Heiko Hagdorn, Geschäftsführer von Hagdorn Tomaten. Das Unternehmen setzt auf Sektorkopplung und Flexvermarktung. Quelle: Hagdorn
Der Betrieb „Hagdorn Tomaten“ koppelt Strom- und Wärmeerzeugung mit digitaler Steuerung. Die Flexibilisierung des Energieeinsatzes bringt ihm jährliche Zusatzerlöse von 100.000 Euro.
„Für Tomaten ist Wärme ein Wachstumselixier, für Erzeuger ein Kostenfaktor.“ Heiko Hagdorn ist Geschäftsführer des Familienbetriebs Hagdorn Tomaten und bewirtschaftet im baden-württembergischen Hochdorf an der Enz eine Tomatenplantage. Der Gärtnereibetrieb hat seine Energieversorgung vollständig auf Flexibilität und Marktorientierung ausgerichtet. Über den Zugang zu Strombörsen und Regelenergiemarkt der Lechwerke (LEW) erzielt der Gärtnereibetrieb zusätzliche Einnahmen, teilte das Energieunternehmen mit.
„Damit wir trotz des hohen Energiebedarfs nachhaltig und wettbewerbsfähig produzieren, haben wir eine unternehmenseigene, hocheffiziente Energieinfrastruktur aufgebaut: Wärmepumpen, Wärmespeicher, PV-Anlage und LED-Belichtung sowie mit Gas betriebene Blockheizkraftwerke, die gleichzeitig Wärme und Strom erzeugen“, sagt Hagdorn. Gesteuert wird das Gesamtsystem digital und mit direktem Zugang zu den Strom- und Regelenergiemärkten über die LEW.
Die Anlage erlaubt es, Strom und Wärme je nach Marktlage zu produzieren oder zu verbrauchen. Liegen hohe Börsenpreise vor, speisen die Blockheizkraftwerke ein. Bei niedrigen oder negativen Preisen übernehmen die Wärmepumpen den Betrieb, um kostengünstig Wärme zu erzeugen. Durch dieses Zusammenspiel hat der Familienbetrieb seine Energiekosten um rund ein Drittel gesenkt und erzielt jährliche Zusatzerlöse von bis zu 100.000 Euro, so die LEW in ihrer Mitteilung.
Automatisierte Steuerung und Vermarktung
Zentrale Schaltstelle ist ein „Energieregler“, der laufend Verbrauchs-, Temperatur- und Anlagenkennzahlen erfasst. Die Daten fließen in das Vermarktungssystem der LEW, das mit KI-gestützten Optimierungsmodellen die wirtschaftlich günstigsten Fahrpläne berechnet und automatisch an die Strommärkte übermittelt. Das System erfasst laufend Kennzahlen wie Füllstände, Wärmebedarf und Anlagenzustände und steuert die Anlage automatisch. Die Daten werden an die zentralen Softwarebausteine des LEW-Handelsteams übermittelt. Automatisierte 24/7-Berechnungen ermitteln mittels KI-Anwendungen, Machine Learning und mathematischen Optimierungsverfahren die optimale Vermarktung der Anlage.
Das LEW-Vermarktungssystem platziert die entsprechenden Optionen dann an den Strombörsen – vom Day-Ahead- und Intraday-Markt bis hin zu den Märkten für Regelenergie. „Für uns ist das Ganze weitgehend ein Selbstläufer. Wie gewinnbringend das System arbeitet, sehen wir jeden Monat schwarz auf weiß auf der Abrechnung“, unterstreicht Hagdorn. Das Energiemanagement umfasst inzwischen auch Laststeuerung und eine strategische Fahrweise der Blockheizkraftwerke, die aufgrund hoher Gaspreise derzeit mit reduzierter Leistung, aber längeren Laufzeiten betrieben werden.
Sektorkopplung als Betriebsstrategie
Zwei gasbetriebene Blockheizkraftwerke mit je 1,6 MW elektrischer Leistung, zwei Wärmepumpen mit je 0,7 MW elektrischer Leistung sowie zwei Wärmespeicher mit 80 MWh Kapazität bilden das Rückgrat der Anlage. Ergänzt wird sie durch eine 345-kW-Photovoltaikanlage und eine LED-Belichtung. Auch das an den Blockheizkraftwerken freigesetzte CO2 bleibt nicht in diesem Betrieb ungenutzt: Es wird aufgefangen, gereinigt und als Dünger weiterverwendet. Die Treibhausluft wird mit dem Gas angereichert. Die Pflanzen nehmen das CO2 über die Photosynthese auf und wandeln es um in organische Substanz, in Wachstum. Der Betrieb plant, die Optimierung in Zusammenarbeit mit der LEW weiter auszubauen und zusätzliche Vermarktungsoptionen zu erschließen.
Donnerstag, 23.10.2025, 11:46 Uhr
Heidi Roider
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