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Energie & Management > Politik - Kritik an Energiepreisentlastung der Ampelkoalition
Quelle: Shutterstock / canadastock
Politik

Kritik an Energiepreisentlastung der Ampelkoalition

Das Entlastungspaket der Bundesregierung wegen der gestiegenen Energiepreise stieß auf geteilte Reaktionen. Vor allem Sozialverbände kritisieren einen "Geldregen mit der Gießkanne".
Die Ampelkoalition hat angesichts explodierender Energiepreise am Abend des 23. Februar eine Entlastung um Milliardenbeträge beschlossen. So wird die Abschaffung der EEG-Umlage von 3,7 Ct/kWh auf den 1. Juli 2022 vorgezogen. Der Arbeitnehmerpauschbetrag in der Lohnsteuer wird auf 1.200 Euro rückwirkend zum 1. Januar 2022 angehoben und der Grundfreibetrag der Einkünfte steigt um 363 Euro auf 10.347 Euro. Insgesamt wurden zehn Schritte vereinbart. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken betonte: 3Es ist uns wichtig, dass das Leben in seinen Grundbedürfnissen eben auch bezahlbar bleibt.§

Die Entlastungen sollen den Preisanstieg für Heizöl, Gas, Kraftstoffe und Strom in den vergangenen Monaten abfangen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts mussten Verbraucherinnen und Verbraucher im Januar 20,5 % mehr für Energie zahlen als ein Jahr zuvor. Nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine erwarten Experten, dass vor allem der Gaspreis noch einmal kräftig steigt, da Russland Deutschlands wichtigster Gaslieferant ist. Mittelfristig will die Bundesregierung durch einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung weniger abhängig von fossilen Energieträgern werden.

Einzelne Maßnahmen im Überblick

Angesichts der gestiegenen Spritpreise soll die am 1. Januar 2024 anstehende Erhöhung der Pauschale für Fernpendler ab dem 21. Kilometer vorgezogen werden. Sie soll bereits rückwirkend zum 1. Januar 2022 um 3 auf 38 Ct/Kilometer erhöht werden. Der Bundesrat muss allerdings zustimmen. Wer weniger weit pendeln müsse, werde über eine höhere Werbungskostenpauschale ebenfalls entlastet. Die Koalition will aber noch in dieser Legislaturperiode eine Neuordnung der Pendlerpauschale beschließen, die ökologisch-soziale Belange besser berücksichtigen soll.

Der Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder soll zum 1. Juli 2022 auf den Weg gebracht werden. Er soll in Höhe von 20 Euro pro Monat bis zur Einführung der Kindergrundsicherung denjenigen Kindern helfen, die besondere finanzielle Unterstützung brauchen. Der Kinderzuschlag beträgt seit dem 1. Januar 2022 bis zu 209 Euro monatlich je Kind und wird zusätzlich zum Kindergeld ausgezahlt. Bezieher von Arbeitslosengeld II, Grundsicherung und Sozialhilfe bekommen einen einmaligen Zuschuss von 100 Euro. Auch ein einmaliger Heizkostenzuschuss von mindestens 135 Euro für finanzschwache Haushalte wird demnächst im Bundestag debattiert.

Kritik: Zu wenig zielgenau und nicht sozial gerecht

Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat das Entlastungspaket der Ampel-Koalition heftig kritisiert. Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider nannte es ein fatales Ergebnis. "Statt zielgenauer Unterstützung für die, die es wirklich brauchen, wird das Geld mit der Gießkanne ausgeschüttet", sagte Schneider. Profitieren würden die Haushalte mit dem größten Geldbeutel und dem höchsten Stromverbrauch durch den Wegfall der EEG-Umlage. Hartz-IV-Beziehende blieben mit einer völlig unzureichenden Zahlung von einmalig 100 Euro "auf der Strecke". Er hoffe auf den Bundestag, das Paket sozial gerechter zu korrigieren.

Der Hauptgeschäftsführer des VKU, Ingbert Liebing, dagegen begrüßte die vorgezogene Abschaffung der EEG-Umlage: "Dies sorgt für Entlastungen der Energiekunden." Natürlich würden die Stadtwerke den Wegfall der EEG-Umlage weitergeben und bei nun anstehenden neuen Preiskalkulationen vollumfänglich umsetzen, versicherte Liebing. Die gestiegenen Energiepreise wirkten sich allerdings auf die Beschaffungskosten der Unternehmen aus. Die Energiepreiskrise treffe breitere Bevölkerungsschichten.

VKU fordert weitere Maßnahmen

Daher forderte Liebing aus Sicht der kommunalen Unternehmen kurzfristig weitere Maßnahmen wie die Absenkung der Stromsteuer auf das europarechtlich mögliche Mindestmaß und Entlastungen bei der Mehrwertsteuer auf Energie. "Das würde direkt bei den Verbrauchern ankommen", sagte der VKU-Chef. Langfristig müsse ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energieerzeuger und eine Neuordnung der Finanzierung der Energiewende kommen. "Hierbei sollte ein sektorübergreifender CO2-Preis das bestehende System von Steuern, Abgaben und Umlagen ersetzen", schlug Liebing vor.

"Die erste Senkung der EEG-Umlage zum Jahreswechsel kommt aufgrund der massiv gestiegenen Einkaufspreise derzeit nicht bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern an", sagte Steffen Suttner, Geschäftsführer Energie beim Vergleichsportal Check 24. Gäben die Versorger die geplante Abschaffung der Ökostromumlage komplett weiter, könnte ein Vierpersonenhaushalt beispielsweise um 188 Euro jährlich entlastet werden.
 
Einsparungen je nach Jahresverbrauch durch Wegfall der EEG-Umlage auf den Strompreis (zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken.)
Quelle: Check 24

Donnerstag, 24.02.2022, 12:31 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Politik - Kritik an Energiepreisentlastung der Ampelkoalition
Quelle: Shutterstock / canadastock
Politik
Kritik an Energiepreisentlastung der Ampelkoalition
Das Entlastungspaket der Bundesregierung wegen der gestiegenen Energiepreise stieß auf geteilte Reaktionen. Vor allem Sozialverbände kritisieren einen "Geldregen mit der Gießkanne".
Die Ampelkoalition hat angesichts explodierender Energiepreise am Abend des 23. Februar eine Entlastung um Milliardenbeträge beschlossen. So wird die Abschaffung der EEG-Umlage von 3,7 Ct/kWh auf den 1. Juli 2022 vorgezogen. Der Arbeitnehmerpauschbetrag in der Lohnsteuer wird auf 1.200 Euro rückwirkend zum 1. Januar 2022 angehoben und der Grundfreibetrag der Einkünfte steigt um 363 Euro auf 10.347 Euro. Insgesamt wurden zehn Schritte vereinbart. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken betonte: 3Es ist uns wichtig, dass das Leben in seinen Grundbedürfnissen eben auch bezahlbar bleibt.§

Die Entlastungen sollen den Preisanstieg für Heizöl, Gas, Kraftstoffe und Strom in den vergangenen Monaten abfangen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts mussten Verbraucherinnen und Verbraucher im Januar 20,5 % mehr für Energie zahlen als ein Jahr zuvor. Nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine erwarten Experten, dass vor allem der Gaspreis noch einmal kräftig steigt, da Russland Deutschlands wichtigster Gaslieferant ist. Mittelfristig will die Bundesregierung durch einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung weniger abhängig von fossilen Energieträgern werden.

Einzelne Maßnahmen im Überblick

Angesichts der gestiegenen Spritpreise soll die am 1. Januar 2024 anstehende Erhöhung der Pauschale für Fernpendler ab dem 21. Kilometer vorgezogen werden. Sie soll bereits rückwirkend zum 1. Januar 2022 um 3 auf 38 Ct/Kilometer erhöht werden. Der Bundesrat muss allerdings zustimmen. Wer weniger weit pendeln müsse, werde über eine höhere Werbungskostenpauschale ebenfalls entlastet. Die Koalition will aber noch in dieser Legislaturperiode eine Neuordnung der Pendlerpauschale beschließen, die ökologisch-soziale Belange besser berücksichtigen soll.

Der Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder soll zum 1. Juli 2022 auf den Weg gebracht werden. Er soll in Höhe von 20 Euro pro Monat bis zur Einführung der Kindergrundsicherung denjenigen Kindern helfen, die besondere finanzielle Unterstützung brauchen. Der Kinderzuschlag beträgt seit dem 1. Januar 2022 bis zu 209 Euro monatlich je Kind und wird zusätzlich zum Kindergeld ausgezahlt. Bezieher von Arbeitslosengeld II, Grundsicherung und Sozialhilfe bekommen einen einmaligen Zuschuss von 100 Euro. Auch ein einmaliger Heizkostenzuschuss von mindestens 135 Euro für finanzschwache Haushalte wird demnächst im Bundestag debattiert.

Kritik: Zu wenig zielgenau und nicht sozial gerecht

Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat das Entlastungspaket der Ampel-Koalition heftig kritisiert. Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider nannte es ein fatales Ergebnis. "Statt zielgenauer Unterstützung für die, die es wirklich brauchen, wird das Geld mit der Gießkanne ausgeschüttet", sagte Schneider. Profitieren würden die Haushalte mit dem größten Geldbeutel und dem höchsten Stromverbrauch durch den Wegfall der EEG-Umlage. Hartz-IV-Beziehende blieben mit einer völlig unzureichenden Zahlung von einmalig 100 Euro "auf der Strecke". Er hoffe auf den Bundestag, das Paket sozial gerechter zu korrigieren.

Der Hauptgeschäftsführer des VKU, Ingbert Liebing, dagegen begrüßte die vorgezogene Abschaffung der EEG-Umlage: "Dies sorgt für Entlastungen der Energiekunden." Natürlich würden die Stadtwerke den Wegfall der EEG-Umlage weitergeben und bei nun anstehenden neuen Preiskalkulationen vollumfänglich umsetzen, versicherte Liebing. Die gestiegenen Energiepreise wirkten sich allerdings auf die Beschaffungskosten der Unternehmen aus. Die Energiepreiskrise treffe breitere Bevölkerungsschichten.

VKU fordert weitere Maßnahmen

Daher forderte Liebing aus Sicht der kommunalen Unternehmen kurzfristig weitere Maßnahmen wie die Absenkung der Stromsteuer auf das europarechtlich mögliche Mindestmaß und Entlastungen bei der Mehrwertsteuer auf Energie. "Das würde direkt bei den Verbrauchern ankommen", sagte der VKU-Chef. Langfristig müsse ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energieerzeuger und eine Neuordnung der Finanzierung der Energiewende kommen. "Hierbei sollte ein sektorübergreifender CO2-Preis das bestehende System von Steuern, Abgaben und Umlagen ersetzen", schlug Liebing vor.

"Die erste Senkung der EEG-Umlage zum Jahreswechsel kommt aufgrund der massiv gestiegenen Einkaufspreise derzeit nicht bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern an", sagte Steffen Suttner, Geschäftsführer Energie beim Vergleichsportal Check 24. Gäben die Versorger die geplante Abschaffung der Ökostromumlage komplett weiter, könnte ein Vierpersonenhaushalt beispielsweise um 188 Euro jährlich entlastet werden.
 
Einsparungen je nach Jahresverbrauch durch Wegfall der EEG-Umlage auf den Strompreis (zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken.)
Quelle: Check 24

Donnerstag, 24.02.2022, 12:31 Uhr
Susanne Harmsen

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