche Dinge zu erledigen, etwa der Netzanschluss oder die Installation von Wechselrichtern und Hochleistungstransformatoren.

Die Stadtwerke Menden/Balve planen, die jährlich erwarteten etwa 2 Millionen kWh Sonnenstrom direkt zu vermarkten, den Beteiligten der Genossenschaft will der Versorger dafür besondere Stromtarife anbieten. Ans Netz gehen soll der Solarpark noch in diesem Jahr, entsprechende Beschlüsse der Politik und Genehmigungen der Behörden vorausgesetzt...

Donnerstag, 7.03.2024, 13:59 Uhr
Volker Stephan

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