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Energie & Management > Bilanz - Gazprom im Kriegsjahr 2022: Produktion brach ein
Quelle: Fotolia / zozzzzo
Bilanz

Gazprom im Kriegsjahr 2022: Produktion brach ein

Die hohen Gaspreise bescherten dem russischen Gaskonzern Milliardengewinne. Doch der Verlust Europas als zentraler Absatzmarkt hat seinen Preis. Die Wende nach China soll es auffangen.
Zum Neujahr 2022 verkündete Gazprom-Chef Alexej Miller Produktionsrekord und beim Export die Überwindung der Corona-Delle von 2020. Mit 185,1 Milliarden Kubikmeter Gas erzielte Gazprom das viertbeste Ergebnis beim Export nach Europa und in die Türkei im Unternehmen. Die Zuwächse bei den europäischen Großkunden Deutschland, Italien und der Türkei wiesen zweistellige Prozentwerte aus.

Im Kriegsjahr 2022 sind von den Exporten 100,9 Milliarden Kubikmeter übriggeblieben, wovon fast ein Drittel auf die Türkei entfällt, da sie ihren Gasimport aus Russland seit dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine am 24. Februar über die Schwarzmeergasleitungen Turkish Stream und Blue Stream unvermindert fortsetzt. Beide Gasleitungen arbeiteten zuverlässig, erklärte Miller in seiner Jahresrückschau am 28. Dezember. Die gemeinsamen Arbeiten zur Einrichtung eines Gashub in der Türkei hätten begonnen. „Der Gashub soll für eine transparente und faire Preisbildung im Erdgasmarkt sorgen.“

Ambitionen im Osten

Die Produktion brach Miller zufolge im letzten Jahr um über 100 Milliarden Kubikmeter auf 412,6 Milliarden Kubikmeter Gas ein. Gleich zu Beginn seiner Jahresrückschau hatte er vorangestellt: „Ich möchte gleich anmerken, dass sich 2022 natürlich als sehr, sehr schwierig herausgestellt hat. Es gab buchstäblich totale Veränderungen auf den Energiemärkten. Und wenn wir diese Veränderungen früher Supervolatilität nannten, begannen wir Ende des Jahres zu sagen, dass dies bereits einfach Turbulenzen waren. Aber bei alle dem hat Gazprom zuverlässig, souverän und sehr gut koordiniert weitergearbeitet. So wie es in unserem Unternehmen sein sollte.“ Koordiniert soll heißen, dass die Wende nach China voranschreitet.

So ist das größte ostsibirische Gasfeld Kowykta an die Gasleitung Kraft Sibiriens seit Dezember angeschlossen, um den Transport sukzessive auf die vereinbarte Vertragsmenge von 38 Milliarden Kubikmeter zu erhöhen. Kraft Sibiriens sei auf ihrer gesamten Länge von über 3.000 Kilometer in Betrieb. „Dies ist der größte technische und industrielle Infrastrukturkomplex der Welt, der Bergbau-, Transport- und Verarbeitungsanlagen umfasst“, unterstrich Miller. Welches Transportvolumen Gazprom im letzten Jahr nach China auf diesem Weg exportierte, nannte er indes nicht. 2021 waren es 7,6 Milliarden Kubikmeter Gas, für die im Folgejahr eine Verdopplung geplant war.

Auch LNG in der Bilanz

Immer wieder vermeldete Gazprom in der letzten Zeit Tagesrekordmengen Richtung China, um klarzumachen, dass die Wende nach Osten Verluste in Europa auffangen kann. Nach Lesart von Präsident Wladimir soll Kraft Sibiriens 2 bis 2030 gebaut sein, um von west- und nordsibirischen Gasfeldern über die Mongolei weitere 50 Milliarden Kubikmeter Gas nach China exportieren zu können, so dass sich das Exportvolumen zusammen mit Kraft Sibiriens und Gastransporten von der Ostgrenze Russlands auf 88 Milliarden Kubikmeter Gas erhöht. Miller selbst stellte Anfang Januar hier sogar einen Transportumfang von rund 100 Milliarden Kubikmeter Gas in Aussicht.

Lukrative Einnahmen aus Europa fließen unterdessen spärlich, da Gazprom der Absatzmarkt mit zahlungsfähigen Großkunden fehlt. Das dürfte dieses Jahr verstärkt zum Tragen kommen. Konnte der Gaskonzern von hohen Preisen profitieren, tun das vor allem nach den Sprengungen an den Gasleitungen Nord Stream 1 und 2 in der Ostsee im letzten September Lieferanten von verflüssigtem Erdgas, LNG. Auch Russland hat sich darauf eingestellt und laut Medien nach Frankreich, Belgien, Spanien und in die Niederlande LNG verschifft.

Mit der Inbetriebnahme von schwimmenden Importterminals lässt sich mit dem einstigen größten Abnehmer Deutschland möglicherweise wieder Geschäft machen. Der größte LNG-Produzent und zweitgrößte russische Gasförderer Novatek baut seine Produktionskapazitäten in Nordsibirien im großen Maßstab aus. Dafür kommt neben westlicher auch heimischer Technologie zum Einsatz. Gazprom selbst verflüssigt auf der Pazifikinsel Sakhalin und seit letztem September auch in Portowaja Gas. LNG hat im Unternehmen Priorität.

Montag, 2.01.2023, 13:00 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne
Energie & Management > Bilanz - Gazprom im Kriegsjahr 2022: Produktion brach ein
Quelle: Fotolia / zozzzzo
Bilanz
Gazprom im Kriegsjahr 2022: Produktion brach ein
Die hohen Gaspreise bescherten dem russischen Gaskonzern Milliardengewinne. Doch der Verlust Europas als zentraler Absatzmarkt hat seinen Preis. Die Wende nach China soll es auffangen.
Zum Neujahr 2022 verkündete Gazprom-Chef Alexej Miller Produktionsrekord und beim Export die Überwindung der Corona-Delle von 2020. Mit 185,1 Milliarden Kubikmeter Gas erzielte Gazprom das viertbeste Ergebnis beim Export nach Europa und in die Türkei im Unternehmen. Die Zuwächse bei den europäischen Großkunden Deutschland, Italien und der Türkei wiesen zweistellige Prozentwerte aus.

Im Kriegsjahr 2022 sind von den Exporten 100,9 Milliarden Kubikmeter übriggeblieben, wovon fast ein Drittel auf die Türkei entfällt, da sie ihren Gasimport aus Russland seit dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine am 24. Februar über die Schwarzmeergasleitungen Turkish Stream und Blue Stream unvermindert fortsetzt. Beide Gasleitungen arbeiteten zuverlässig, erklärte Miller in seiner Jahresrückschau am 28. Dezember. Die gemeinsamen Arbeiten zur Einrichtung eines Gashub in der Türkei hätten begonnen. „Der Gashub soll für eine transparente und faire Preisbildung im Erdgasmarkt sorgen.“

Ambitionen im Osten

Die Produktion brach Miller zufolge im letzten Jahr um über 100 Milliarden Kubikmeter auf 412,6 Milliarden Kubikmeter Gas ein. Gleich zu Beginn seiner Jahresrückschau hatte er vorangestellt: „Ich möchte gleich anmerken, dass sich 2022 natürlich als sehr, sehr schwierig herausgestellt hat. Es gab buchstäblich totale Veränderungen auf den Energiemärkten. Und wenn wir diese Veränderungen früher Supervolatilität nannten, begannen wir Ende des Jahres zu sagen, dass dies bereits einfach Turbulenzen waren. Aber bei alle dem hat Gazprom zuverlässig, souverän und sehr gut koordiniert weitergearbeitet. So wie es in unserem Unternehmen sein sollte.“ Koordiniert soll heißen, dass die Wende nach China voranschreitet.

So ist das größte ostsibirische Gasfeld Kowykta an die Gasleitung Kraft Sibiriens seit Dezember angeschlossen, um den Transport sukzessive auf die vereinbarte Vertragsmenge von 38 Milliarden Kubikmeter zu erhöhen. Kraft Sibiriens sei auf ihrer gesamten Länge von über 3.000 Kilometer in Betrieb. „Dies ist der größte technische und industrielle Infrastrukturkomplex der Welt, der Bergbau-, Transport- und Verarbeitungsanlagen umfasst“, unterstrich Miller. Welches Transportvolumen Gazprom im letzten Jahr nach China auf diesem Weg exportierte, nannte er indes nicht. 2021 waren es 7,6 Milliarden Kubikmeter Gas, für die im Folgejahr eine Verdopplung geplant war.

Auch LNG in der Bilanz

Immer wieder vermeldete Gazprom in der letzten Zeit Tagesrekordmengen Richtung China, um klarzumachen, dass die Wende nach Osten Verluste in Europa auffangen kann. Nach Lesart von Präsident Wladimir soll Kraft Sibiriens 2 bis 2030 gebaut sein, um von west- und nordsibirischen Gasfeldern über die Mongolei weitere 50 Milliarden Kubikmeter Gas nach China exportieren zu können, so dass sich das Exportvolumen zusammen mit Kraft Sibiriens und Gastransporten von der Ostgrenze Russlands auf 88 Milliarden Kubikmeter Gas erhöht. Miller selbst stellte Anfang Januar hier sogar einen Transportumfang von rund 100 Milliarden Kubikmeter Gas in Aussicht.

Lukrative Einnahmen aus Europa fließen unterdessen spärlich, da Gazprom der Absatzmarkt mit zahlungsfähigen Großkunden fehlt. Das dürfte dieses Jahr verstärkt zum Tragen kommen. Konnte der Gaskonzern von hohen Preisen profitieren, tun das vor allem nach den Sprengungen an den Gasleitungen Nord Stream 1 und 2 in der Ostsee im letzten September Lieferanten von verflüssigtem Erdgas, LNG. Auch Russland hat sich darauf eingestellt und laut Medien nach Frankreich, Belgien, Spanien und in die Niederlande LNG verschifft.

Mit der Inbetriebnahme von schwimmenden Importterminals lässt sich mit dem einstigen größten Abnehmer Deutschland möglicherweise wieder Geschäft machen. Der größte LNG-Produzent und zweitgrößte russische Gasförderer Novatek baut seine Produktionskapazitäten in Nordsibirien im großen Maßstab aus. Dafür kommt neben westlicher auch heimischer Technologie zum Einsatz. Gazprom selbst verflüssigt auf der Pazifikinsel Sakhalin und seit letztem September auch in Portowaja Gas. LNG hat im Unternehmen Priorität.

Montag, 2.01.2023, 13:00 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne

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