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Energie & Management > Regenerative - Jahreswechsel: 20 Stunden hintereinander negative Strompreise
Quelle: Fotolia / vencav
Regenerative

Jahreswechsel: 20 Stunden hintereinander negative Strompreise

Um den Jahreswechsel herum mussten Händler bis zu 20 Stunden hintereinander dafür zahlen, um deutschen Strom loszuwerden. Die Marktprämie war in drei Zeiträumen weg.
Sie schienen aus einer Zeit vor der Energiekrise zu stammen, aber sie sind am Jahreswechsel in einem rekordverdächtigen Ausmaß zurückgekehrt: negative Strompreise.

Zuletzt traten sie in der Day-ahead-Auktion der Börse Epex Spot für Deutschland im Juni und Juli 2022 auf, aber auch damals nur mal in einer einzigen Lieferstunde. Jetzt gerieten die Spotpreise am Wochenende 31. Dezember von 18 Uhr bis 1. Januar, 14 Uhr, ins Minus, unterbrochen nur von der Stunde 17 bis 18 Uhr, die nur verschenkt wurde, also exakt 0 Euro/MWh erzielte. Das heißt, zuerst acht Stunden lang und dann gleich nochmal 20 Stunden lang.

Genau am Jahreswechsel um 0 Uhr waren die Notierungen erstmals seit Juli 2022 in den negativen Bereich gerutscht und verharrten dort bis 8 Uhr, dann gingen die negativen Preise weiter. Am 9. Dezember, dem jüngsten Preishoch, waren teilweise dieselben Stundenlieferprodukte mit +300 Euro/MWh und mehr gehandelt worden. Die Lieferstunden des 3. Januar kamen am 2. Januar alle mit mindestens +93,66 Euro aus der Day-ahead-Auktion.

Fundamentale Gründe für die negativen Preise waren unter anderem ein deutsches Überangebot an Strom bei gleichzeitig sinkender Nachfrage wegen Werksferien. Seit den späten Abendstunden des 25. Dezembers erzeugte Deutschland laut der Transparenzplattform Smard.de der Bundesnetzagentur permanent mehr Elektrizität, als es selbst verbrauchte. Die gleichzeitig wieder hohe Windeinspeisung erreichte am 30. Dezember zwischen 17 und 18 Uhr demnach mit 44 Millionen kWh (on- und offshore) einen Höhepunkt bei 68 Millionen kWh Gesamterzeugung in Deutschland, aber nur 58 Millionen kWh Bedarf.

Danach rauschten sowohl Windproduktion als auch die Nachfrage bis in die Nacht zum 31. Dezember in den Keller: Wind deckte in der schwächsten Nachtstunde 30 der 38 Millionen kWh Netzlast. Insgesamt wurden 49 Millionen kWh erzeugt; von den konventionellen Kraftwerke drosselten nur die Gasblöcke insgesamt ihre Erzeugung signifikant.

Auch jetzt nach vier Stunden anzulegender Wert bei null

Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen, deren Betreiber eigentlich Anspruch auf Marktprämie haben, gehen für den Grünstrom, den sie in Zeiten negativer Strompreise eingespeist haben, dieser Förderung verlustig, wenn die negativen Strompreise mindestens vier Stunden hintereinander anhalten.

So steht es in dem bei der Erneuerbaren-Lobby unbeliebten Paragraphen 51 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), und zwar auch in der aktuellen Fassung, die am 1. Januar 2023 in Kraft trat. Ihr zufolge soll die Marktprämie, genauer, der anzulegende Wert auf die jeweilige Anlage, bis 2027 nach und nach schon bei einer negativen Lieferstunde verschwinden. Die Bagatellgrenze sank von 500 kW auf 400 kW. Umgekehrt wurden Pilotwindanlagen ausgenommen.

Dies war um den Jahreswechsel herum also dreimal in verschiedener Länge der Fall, wie die Übertragungsnetzbetreiber bestätigen. Dabei spielt es keine Rolle, dass die negativen Preise sich zumeist nur um einige Cent/MWh unter der Nulllinie bewegten und ihren Tiefpunkt bei nur 5,17 Euro/MWh erreichten. 

Die Regelung soll verhindern, dass die Direktvermarkter solange Grünstrom einspeisen, wie die negativen Preise immer noch niedriger sind als ihr anzulegender Wert, sie also bei Grenzkosten nahe null mit Hilfe der Subvention trotzdem noch etwas verdienen würden.

BEE fordert erneut anderes Strommarktdesign

Weniger Erlös beziehungsweise das schwer in Jahren im Voraus zu kalkulierende Risiko, den anzulegenden Wert zu verlieren, bedeutet aber auch weniger Geld, das womöglich für grüne Investitionen zur Verfügung steht. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) forderte denn auch in einem Tweet angesichts der negativen Preise, das klimaneutrale Strommarktdesign anzugehen. Börsenpreise unter null würden nämlich mit dem Zubau von Wind und PV häufer auftreten. Ende vergangenen Jahres war der "Stakeholderdialog" zum klimaneutralen Strommarktdesign mit einem Bericht zu Ende gegangen, die Plattform selbst hat aber noch nicht ihre Arbeit begonnen.

Wie negative Preise zustande kommen

Wie kommen dann aber negative Preise noch zustande? Die Übertragungsnetzbetreiber müssen den geförderten Ökostrom, der nicht direktvermarktet wird, also vor allem die mehr als 1 Million Dach-Photovoltaikanlagen, laut EEG an einer Spotbörse verkaufen. Damit dies gelingt, bieten sie im Orderbuch der Day-ahead-Auktion diesen Strom höchstwahrscheinlich mit dem technischen Negativlimit von −150 Euro/MWh an. Das weiß zwar ansgesichts der Anonymität der Börse niemand als sie selbst, die Epex Spot und die ebenso diskrete Bundesnetzagentur, doch die kumulierte installierte Leistung dieser Gebote entspricht der Leistung, die die ÜNB vermarkten müssen. Durch die Merit Order kommen dann höhere Preise für alle Bieter zustande.

Montag, 2.01.2023, 16:03 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Regenerative - Jahreswechsel: 20 Stunden hintereinander negative Strompreise
Quelle: Fotolia / vencav
Regenerative
Jahreswechsel: 20 Stunden hintereinander negative Strompreise
Um den Jahreswechsel herum mussten Händler bis zu 20 Stunden hintereinander dafür zahlen, um deutschen Strom loszuwerden. Die Marktprämie war in drei Zeiträumen weg.
Sie schienen aus einer Zeit vor der Energiekrise zu stammen, aber sie sind am Jahreswechsel in einem rekordverdächtigen Ausmaß zurückgekehrt: negative Strompreise.

Zuletzt traten sie in der Day-ahead-Auktion der Börse Epex Spot für Deutschland im Juni und Juli 2022 auf, aber auch damals nur mal in einer einzigen Lieferstunde. Jetzt gerieten die Spotpreise am Wochenende 31. Dezember von 18 Uhr bis 1. Januar, 14 Uhr, ins Minus, unterbrochen nur von der Stunde 17 bis 18 Uhr, die nur verschenkt wurde, also exakt 0 Euro/MWh erzielte. Das heißt, zuerst acht Stunden lang und dann gleich nochmal 20 Stunden lang.

Genau am Jahreswechsel um 0 Uhr waren die Notierungen erstmals seit Juli 2022 in den negativen Bereich gerutscht und verharrten dort bis 8 Uhr, dann gingen die negativen Preise weiter. Am 9. Dezember, dem jüngsten Preishoch, waren teilweise dieselben Stundenlieferprodukte mit +300 Euro/MWh und mehr gehandelt worden. Die Lieferstunden des 3. Januar kamen am 2. Januar alle mit mindestens +93,66 Euro aus der Day-ahead-Auktion.

Fundamentale Gründe für die negativen Preise waren unter anderem ein deutsches Überangebot an Strom bei gleichzeitig sinkender Nachfrage wegen Werksferien. Seit den späten Abendstunden des 25. Dezembers erzeugte Deutschland laut der Transparenzplattform Smard.de der Bundesnetzagentur permanent mehr Elektrizität, als es selbst verbrauchte. Die gleichzeitig wieder hohe Windeinspeisung erreichte am 30. Dezember zwischen 17 und 18 Uhr demnach mit 44 Millionen kWh (on- und offshore) einen Höhepunkt bei 68 Millionen kWh Gesamterzeugung in Deutschland, aber nur 58 Millionen kWh Bedarf.

Danach rauschten sowohl Windproduktion als auch die Nachfrage bis in die Nacht zum 31. Dezember in den Keller: Wind deckte in der schwächsten Nachtstunde 30 der 38 Millionen kWh Netzlast. Insgesamt wurden 49 Millionen kWh erzeugt; von den konventionellen Kraftwerke drosselten nur die Gasblöcke insgesamt ihre Erzeugung signifikant.

Auch jetzt nach vier Stunden anzulegender Wert bei null

Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen, deren Betreiber eigentlich Anspruch auf Marktprämie haben, gehen für den Grünstrom, den sie in Zeiten negativer Strompreise eingespeist haben, dieser Förderung verlustig, wenn die negativen Strompreise mindestens vier Stunden hintereinander anhalten.

So steht es in dem bei der Erneuerbaren-Lobby unbeliebten Paragraphen 51 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), und zwar auch in der aktuellen Fassung, die am 1. Januar 2023 in Kraft trat. Ihr zufolge soll die Marktprämie, genauer, der anzulegende Wert auf die jeweilige Anlage, bis 2027 nach und nach schon bei einer negativen Lieferstunde verschwinden. Die Bagatellgrenze sank von 500 kW auf 400 kW. Umgekehrt wurden Pilotwindanlagen ausgenommen.

Dies war um den Jahreswechsel herum also dreimal in verschiedener Länge der Fall, wie die Übertragungsnetzbetreiber bestätigen. Dabei spielt es keine Rolle, dass die negativen Preise sich zumeist nur um einige Cent/MWh unter der Nulllinie bewegten und ihren Tiefpunkt bei nur 5,17 Euro/MWh erreichten. 

Die Regelung soll verhindern, dass die Direktvermarkter solange Grünstrom einspeisen, wie die negativen Preise immer noch niedriger sind als ihr anzulegender Wert, sie also bei Grenzkosten nahe null mit Hilfe der Subvention trotzdem noch etwas verdienen würden.

BEE fordert erneut anderes Strommarktdesign

Weniger Erlös beziehungsweise das schwer in Jahren im Voraus zu kalkulierende Risiko, den anzulegenden Wert zu verlieren, bedeutet aber auch weniger Geld, das womöglich für grüne Investitionen zur Verfügung steht. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) forderte denn auch in einem Tweet angesichts der negativen Preise, das klimaneutrale Strommarktdesign anzugehen. Börsenpreise unter null würden nämlich mit dem Zubau von Wind und PV häufer auftreten. Ende vergangenen Jahres war der "Stakeholderdialog" zum klimaneutralen Strommarktdesign mit einem Bericht zu Ende gegangen, die Plattform selbst hat aber noch nicht ihre Arbeit begonnen.

Wie negative Preise zustande kommen

Wie kommen dann aber negative Preise noch zustande? Die Übertragungsnetzbetreiber müssen den geförderten Ökostrom, der nicht direktvermarktet wird, also vor allem die mehr als 1 Million Dach-Photovoltaikanlagen, laut EEG an einer Spotbörse verkaufen. Damit dies gelingt, bieten sie im Orderbuch der Day-ahead-Auktion diesen Strom höchstwahrscheinlich mit dem technischen Negativlimit von −150 Euro/MWh an. Das weiß zwar ansgesichts der Anonymität der Börse niemand als sie selbst, die Epex Spot und die ebenso diskrete Bundesnetzagentur, doch die kumulierte installierte Leistung dieser Gebote entspricht der Leistung, die die ÜNB vermarkten müssen. Durch die Merit Order kommen dann höhere Preise für alle Bieter zustande.

Montag, 2.01.2023, 16:03 Uhr
Georg Eble

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