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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Gegenstromvergaser neu interpretiert
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung

Gegenstromvergaser neu interpretiert

Die „ReGaWatt“ hat eine bewährte Technik, einen Gegenstromvergaser, weiterentwickelt − hin zu mehr Flexibilität. Diese Technik könnte eine sinnvolle Ergänzung für KWK-Anlagen sein.  
Das Grundprinzip eines Gegenstromgaserzeugers ist nicht neu. Frühe Formen von Gaserzeugern wurden bereits vor mehr als 100 Jahren in der Stadtgasproduktion verwendet. Bei diesen Anwendungen wurde Holz oder Kohle in Gaserzeugern erhitzt, um Synthesegas herzustellen. Die „ReGaWatt GmbH“ hat die alte Technologie in den vergangenen Jahren weiterentwickelt hin zu einem neuen hochflexiblen und effizienten „Kombi Power System“. 

„Im Jahr 2010 haben wir Regawatt als Spinn-off von Gammel Engineering gegründet“, erzählt Geschäftsführer Klaus Röhrmoser im Gespräch mit E&M. Damals begannen er und sein Team das Kombi Power System zu entwickeln, dessen Herzstück ein optimierter Gegenstromvergaser ist. Zuvor hatte es bereits bei Gammel Engineering Vorentwicklungen gegeben. „Gegenstromvergaser sind zwar im Prinzip eine bekannte und einfache Technologie. Aber wir haben quasi trotzdem jede Komponente vom Rührarm über die Kühlung bis hin zu den Filtern optimiert“, sagt Röhrmoser. Die ersten Versuchsanlagen entstanden in Deutschland. 

Mittlerweile hat Regawatt mit Sitz im bayerischen Abensberg das über die vergangenen Jahre aufgebaute Know-how zur Aufbereitung des Synthesegases und Nutzung mit unterschiedlichsten Technologien erfolgreich in der praktischen Anwendung: von der Erzeugung von Hochtemperaturprozesswärme in der Industrie über den Einsatz in Blockheizkraftwerken bis hin zur Grün-Wasserstoffproduktion.

Das System sei damit eine interessante Ergänzung für die Kraft-Wärme-Kopplung. 
Bislang hat Regawatt acht Anlagen installiert − hierzulande sowie in Holland und in der Schweiz. Vor zwei Jahren gelang außerdem der Markteintritt in Japan. Über eine Kooperation mit der Polytechnik-Gruppe − sie plant und baut Biomasseheizkraftwerke − mit Sitz in Weissenbach (Österreich) „konnte der Kontakt zur Exeo Corporation aus Tokio geknüpft werden“, erzählt Röhrmoser im Gespräch. „Nach Tests in unserem Versuchsvergaser mit Zedernhackschnitzel haben wir den Auftrag für eine Referenzanlage dort bekommen.“ 

Flexibel Strom und Wärme via Holzvergaser erzeugen

Ein Gegenstromgaserzeuger wird verwendet, um Synthesegas (ein Gemisch aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff) aus festen Brennstoffen wie Holz, Kohle oder Biomasse herzustellen. Der Name „Gegenstrom“ bezieht sich auf die Art und Weise, wie Luft oder ein Oxidationsmittel und der feste Brennstoff durch den Gaserzeuger strömen. Der Vergaser wird über eine sogenannte Messerschleuse befüllt.

Rotierende Arme im oberen Bereich verteilen das Material gleichmäßig. Von unten wird in diesem Verfahren zuvor befeuchtete Luft zugegeben − daher auch der Name Gegenstromprinzip. Die Luft durchwandert die Biomasse von unten nach oben. Im Gegensatz zum Gleichstromvergaser, bei dem Brennstoff und Luft zugleich nach unten wandern, habe der optimierte Gegenstromvergaser von Regawatt mehrere Vorteile zu bieten, so Röhrmoser.
 
Regawatt-Geschäftsführer Klaus Röhrmoser
Quelle: Regawatt
 
Das Gas hat im Gegenstromvergaser mehr Zeit, um abzukühlen. „Wir haben aus diesem Grund einen guten Kaltgaswirkungsgrad“, erklärt er. Der Kaltgaswirkungsgrad ist ein Gradmesser für das Verhältnis zwischen dem Energieinhalt des Gases nach der Vergasung und dem Energieinhalt des Energieträgers vor der Vergasung. Auch der Brennstoff habe mehr Zeit, bis er im Vergaser unten ankomme. Der Effekt ist, dass „wir lediglich reine Holzasche am Ende des Prozesses haben“. Außerdem könne der Vergaser über die Luftzufuhr gut geregelt werden.

Ein weiterer Vorteil des Vergasers sei, dass dieser mit feuchtem Ausgangsmaterial zurechtkommt. Eine Trocknung muss hier also nicht erfolgen. Und: Das entwickelte „Kombi Power System mit dem Gegenstromvergaser als Herzstück ist gut skalierbar“, sagt der Regawatt-Geschäftsführer. Die Anlagenleistung kommerzieller Anlagen gehe derzeit von 1 bis 4,5 MW. Nach oben hin ist das Ziel bis zu 10 MW pro Anlage und nach unten geht es beim eigenen Versuchsvergaser bis 0,1 MW.

Aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre koppelt Regawatt seine Anlagen mit Gasmotoren − also Blockheizkraftwerken − und/oder ORC-Anlagen. Gasturbinen hätten sich als weniger geeignet erwiesen. 

Die Stromerzeugung ist laut dem Unternehmen daher sehr flexibel: 
  • Die angeschlossenen Gasmotoren sind stufenlos regelbar von 50 bis zu 100 Prozent,
  • es ist die Aufteilung auf mehrere Gasmotoren möglich,
  • der Gegenstromvergaser ist ebenfalls regelbar von 20 bis 100 Prozent 
  • und auch eine Nachverstromung über eine ORC-Anlage ist in diesem System möglich. 
Die zwei Anlagen in der Schweiz zum Beispiel gingen 2018 beziehungsweise 2020 in Betrieb. Regawatt lieferte für den Schweizer Versorger Romande Energie jeweils ein schlüsselfertiges Energiesystem für das Heizkraftwerk in Puidoux und in Charmey. Die Anlage in Puidoux beispielsweise hat eine Feuerungsleistung von 4,5 MW und einer elektrischen Leistung von 890 kW, erzeugt durch eine ORC-Turbine (120 kW) und ein Blockheizkraftwerk (770 kW). Die Wärme wird in ein Fernwärmenetz eingespeist. Das Holz stammt aus der Region.

 
Ein Blick in das Kraftwerk in Charmey in der Schweiz
Quelle: Regawatt
 

Der Schweizer Versorger hatte sich für die deutsche Technologie entschieden, da das Anlagenkonzept gut zu den Anforderungen vor Ort passte. Die Abnehmer der Fernwärme sind in Puidoux viele kommunale Gebäude und Wohnhäuser. Daher ist der Heizbedarf im Sommer eher niedrig. Der Versorger wollte eine Lösung, die sich diesem wechselnden Wärmebedarf flexibel anpassen kann, ohne den Gesamtwirkungsgrad zu beeinträchtigen. Die Gegenstromvergaser seien hier flexibel genug, so Röhrmoser.

Zugleich setzt die Schweizer Gemeinde auf den heimischen Rohstoff Holz. Die Logistik sollte aber möglichst einfach bleiben. Mit der Anlage von Regawatt wurden diese Anforderungen erfüllt. Das Holz muss vor der Vergasung nicht getrocknet werden, was die Brennstoffbeschaffung für Romande Energie erleichtert, und die Holzvergasung hat einen sehr geringen Feinstaubausstoß, verglichen zur Holzverbrennung.

Nebenprodukte sollen künftig weiterverarbeitet werden

Es fallen bei der Produktion des Holzgases auch Nebenprodukte an, darunter Pyrolyseöl und Asche. Das Pyrolyseöl kann entweder in der Anlage thermisch verwertet werden oder in Tanks, falls vom Betreiber gewünscht, zwischengespeichert werden. „Das Öl kann dann so als Spitzenlastbrennstoff oder auch für Prozesswärme eingesetzt werden“, sagt der Geschäftsführer. „Rund 20 bis 25 Prozent des Holzheizwertes werden im Gegenstromvergaser zu Pyrolyseöl umgesetzt.“
Derzeit erforsche Regawatt in Zusammenarbeit mit verschiedenen Instituten, ob das Öl auch als Grundstoff für die chemische Industrie, etwa zur Herstellung von grünem Kunststoff, oder als Biokraftstoff verwendet werden könnte.

Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld sei der Brennstoff selbst. „Bislang werden in unseren Anlagen naturbelassene Holzhackschnitzel aus Waldrestholz oder aus der Landschaftspflege genutzt“, erklärt Röhrmoser. Regawatt will künftig auch andere Arten nutzen, wie etwa Rinden aus Sägewerken, Altholz, Kompostüberlauf oder Miscanthus. „Hierzu haben wir am Standort in Senden einen Versuchsvergaser mit 0,1 Megawatt Leistung aufgebaut, um die Brennstoffe testen zu können.“ Dieser werde 2024 erweitert um einen Ballenvergaser. „Mit unseren Partnern EvAMisc und Advanced Ecologics testen wir, wie Miscanthus eingesetzt werden könnte.“ Die Pflanze, auch Elefantengras genannt, wachse sehr schnell und würde sich prinzipiell als Energiequelle eignen. Ihre strohige Beschaffenheit mache aber noch Probleme.

In Versuchen mit reinem Sauerstoff („Oxyfuel“) statt Luft soll nun der Wasserstoffanteil auf bis zu 40 Prozent erhöht werden. „Wir arbeiten bei diesen Versuchen mit der Universität Erlangen/Nürnberg zusammen. Das Projekt nennt sich ‚Synthese Ready‘. Der Sauerstoff soll dazu führen, dass der Stickstoff eliminiert wird“, erklärt Röhrmoser. Stattdessen steigt der H2-Anteil auf 40 Prozent. In weiteren Schritten soll dann reiner Wasserstoff erzeugt werden können oder auch Biomethan.

Der Regawatt-Chef hofft auch hierzulande auf weitere Aufträge. „Das Interesse ist sehr hoch. Wir haben sowohl Anfragen aus der Industrie als auch von Kommunen“, sagt Röhrmoser. „Viele Städte und Kommunen müssen ihre Energieversorgung defossilisieren. Zugleich haben sie Restholz und Kompostabfälle aus der Pflege von Parks und Wäldern.“ Diese Resthölzer und Abfälle könnten künftig gut als Energiequelle genutzt werden. Regawatt habe hierfür das passende System, das nicht nur Grundlast liefern kann, sondern auch sehr flexibel Strom und Wärme erzeugt.

In den vergangenen Jahren seien die „Bedingungen gerade für die Holzenergie im Erneuerbare-Energien-Gesetz stark erschwert worden, sodass wir erst einmal vor allem Anlagen im Ausland installiert haben“, so Röhrmoser. Er hoffe nun, dass mit der kommunalen Wärmeplanung Schwung in den Markt kommt und Deutschland die Holzvergasertechnologie wieder für sich entdeckt.

Vorteile des weiterentwickelten Gegenstromvergasers
  • keine Vortrocknung
  • teillastfähig (bis 20 Prozent) und schnell regelbar (binnen 15 Minuten)
  • saubere Asche 
  • hohe Brennstoffflexibilität durch ein wachsendes Sortiment an nutzbaren Brennstoffen
 
In Charmey ist die Regawatt-Anlage in Betrieb
Quelle: Regawatt
 
 

ReGaWatt GmbH 

Das Unternehmen Regawatt hat seinen Sitz im bayerischen Abendsberg und ist ein Spin-off von Gammel Engineering. Die Firma wurde 2010 gegründet und ist auf hocheffiziente Energieanlagen auf Basis von biogenen Reststoffen spezialisiert. Kernkomponente ist ein Gegenstromvergaser mit einer Brennstoffeinsatzleistung von 1 bis 4,5 MW. In einer Spezialbrennkammer wird das gewonnene Rohgas im An- und Abfahrbetrieb sowie im reinen Wärmebetrieb sauber und effizient verbrannt. Den Anschluss ergänzender Module richtet Regwatt an den Bedürfnissen des Kunden aus. So können Strom, Wärme, Kälte, Dampf, Bioöl oder Synthesegas zur Direktgasnutzung verwendet werden. Geschäftsführer sind Klaus Röhrmoser und Alexander Schwarzberger. 
 

Dienstag, 5.12.2023, 09:00 Uhr
Heidi Roider
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Gegenstromvergaser neu interpretiert
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung
Gegenstromvergaser neu interpretiert
Die „ReGaWatt“ hat eine bewährte Technik, einen Gegenstromvergaser, weiterentwickelt − hin zu mehr Flexibilität. Diese Technik könnte eine sinnvolle Ergänzung für KWK-Anlagen sein.  
Das Grundprinzip eines Gegenstromgaserzeugers ist nicht neu. Frühe Formen von Gaserzeugern wurden bereits vor mehr als 100 Jahren in der Stadtgasproduktion verwendet. Bei diesen Anwendungen wurde Holz oder Kohle in Gaserzeugern erhitzt, um Synthesegas herzustellen. Die „ReGaWatt GmbH“ hat die alte Technologie in den vergangenen Jahren weiterentwickelt hin zu einem neuen hochflexiblen und effizienten „Kombi Power System“. 

„Im Jahr 2010 haben wir Regawatt als Spinn-off von Gammel Engineering gegründet“, erzählt Geschäftsführer Klaus Röhrmoser im Gespräch mit E&M. Damals begannen er und sein Team das Kombi Power System zu entwickeln, dessen Herzstück ein optimierter Gegenstromvergaser ist. Zuvor hatte es bereits bei Gammel Engineering Vorentwicklungen gegeben. „Gegenstromvergaser sind zwar im Prinzip eine bekannte und einfache Technologie. Aber wir haben quasi trotzdem jede Komponente vom Rührarm über die Kühlung bis hin zu den Filtern optimiert“, sagt Röhrmoser. Die ersten Versuchsanlagen entstanden in Deutschland. 

Mittlerweile hat Regawatt mit Sitz im bayerischen Abensberg das über die vergangenen Jahre aufgebaute Know-how zur Aufbereitung des Synthesegases und Nutzung mit unterschiedlichsten Technologien erfolgreich in der praktischen Anwendung: von der Erzeugung von Hochtemperaturprozesswärme in der Industrie über den Einsatz in Blockheizkraftwerken bis hin zur Grün-Wasserstoffproduktion.

Das System sei damit eine interessante Ergänzung für die Kraft-Wärme-Kopplung. 
Bislang hat Regawatt acht Anlagen installiert − hierzulande sowie in Holland und in der Schweiz. Vor zwei Jahren gelang außerdem der Markteintritt in Japan. Über eine Kooperation mit der Polytechnik-Gruppe − sie plant und baut Biomasseheizkraftwerke − mit Sitz in Weissenbach (Österreich) „konnte der Kontakt zur Exeo Corporation aus Tokio geknüpft werden“, erzählt Röhrmoser im Gespräch. „Nach Tests in unserem Versuchsvergaser mit Zedernhackschnitzel haben wir den Auftrag für eine Referenzanlage dort bekommen.“ 

Flexibel Strom und Wärme via Holzvergaser erzeugen

Ein Gegenstromgaserzeuger wird verwendet, um Synthesegas (ein Gemisch aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff) aus festen Brennstoffen wie Holz, Kohle oder Biomasse herzustellen. Der Name „Gegenstrom“ bezieht sich auf die Art und Weise, wie Luft oder ein Oxidationsmittel und der feste Brennstoff durch den Gaserzeuger strömen. Der Vergaser wird über eine sogenannte Messerschleuse befüllt.

Rotierende Arme im oberen Bereich verteilen das Material gleichmäßig. Von unten wird in diesem Verfahren zuvor befeuchtete Luft zugegeben − daher auch der Name Gegenstromprinzip. Die Luft durchwandert die Biomasse von unten nach oben. Im Gegensatz zum Gleichstromvergaser, bei dem Brennstoff und Luft zugleich nach unten wandern, habe der optimierte Gegenstromvergaser von Regawatt mehrere Vorteile zu bieten, so Röhrmoser.
 
Regawatt-Geschäftsführer Klaus Röhrmoser
Quelle: Regawatt
 
Das Gas hat im Gegenstromvergaser mehr Zeit, um abzukühlen. „Wir haben aus diesem Grund einen guten Kaltgaswirkungsgrad“, erklärt er. Der Kaltgaswirkungsgrad ist ein Gradmesser für das Verhältnis zwischen dem Energieinhalt des Gases nach der Vergasung und dem Energieinhalt des Energieträgers vor der Vergasung. Auch der Brennstoff habe mehr Zeit, bis er im Vergaser unten ankomme. Der Effekt ist, dass „wir lediglich reine Holzasche am Ende des Prozesses haben“. Außerdem könne der Vergaser über die Luftzufuhr gut geregelt werden.

Ein weiterer Vorteil des Vergasers sei, dass dieser mit feuchtem Ausgangsmaterial zurechtkommt. Eine Trocknung muss hier also nicht erfolgen. Und: Das entwickelte „Kombi Power System mit dem Gegenstromvergaser als Herzstück ist gut skalierbar“, sagt der Regawatt-Geschäftsführer. Die Anlagenleistung kommerzieller Anlagen gehe derzeit von 1 bis 4,5 MW. Nach oben hin ist das Ziel bis zu 10 MW pro Anlage und nach unten geht es beim eigenen Versuchsvergaser bis 0,1 MW.

Aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre koppelt Regawatt seine Anlagen mit Gasmotoren − also Blockheizkraftwerken − und/oder ORC-Anlagen. Gasturbinen hätten sich als weniger geeignet erwiesen. 

Die Stromerzeugung ist laut dem Unternehmen daher sehr flexibel: 
  • Die angeschlossenen Gasmotoren sind stufenlos regelbar von 50 bis zu 100 Prozent,
  • es ist die Aufteilung auf mehrere Gasmotoren möglich,
  • der Gegenstromvergaser ist ebenfalls regelbar von 20 bis 100 Prozent 
  • und auch eine Nachverstromung über eine ORC-Anlage ist in diesem System möglich. 
Die zwei Anlagen in der Schweiz zum Beispiel gingen 2018 beziehungsweise 2020 in Betrieb. Regawatt lieferte für den Schweizer Versorger Romande Energie jeweils ein schlüsselfertiges Energiesystem für das Heizkraftwerk in Puidoux und in Charmey. Die Anlage in Puidoux beispielsweise hat eine Feuerungsleistung von 4,5 MW und einer elektrischen Leistung von 890 kW, erzeugt durch eine ORC-Turbine (120 kW) und ein Blockheizkraftwerk (770 kW). Die Wärme wird in ein Fernwärmenetz eingespeist. Das Holz stammt aus der Region.

 
Ein Blick in das Kraftwerk in Charmey in der Schweiz
Quelle: Regawatt
 

Der Schweizer Versorger hatte sich für die deutsche Technologie entschieden, da das Anlagenkonzept gut zu den Anforderungen vor Ort passte. Die Abnehmer der Fernwärme sind in Puidoux viele kommunale Gebäude und Wohnhäuser. Daher ist der Heizbedarf im Sommer eher niedrig. Der Versorger wollte eine Lösung, die sich diesem wechselnden Wärmebedarf flexibel anpassen kann, ohne den Gesamtwirkungsgrad zu beeinträchtigen. Die Gegenstromvergaser seien hier flexibel genug, so Röhrmoser.

Zugleich setzt die Schweizer Gemeinde auf den heimischen Rohstoff Holz. Die Logistik sollte aber möglichst einfach bleiben. Mit der Anlage von Regawatt wurden diese Anforderungen erfüllt. Das Holz muss vor der Vergasung nicht getrocknet werden, was die Brennstoffbeschaffung für Romande Energie erleichtert, und die Holzvergasung hat einen sehr geringen Feinstaubausstoß, verglichen zur Holzverbrennung.

Nebenprodukte sollen künftig weiterverarbeitet werden

Es fallen bei der Produktion des Holzgases auch Nebenprodukte an, darunter Pyrolyseöl und Asche. Das Pyrolyseöl kann entweder in der Anlage thermisch verwertet werden oder in Tanks, falls vom Betreiber gewünscht, zwischengespeichert werden. „Das Öl kann dann so als Spitzenlastbrennstoff oder auch für Prozesswärme eingesetzt werden“, sagt der Geschäftsführer. „Rund 20 bis 25 Prozent des Holzheizwertes werden im Gegenstromvergaser zu Pyrolyseöl umgesetzt.“
Derzeit erforsche Regawatt in Zusammenarbeit mit verschiedenen Instituten, ob das Öl auch als Grundstoff für die chemische Industrie, etwa zur Herstellung von grünem Kunststoff, oder als Biokraftstoff verwendet werden könnte.

Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld sei der Brennstoff selbst. „Bislang werden in unseren Anlagen naturbelassene Holzhackschnitzel aus Waldrestholz oder aus der Landschaftspflege genutzt“, erklärt Röhrmoser. Regawatt will künftig auch andere Arten nutzen, wie etwa Rinden aus Sägewerken, Altholz, Kompostüberlauf oder Miscanthus. „Hierzu haben wir am Standort in Senden einen Versuchsvergaser mit 0,1 Megawatt Leistung aufgebaut, um die Brennstoffe testen zu können.“ Dieser werde 2024 erweitert um einen Ballenvergaser. „Mit unseren Partnern EvAMisc und Advanced Ecologics testen wir, wie Miscanthus eingesetzt werden könnte.“ Die Pflanze, auch Elefantengras genannt, wachse sehr schnell und würde sich prinzipiell als Energiequelle eignen. Ihre strohige Beschaffenheit mache aber noch Probleme.

In Versuchen mit reinem Sauerstoff („Oxyfuel“) statt Luft soll nun der Wasserstoffanteil auf bis zu 40 Prozent erhöht werden. „Wir arbeiten bei diesen Versuchen mit der Universität Erlangen/Nürnberg zusammen. Das Projekt nennt sich ‚Synthese Ready‘. Der Sauerstoff soll dazu führen, dass der Stickstoff eliminiert wird“, erklärt Röhrmoser. Stattdessen steigt der H2-Anteil auf 40 Prozent. In weiteren Schritten soll dann reiner Wasserstoff erzeugt werden können oder auch Biomethan.

Der Regawatt-Chef hofft auch hierzulande auf weitere Aufträge. „Das Interesse ist sehr hoch. Wir haben sowohl Anfragen aus der Industrie als auch von Kommunen“, sagt Röhrmoser. „Viele Städte und Kommunen müssen ihre Energieversorgung defossilisieren. Zugleich haben sie Restholz und Kompostabfälle aus der Pflege von Parks und Wäldern.“ Diese Resthölzer und Abfälle könnten künftig gut als Energiequelle genutzt werden. Regawatt habe hierfür das passende System, das nicht nur Grundlast liefern kann, sondern auch sehr flexibel Strom und Wärme erzeugt.

In den vergangenen Jahren seien die „Bedingungen gerade für die Holzenergie im Erneuerbare-Energien-Gesetz stark erschwert worden, sodass wir erst einmal vor allem Anlagen im Ausland installiert haben“, so Röhrmoser. Er hoffe nun, dass mit der kommunalen Wärmeplanung Schwung in den Markt kommt und Deutschland die Holzvergasertechnologie wieder für sich entdeckt.

Vorteile des weiterentwickelten Gegenstromvergasers
  • keine Vortrocknung
  • teillastfähig (bis 20 Prozent) und schnell regelbar (binnen 15 Minuten)
  • saubere Asche 
  • hohe Brennstoffflexibilität durch ein wachsendes Sortiment an nutzbaren Brennstoffen
 
In Charmey ist die Regawatt-Anlage in Betrieb
Quelle: Regawatt
 
 

ReGaWatt GmbH 

Das Unternehmen Regawatt hat seinen Sitz im bayerischen Abendsberg und ist ein Spin-off von Gammel Engineering. Die Firma wurde 2010 gegründet und ist auf hocheffiziente Energieanlagen auf Basis von biogenen Reststoffen spezialisiert. Kernkomponente ist ein Gegenstromvergaser mit einer Brennstoffeinsatzleistung von 1 bis 4,5 MW. In einer Spezialbrennkammer wird das gewonnene Rohgas im An- und Abfahrbetrieb sowie im reinen Wärmebetrieb sauber und effizient verbrannt. Den Anschluss ergänzender Module richtet Regwatt an den Bedürfnissen des Kunden aus. So können Strom, Wärme, Kälte, Dampf, Bioöl oder Synthesegas zur Direktgasnutzung verwendet werden. Geschäftsführer sind Klaus Röhrmoser und Alexander Schwarzberger. 
 

Dienstag, 5.12.2023, 09:00 Uhr
Heidi Roider

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