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Energie & Management > Elektromobilität - Erste Ostsee-Elektrofähre außerhalb von Häfen
Das Elektro-Fahrgastschiff pendelt zwischen Wismar und Poel. Quelle: Adler-Schiffe
Elektromobilität

Erste Ostsee-Elektrofähre außerhalb von Häfen

Auf der deutschen Ostsee verkehrt in Kürze das erste vollelektrische Fahrgastschiff. Es verbindet den Hafen von Wismar mit der Insel Poel.
In Nordwestmecklenburg nimmt die Antriebswende auf der deutschen Ostsee Gestalt an. Die Gestalt ist ein Ausflugsschiff der Reederei Adler-Schiffe und soll ab Frühjahr 2024 die Hafenstadt Wismar mit Kirchdorf auf der Insel Poel verbinden.

Das fünf Millionen Euro teure Schiff wird seine längste Reise außerhalb des vorgesehenen Fahrplans unternehmen. Denn es entsteht in der Lux-Werft in Niederkassel und damit im Binnenland. Für den Weg aus Nordrhein-Westfalen über den Rhein, das niederländische Ijsselmeer und die Nordsee plant die Reederei etwa zwei Wochen ein, sagt Steffen Müller, Betriebsleiter Ost, auf Anfrage unserer Redaktion. Weil die Werft beim Bau drei Monate vor dem vereinbarten Zeitplan liegt und aktuell bereits den Fahrgast-Salon ausbaut, erfolgt die Jungfernfahrt − je nach Wetterlage − bereits ab Ende Dezember.

Die Überfahrt des Öko-Bootes wird übrigens ausnahmsweise schmutzig. Ein Dieselgenerator versorgt die Batterien, die auf 1.440 kWh ausgelegt sind, auf der langen Strecke. Im täglichen Pendelverkehr ab April ist fossile Energie dann verpönt: Die Kapazität der Speicher reichen für sechs Fahrten auf der etwa 14 Kilometer und eine Stunde langen Verbindung zwischen Wismar und Kirchdorf. Täglich sollen etwa 500 kWh Restmenge in den Batterien verbleiben, so die Kalkulation.

Katamaran-Fähren in Schweden besonders schnell

Steffen Müller hofft, pünktlich zum April den Fährbetrieb aufnehmen zu können. Eine Unsicherheit besteht im Netzanschluss für die Ladeinfrastruktur der beiden Häfen. Mit den Arbeiten sind die Stadtwerke Wismar beauftragt. Zusätzlich zum Strom aus dem Netz generieren Solarzellen (15 kW) auf dem Dach des Fahrgastschiffes Energie, die Menge ist mit 15.000 kWh im Jahr aber überschaubar.

Das 32 Meter lange und neun Meter breite Schiff bietet 250 Menschen und 50 Fahrrädern Platz. Anders als weitere Elektro- oder Hybridfähren ist es weder im Katamaran-Stil gebaut noch aus Aluminium, sondern aus Stahl. Weil das Fahrgastschiff mit maximal 16 Stundenkilometern unterwegs ist, liege es „wie ein Brett im Wasser“, so Steffen Müller, und könne damit nicht die nötige Geschwindigkeit erreichen, bei der leichtere Alu-Boote auf Katamaran-Flügeln sinnvoll seien.

Das Boot soll auch für Hafenrundfahrten in Wismar zur Verfügung stehen. Ein paar Kilometer weiter westlich, in Rostock, gibt es seit Oktober 2021 bereits eine Elektrofähre. Die „Warnowstromer“ der Rostocker Straßenbahn AG ist allerdings für den reinen Hafenverkehr vorgesehen. Auch in Kiel pendelt seit Mitte 2021 eine Elektrofähre auf der Förde zwischen West- und Ostufer, dazu gibt es zwei Hybrid-Boote mit zusätzlichen Generatoren. In Lübeck wartet der Stadtverkehr Lübeck, eine Tochter der örtlichen Stadtwerke, in diesen Wochen auf die Auslieferung der Elektro-Fähre „Welt ahoi!“ durch die Stralsunder Werft Ostseestaal. Sie soll zwischen Travemünde und der Halbinsel Priwall fahren.

Andere Aufträge sind aktuell für Hybrid-Antriebe vergeben, etwa in Hamburg, wo 2024 auch LNG zum Einsatz kommen soll. Das verflüssigte Erdgas soll später Wasserstoff weichen. Die Anfänge der sauberen Schiffsantriebe in jüngerer Zeit sind im westfälischen Münster zu finden, wo 2012 die erste Solarfähre der Overschmidt Aasee GmbH in Kooperation mit den Stadtwerken Münster ihren Dienst aufnahm. Sie pendelt allerdings auf dem eher beschaulichen Aasee. Auf dem Bodensee in Baden-Württemberg ist seit Juni 2022 der „Artemis“-Katamaran der Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) im Dienst.

Die seinerzeit als umweltfreundliche Alternative gepriesene „Greenferry“ in der Nordsee überlebte nur einen Sommer. Das zwischen Cuxhaven in Niedersachsen und Brunsbüttel in Schleswig-Holstein fahrende Schiff verwendete LNG als Kraftstoff. Weil die Betreibergesellschaft Elbferry GmbH & Co. KG im Dezember 2021 Insolvenz anmelden musste, liegt die im März 2021 erstmals aufgenommene Verbindung seither brach. Der Verein Elbfähre-Greenferry bemüht sich um eine Wiederbelebung, um die Elbquerung auf anderem Weg als über die Straße zu ermöglichen.

In größerem Stil setzen skandinavische Staaten auf umweltfreundliche Bootsantriebe. In Norwegen nahm bereits 2015 eine Elektrofähre auf dem Sognefjord nördlich von Bergen den Betrieb auf. Auch vom Hafen der Hauptstadt Oslo legen inzwischen reine Strom-Boote ab. In Schweden soll eine schnelle Elektro-Fähre im kommenden Jahr im Schärengebiet vor der Hauptstadt Stockholm verkehren. Ihre 252-kWh-Batterie ermöglicht eine Reichweite von rund 100 Kilometern. Weil der Katamaran sich mit seinen Kufen hoch über das Wasser erheben kann, reduzieren sich Wasserverdrängung und Widerstand erheblich. Dadurch soll das für 30 Passagiere ausgelegte Wassertaxi die sechs Kilometer lange Strecke zwischen Zentrum und Ekerö in 25 Minuten zurücklegen und damit schneller als alle anderen Landverbindungen sein.

Montag, 20.11.2023, 11:32 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Elektromobilität - Erste Ostsee-Elektrofähre außerhalb von Häfen
Das Elektro-Fahrgastschiff pendelt zwischen Wismar und Poel. Quelle: Adler-Schiffe
Elektromobilität
Erste Ostsee-Elektrofähre außerhalb von Häfen
Auf der deutschen Ostsee verkehrt in Kürze das erste vollelektrische Fahrgastschiff. Es verbindet den Hafen von Wismar mit der Insel Poel.
In Nordwestmecklenburg nimmt die Antriebswende auf der deutschen Ostsee Gestalt an. Die Gestalt ist ein Ausflugsschiff der Reederei Adler-Schiffe und soll ab Frühjahr 2024 die Hafenstadt Wismar mit Kirchdorf auf der Insel Poel verbinden.

Das fünf Millionen Euro teure Schiff wird seine längste Reise außerhalb des vorgesehenen Fahrplans unternehmen. Denn es entsteht in der Lux-Werft in Niederkassel und damit im Binnenland. Für den Weg aus Nordrhein-Westfalen über den Rhein, das niederländische Ijsselmeer und die Nordsee plant die Reederei etwa zwei Wochen ein, sagt Steffen Müller, Betriebsleiter Ost, auf Anfrage unserer Redaktion. Weil die Werft beim Bau drei Monate vor dem vereinbarten Zeitplan liegt und aktuell bereits den Fahrgast-Salon ausbaut, erfolgt die Jungfernfahrt − je nach Wetterlage − bereits ab Ende Dezember.

Die Überfahrt des Öko-Bootes wird übrigens ausnahmsweise schmutzig. Ein Dieselgenerator versorgt die Batterien, die auf 1.440 kWh ausgelegt sind, auf der langen Strecke. Im täglichen Pendelverkehr ab April ist fossile Energie dann verpönt: Die Kapazität der Speicher reichen für sechs Fahrten auf der etwa 14 Kilometer und eine Stunde langen Verbindung zwischen Wismar und Kirchdorf. Täglich sollen etwa 500 kWh Restmenge in den Batterien verbleiben, so die Kalkulation.

Katamaran-Fähren in Schweden besonders schnell

Steffen Müller hofft, pünktlich zum April den Fährbetrieb aufnehmen zu können. Eine Unsicherheit besteht im Netzanschluss für die Ladeinfrastruktur der beiden Häfen. Mit den Arbeiten sind die Stadtwerke Wismar beauftragt. Zusätzlich zum Strom aus dem Netz generieren Solarzellen (15 kW) auf dem Dach des Fahrgastschiffes Energie, die Menge ist mit 15.000 kWh im Jahr aber überschaubar.

Das 32 Meter lange und neun Meter breite Schiff bietet 250 Menschen und 50 Fahrrädern Platz. Anders als weitere Elektro- oder Hybridfähren ist es weder im Katamaran-Stil gebaut noch aus Aluminium, sondern aus Stahl. Weil das Fahrgastschiff mit maximal 16 Stundenkilometern unterwegs ist, liege es „wie ein Brett im Wasser“, so Steffen Müller, und könne damit nicht die nötige Geschwindigkeit erreichen, bei der leichtere Alu-Boote auf Katamaran-Flügeln sinnvoll seien.

Das Boot soll auch für Hafenrundfahrten in Wismar zur Verfügung stehen. Ein paar Kilometer weiter westlich, in Rostock, gibt es seit Oktober 2021 bereits eine Elektrofähre. Die „Warnowstromer“ der Rostocker Straßenbahn AG ist allerdings für den reinen Hafenverkehr vorgesehen. Auch in Kiel pendelt seit Mitte 2021 eine Elektrofähre auf der Förde zwischen West- und Ostufer, dazu gibt es zwei Hybrid-Boote mit zusätzlichen Generatoren. In Lübeck wartet der Stadtverkehr Lübeck, eine Tochter der örtlichen Stadtwerke, in diesen Wochen auf die Auslieferung der Elektro-Fähre „Welt ahoi!“ durch die Stralsunder Werft Ostseestaal. Sie soll zwischen Travemünde und der Halbinsel Priwall fahren.

Andere Aufträge sind aktuell für Hybrid-Antriebe vergeben, etwa in Hamburg, wo 2024 auch LNG zum Einsatz kommen soll. Das verflüssigte Erdgas soll später Wasserstoff weichen. Die Anfänge der sauberen Schiffsantriebe in jüngerer Zeit sind im westfälischen Münster zu finden, wo 2012 die erste Solarfähre der Overschmidt Aasee GmbH in Kooperation mit den Stadtwerken Münster ihren Dienst aufnahm. Sie pendelt allerdings auf dem eher beschaulichen Aasee. Auf dem Bodensee in Baden-Württemberg ist seit Juni 2022 der „Artemis“-Katamaran der Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) im Dienst.

Die seinerzeit als umweltfreundliche Alternative gepriesene „Greenferry“ in der Nordsee überlebte nur einen Sommer. Das zwischen Cuxhaven in Niedersachsen und Brunsbüttel in Schleswig-Holstein fahrende Schiff verwendete LNG als Kraftstoff. Weil die Betreibergesellschaft Elbferry GmbH & Co. KG im Dezember 2021 Insolvenz anmelden musste, liegt die im März 2021 erstmals aufgenommene Verbindung seither brach. Der Verein Elbfähre-Greenferry bemüht sich um eine Wiederbelebung, um die Elbquerung auf anderem Weg als über die Straße zu ermöglichen.

In größerem Stil setzen skandinavische Staaten auf umweltfreundliche Bootsantriebe. In Norwegen nahm bereits 2015 eine Elektrofähre auf dem Sognefjord nördlich von Bergen den Betrieb auf. Auch vom Hafen der Hauptstadt Oslo legen inzwischen reine Strom-Boote ab. In Schweden soll eine schnelle Elektro-Fähre im kommenden Jahr im Schärengebiet vor der Hauptstadt Stockholm verkehren. Ihre 252-kWh-Batterie ermöglicht eine Reichweite von rund 100 Kilometern. Weil der Katamaran sich mit seinen Kufen hoch über das Wasser erheben kann, reduzieren sich Wasserverdrängung und Widerstand erheblich. Dadurch soll das für 30 Passagiere ausgelegte Wassertaxi die sechs Kilometer lange Strecke zwischen Zentrum und Ekerö in 25 Minuten zurücklegen und damit schneller als alle anderen Landverbindungen sein.

Montag, 20.11.2023, 11:32 Uhr
Volker Stephan

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