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Energie & Management > Klimaschutz - Heiß umstrittener Industriestrompreis
Quelle: Shutterstock / Lightspring
Klimaschutz

Heiß umstrittener Industriestrompreis

Bei der VBW in München haben Vertreter von Industrie, Politik und Fridays for Future über die Energiewende und die Klimapolitik der Bundesregierung diskutiert.
Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) forderte auf einer Diskussion zur Klimapolitik der Bundesregierung die Vereinigung ökologischer und ökonomischer Aspekte. Im Münchner Hotel Bayerischer Hof diskutierten über die richtigen Maßnahmen Vertreter der Wirtschaft mit der Bundestagsabgeordneten der Grünen, Lisa Badum, und Etienne Denk, Sprecher der Fridays for Future. „Der klimafreundliche Wirtschaftsumbau muss unterstützt sowie neue Produktions- und Geschäftsmodelle gefördert werden“, forderte VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt vom Bund.

Vor allem die energieintensive Industrie benötige schnell einen international wettbewerbsfähigen Industriestrompreis, sagte Brossardt weiter. Bezahlbarer Strom sei wichtiger Treiber für den Einsatz klimafreundlicher Technologien und der beste Carbon-Leakage-Schutz. Rainer Häring, Director Energy Western Europe des Papierherstellers, UPM, unterstrich, dass in Deutschland wesentlich umweltfreundlicher und energieeffizienter produziert werde als in anderen Teilen der Welt. Daher nütze es global, wenn Industrie in Deutschland bleiben könne.

„In Finnland, wo der Hauptsitz meiner Firma ist, kostet die Industriestrom 50 Euro/MWh. Diesen Preis erreichen wir in Deutschland nur mit Gas“, erläuterte Häring. Deshalb sei auch für die Dekarbonisierung ein vergleichbarer Strompreis nötig, sonst sei Produktion in Deutschland unwirtschaftlich. Sein Unternehmen bemühe sich, Power-to-Heat-Anlagen zu errichten, um den nötigen Dampf künftig mit Strom zu erzeugen, das rechne sich aber nur mit einem günstigen Strompreis.

Mehr Tempo für Stromnetzausbau und erneuerbare Erzeugung

Gestützt auf Daten der Prognos AG, forderte die VBW auch mehr Tempo bei der Energiewende: „Die erneuerbaren Energien und Stromnetze sind zentrale Säulen beim Klimaschutz“, erinnerte Brossardt. Das dämpfe die Preise nachhaltig und stärke die Versorgungssicherheit. Noch sei ein Pluspunkt für Deutschland die weltweit hervorragende Sicherheit der Energieversorgung. In diesem Zusammenhang lobte er die Krisenmaßnahmen der Bundesregierung nach dem Ausbleiben der russischen Erdgasmengen.

„Auch beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft müssen wir den Turbo zünden“, forderte Brossardt weiter. Bayern brauche früher als bisher geplant Pipeline-Anschlüsse von Nord und Süd. „Wir brauchen auch industrienahe Elektrolyseure und die Abscheidung unvermeidlicher, prozessbedingter Treibhausgase“, sagte er. Daher begrüße es die VBW, dass die Bundesregierung die Arbeit an einer Carbon-Management-Strategie aufgenommen hat.
 
Podiumsdiskussion: von links Bertram Brossardt (VBW), Almut Kirchner (Prognos), Etienne Denk (Fridays for Future) und Rainer Häring (UPM)
Quelle: E&M / Harmsen

Klimaschützer warnen vor Wartehaltung

Für die Fridays for Future sagte Etienne Denk, Wasserstofferwartungen und CO2-Abscheidung dürften nicht dazu führen, heute mögliche Effizienz- und Energiewendemaßnahmen aufzuschieben. „Knapp ist nicht nur das Geld, sondern auch die Zeit“, mahnte er. Je später mit langfristigen Maßnahmen wie der Gebäudesanierung und der Wärmewende begonnen würde, desto schneller müsse sie vollzogen werden. Das werde nur teurer.

Deshalb hielt er es für falsch, dass die Bundesregierung die sektorscharfen Klimaschutzmaßnahmen aufgeweicht habe und somit die säumigen Bereiche Verkehr und Gebäude weniger vorantreibe. Die online zugeschaltete Vorsitzende des Bundestagsausschusses Klima und Energie, Lisa Badum, versicherte, diese Sektoren würden nicht aus ihrer Verantwortung zur Verminderung der Treibhausgasemissionen entlassen.

Abhängig von den Zusagen des Bundesfinanzministers werde es bald und auf einige Jahre verlässlich abgesichert einen Industriestrompreis von 50 bis 70 Euro/MWh geben. Dies solle den Übergang für die Industrie ebnen, bis dank mehr erneuerbarem Strom im Netz um 2030 der generelle Strompreis günstiger wäre, versprach Badum.

Wasserstoff wäre auf die nächsten Jahre ein teures Gut, warnte Almut Kirchner, Direktorin bei Prognos. Daher wäre es falsch, zum Beispiel in der Gebäudeheizung mit heute möglichen Sanierungen und Umstellungen zu warten. Es existiere noch keine Infrastruktur und der Heizwert von Wasserstoff sei niedriger als der von Erdgas, erinnerte sie. Darum erwarte ihr Wirtschaftsforschungsinstitut bis 2030 keinen flächendeckenden Einsatz von Wasserstoff, schon gar nicht aus erneuerbaren Quellen. Zudem müsse
 
europaweit noch ein Mechanismus geschaffen werde, der Unternehmen mit höheren Kosten wegen klimafreundlicher Produktion vor billigeren Konkurrenzprodukten weltweit schützt, sagte Kirchner.

Das Positionspapier der VBW zur Klimapolitik steht im Internet bereit.

Donnerstag, 4.05.2023, 15:47 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Klimaschutz - Heiß umstrittener Industriestrompreis
Quelle: Shutterstock / Lightspring
Klimaschutz
Heiß umstrittener Industriestrompreis
Bei der VBW in München haben Vertreter von Industrie, Politik und Fridays for Future über die Energiewende und die Klimapolitik der Bundesregierung diskutiert.
Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) forderte auf einer Diskussion zur Klimapolitik der Bundesregierung die Vereinigung ökologischer und ökonomischer Aspekte. Im Münchner Hotel Bayerischer Hof diskutierten über die richtigen Maßnahmen Vertreter der Wirtschaft mit der Bundestagsabgeordneten der Grünen, Lisa Badum, und Etienne Denk, Sprecher der Fridays for Future. „Der klimafreundliche Wirtschaftsumbau muss unterstützt sowie neue Produktions- und Geschäftsmodelle gefördert werden“, forderte VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt vom Bund.

Vor allem die energieintensive Industrie benötige schnell einen international wettbewerbsfähigen Industriestrompreis, sagte Brossardt weiter. Bezahlbarer Strom sei wichtiger Treiber für den Einsatz klimafreundlicher Technologien und der beste Carbon-Leakage-Schutz. Rainer Häring, Director Energy Western Europe des Papierherstellers, UPM, unterstrich, dass in Deutschland wesentlich umweltfreundlicher und energieeffizienter produziert werde als in anderen Teilen der Welt. Daher nütze es global, wenn Industrie in Deutschland bleiben könne.

„In Finnland, wo der Hauptsitz meiner Firma ist, kostet die Industriestrom 50 Euro/MWh. Diesen Preis erreichen wir in Deutschland nur mit Gas“, erläuterte Häring. Deshalb sei auch für die Dekarbonisierung ein vergleichbarer Strompreis nötig, sonst sei Produktion in Deutschland unwirtschaftlich. Sein Unternehmen bemühe sich, Power-to-Heat-Anlagen zu errichten, um den nötigen Dampf künftig mit Strom zu erzeugen, das rechne sich aber nur mit einem günstigen Strompreis.

Mehr Tempo für Stromnetzausbau und erneuerbare Erzeugung

Gestützt auf Daten der Prognos AG, forderte die VBW auch mehr Tempo bei der Energiewende: „Die erneuerbaren Energien und Stromnetze sind zentrale Säulen beim Klimaschutz“, erinnerte Brossardt. Das dämpfe die Preise nachhaltig und stärke die Versorgungssicherheit. Noch sei ein Pluspunkt für Deutschland die weltweit hervorragende Sicherheit der Energieversorgung. In diesem Zusammenhang lobte er die Krisenmaßnahmen der Bundesregierung nach dem Ausbleiben der russischen Erdgasmengen.

„Auch beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft müssen wir den Turbo zünden“, forderte Brossardt weiter. Bayern brauche früher als bisher geplant Pipeline-Anschlüsse von Nord und Süd. „Wir brauchen auch industrienahe Elektrolyseure und die Abscheidung unvermeidlicher, prozessbedingter Treibhausgase“, sagte er. Daher begrüße es die VBW, dass die Bundesregierung die Arbeit an einer Carbon-Management-Strategie aufgenommen hat.
 
Podiumsdiskussion: von links Bertram Brossardt (VBW), Almut Kirchner (Prognos), Etienne Denk (Fridays for Future) und Rainer Häring (UPM)
Quelle: E&M / Harmsen

Klimaschützer warnen vor Wartehaltung

Für die Fridays for Future sagte Etienne Denk, Wasserstofferwartungen und CO2-Abscheidung dürften nicht dazu führen, heute mögliche Effizienz- und Energiewendemaßnahmen aufzuschieben. „Knapp ist nicht nur das Geld, sondern auch die Zeit“, mahnte er. Je später mit langfristigen Maßnahmen wie der Gebäudesanierung und der Wärmewende begonnen würde, desto schneller müsse sie vollzogen werden. Das werde nur teurer.

Deshalb hielt er es für falsch, dass die Bundesregierung die sektorscharfen Klimaschutzmaßnahmen aufgeweicht habe und somit die säumigen Bereiche Verkehr und Gebäude weniger vorantreibe. Die online zugeschaltete Vorsitzende des Bundestagsausschusses Klima und Energie, Lisa Badum, versicherte, diese Sektoren würden nicht aus ihrer Verantwortung zur Verminderung der Treibhausgasemissionen entlassen.

Abhängig von den Zusagen des Bundesfinanzministers werde es bald und auf einige Jahre verlässlich abgesichert einen Industriestrompreis von 50 bis 70 Euro/MWh geben. Dies solle den Übergang für die Industrie ebnen, bis dank mehr erneuerbarem Strom im Netz um 2030 der generelle Strompreis günstiger wäre, versprach Badum.

Wasserstoff wäre auf die nächsten Jahre ein teures Gut, warnte Almut Kirchner, Direktorin bei Prognos. Daher wäre es falsch, zum Beispiel in der Gebäudeheizung mit heute möglichen Sanierungen und Umstellungen zu warten. Es existiere noch keine Infrastruktur und der Heizwert von Wasserstoff sei niedriger als der von Erdgas, erinnerte sie. Darum erwarte ihr Wirtschaftsforschungsinstitut bis 2030 keinen flächendeckenden Einsatz von Wasserstoff, schon gar nicht aus erneuerbaren Quellen. Zudem müsse
 
europaweit noch ein Mechanismus geschaffen werde, der Unternehmen mit höheren Kosten wegen klimafreundlicher Produktion vor billigeren Konkurrenzprodukten weltweit schützt, sagte Kirchner.

Das Positionspapier der VBW zur Klimapolitik steht im Internet bereit.

Donnerstag, 4.05.2023, 15:47 Uhr
Susanne Harmsen

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