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Energie & Management > Gastbeitrag - Enger Zeithorizont zur Umsetzung des § 14a EnWG
Quelle: E&M
Gastbeitrag

Enger Zeithorizont zur Umsetzung des § 14a EnWG

Die Regelungen zur Netzintegration steuerbarer Verbraucher bringen erheblichen Handlungsdruck für die Verteilnetzbetreiber mit sich. Ein Beitrag von Simon Koopmann* von Envelio.
Mit der endgültigen Festlegung der Bundesnetzagentur zum § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) endet die über mehrere Jahre geführte Diskussion, wie Netzbetreiber künftig mit der Netzintegration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen oder Ladepunkten im Niederspannungsnetz umgehen können. Die neuen Regelungen, die die Verteilnetz- und Anlagenbetreiber seit dem 1. Januar 2024 umsetzen müssen, sind ein echter Gewinn für die Energiewende und insbesondere für die Verkehrs- und Wärmewende.
 
Sie ermöglichen es Verteilnetzbetreibern, den Leistungsbezug steuerbarer Verbrauchseinrichtungen auf ein Minimum von 4,2 kW zu reduzieren, wenn eine Netzüberlastung vorliegt. Im Gegenzug erhalten die betroffenen Kunden reduzierte Netznutzungsentgelte und profitieren von einem sofortigen Netzanschlussrecht. Verteilnetzbetreibern steht mit dem netzorientierten Steuerungsrecht des § 14a EnWG nun ein Instrument zur Verfügung, das ihnen Zeit- und Handlungsspielraum für die Anpassung und den Ausbau der Netzinfrastruktur gibt.
 
Die Möglichkeit, über Messstellenbetreiber via Smart-Meter-Gateways steuernd in den Leistungsbezug von Verbrauchseinrichtungen wie Ladepunkten, Wärmepumpen, Klimageräten oder Batteriespeichern mit Netzbezug einzugreifen, ist allerdings nur als letztes Mittel bei einem durch eine Netzzustandsermittlung auf Basis von Messdaten bestimmten Netzengpass zulässig. Bis Ende 2028 erlaubt eine Übergangsregelung auch die präventive Anpassung der Bezugsleistung auf Basis reiner Netzsimulationen. Bereits im Festlegungstext vorgesehen und als Zielmodell unumstritten ist dagegen die netzorientierte Steuerung. Sie basiert auf der Live-Überwachung der Niederspannungsnetze mit realen Messwerten (Netzzustandsermittlung) und soll im Minutentakt erfolgen.
 
Die mit § 14a EnWG eingeräumte Flexibilität ist eine Chance für einen effizienteren Netzausbau auch über den Zeitraum einzelner Ausbauprojekte hinaus. Sie eröffnet den Netzbetreibern Gestaltungsspielräume. Die Steuerung nach § 14a ist insbesondere ein Instrument, um zu vermeiden, dass das Netz zum Flaschenhals der Energiewende wird. Davon profitieren letztendlich nicht nur die Netzbetreiber selbst, sondern über niedrigere Netzentgelte und einen garantierten Netzanschluss auch ihre Kunden.

Es gilt, Hotspots des Netzausbaubedarfs zu identifizieren
 
Die mehr als 800 Verteilnetzbetreiber in Deutschland stehen alle vor der Herausforderung, die neuen Regelungen in nur wenigen Jahren umzusetzen. Aufgrund der nun zu schaffenden technischen Voraussetzungen ist nicht damit zu rechnen, dass flächendeckend und sofort eine netzorientierte Steuerung zum Einsatz kommt. Da im Regelfall Niederspannungsnetze heute noch nicht engpassbehaftet sind, ist dies auch nicht unmittelbar notwendig. Der neue Rechtsrahmen sollte aber mehr denn je zum Anlass genommen werden, die Niederspannungsnetze an den richtigen Stellen durch Messtechnik zu erfassen.

Ein entscheidender Baustein auf diesem Weg ist die Entwicklung von rechenfähigen Netzmodellen für die Niederspannung. Mit einem „digitalen Zwilling“ des zu steuernden Netzes können Ausbauszenarien simuliert und optimiert werden. Gerade vor dem engen Zeithorizont sollten Netzbetreiber möglichst frühzeitig die Hotspots des Netzausbaubedarfs zum Beispiel durch Planungssimulationen identifizieren und für Investitionsprojekte priorisieren.

Ebenso wichtig ist die Entwicklung einer Strategie zur messtechnischen Erschließung des Netzgebietes mittels Daten aus intelligenten Messsystemen und Ortsnetzstationen mit Abgangsmessung an den richtigen Stellen im Netz. Intelligente Algorithmen können selbst bei einer geringen Anzahl von Messpunkten eine präzise Netzzustandsermittlung ermöglichen. Daher muss hier auch nicht auf einen flächendeckenden Rollout intelligenter Messsysteme gewartet werden. Automatisierungspotenziale lassen sich darüber hinaus bereits heute bei der Ermittlung konkreter Steuerungsmaßnahmen für Engpässe und deren Übermittlung in Richtung der Endkunden nutzen. Denn für die Neugestaltung der komplexen Prozesskette des Verteilnetzbetriebes stehen mittlerweile ganzheitliche Software-Lösungen in marktreifer Form zur Verfügung. Diese gilt es spätestens jetzt zu nutzen, um die für die Erreichung der Klimaziele so wichtige Digitalisierung und Flexibilisierung der Netze voranzutreiben.
 
*Simon Koopmann ist Mitgründer und Geschäftsführer von Envelio. Das Kölner Unternehmen bietet Netzbetreibern die „Intelligent Grid Platform“, um mithilfe von Digitalisierung und Automatisierung ihre Netze zu optimieren. Koopmann hat an der RWTH Aachen studiert, promoviert und dort die Forschungsgruppe Dezentrale Energiesysteme geleitet.
 
Simon Koopmann
Quelle: Envelio

Donnerstag, 11.01.2024, 16:19 Uhr
Redaktion
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Enger Zeithorizont zur Umsetzung des § 14a EnWG
Die Regelungen zur Netzintegration steuerbarer Verbraucher bringen erheblichen Handlungsdruck für die Verteilnetzbetreiber mit sich. Ein Beitrag von Simon Koopmann* von Envelio.
Mit der endgültigen Festlegung der Bundesnetzagentur zum § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) endet die über mehrere Jahre geführte Diskussion, wie Netzbetreiber künftig mit der Netzintegration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen oder Ladepunkten im Niederspannungsnetz umgehen können. Die neuen Regelungen, die die Verteilnetz- und Anlagenbetreiber seit dem 1. Januar 2024 umsetzen müssen, sind ein echter Gewinn für die Energiewende und insbesondere für die Verkehrs- und Wärmewende.
 
Sie ermöglichen es Verteilnetzbetreibern, den Leistungsbezug steuerbarer Verbrauchseinrichtungen auf ein Minimum von 4,2 kW zu reduzieren, wenn eine Netzüberlastung vorliegt. Im Gegenzug erhalten die betroffenen Kunden reduzierte Netznutzungsentgelte und profitieren von einem sofortigen Netzanschlussrecht. Verteilnetzbetreibern steht mit dem netzorientierten Steuerungsrecht des § 14a EnWG nun ein Instrument zur Verfügung, das ihnen Zeit- und Handlungsspielraum für die Anpassung und den Ausbau der Netzinfrastruktur gibt.
 
Die Möglichkeit, über Messstellenbetreiber via Smart-Meter-Gateways steuernd in den Leistungsbezug von Verbrauchseinrichtungen wie Ladepunkten, Wärmepumpen, Klimageräten oder Batteriespeichern mit Netzbezug einzugreifen, ist allerdings nur als letztes Mittel bei einem durch eine Netzzustandsermittlung auf Basis von Messdaten bestimmten Netzengpass zulässig. Bis Ende 2028 erlaubt eine Übergangsregelung auch die präventive Anpassung der Bezugsleistung auf Basis reiner Netzsimulationen. Bereits im Festlegungstext vorgesehen und als Zielmodell unumstritten ist dagegen die netzorientierte Steuerung. Sie basiert auf der Live-Überwachung der Niederspannungsnetze mit realen Messwerten (Netzzustandsermittlung) und soll im Minutentakt erfolgen.
 
Die mit § 14a EnWG eingeräumte Flexibilität ist eine Chance für einen effizienteren Netzausbau auch über den Zeitraum einzelner Ausbauprojekte hinaus. Sie eröffnet den Netzbetreibern Gestaltungsspielräume. Die Steuerung nach § 14a ist insbesondere ein Instrument, um zu vermeiden, dass das Netz zum Flaschenhals der Energiewende wird. Davon profitieren letztendlich nicht nur die Netzbetreiber selbst, sondern über niedrigere Netzentgelte und einen garantierten Netzanschluss auch ihre Kunden.

Es gilt, Hotspots des Netzausbaubedarfs zu identifizieren
 
Die mehr als 800 Verteilnetzbetreiber in Deutschland stehen alle vor der Herausforderung, die neuen Regelungen in nur wenigen Jahren umzusetzen. Aufgrund der nun zu schaffenden technischen Voraussetzungen ist nicht damit zu rechnen, dass flächendeckend und sofort eine netzorientierte Steuerung zum Einsatz kommt. Da im Regelfall Niederspannungsnetze heute noch nicht engpassbehaftet sind, ist dies auch nicht unmittelbar notwendig. Der neue Rechtsrahmen sollte aber mehr denn je zum Anlass genommen werden, die Niederspannungsnetze an den richtigen Stellen durch Messtechnik zu erfassen.

Ein entscheidender Baustein auf diesem Weg ist die Entwicklung von rechenfähigen Netzmodellen für die Niederspannung. Mit einem „digitalen Zwilling“ des zu steuernden Netzes können Ausbauszenarien simuliert und optimiert werden. Gerade vor dem engen Zeithorizont sollten Netzbetreiber möglichst frühzeitig die Hotspots des Netzausbaubedarfs zum Beispiel durch Planungssimulationen identifizieren und für Investitionsprojekte priorisieren.

Ebenso wichtig ist die Entwicklung einer Strategie zur messtechnischen Erschließung des Netzgebietes mittels Daten aus intelligenten Messsystemen und Ortsnetzstationen mit Abgangsmessung an den richtigen Stellen im Netz. Intelligente Algorithmen können selbst bei einer geringen Anzahl von Messpunkten eine präzise Netzzustandsermittlung ermöglichen. Daher muss hier auch nicht auf einen flächendeckenden Rollout intelligenter Messsysteme gewartet werden. Automatisierungspotenziale lassen sich darüber hinaus bereits heute bei der Ermittlung konkreter Steuerungsmaßnahmen für Engpässe und deren Übermittlung in Richtung der Endkunden nutzen. Denn für die Neugestaltung der komplexen Prozesskette des Verteilnetzbetriebes stehen mittlerweile ganzheitliche Software-Lösungen in marktreifer Form zur Verfügung. Diese gilt es spätestens jetzt zu nutzen, um die für die Erreichung der Klimaziele so wichtige Digitalisierung und Flexibilisierung der Netze voranzutreiben.
 
*Simon Koopmann ist Mitgründer und Geschäftsführer von Envelio. Das Kölner Unternehmen bietet Netzbetreibern die „Intelligent Grid Platform“, um mithilfe von Digitalisierung und Automatisierung ihre Netze zu optimieren. Koopmann hat an der RWTH Aachen studiert, promoviert und dort die Forschungsgruppe Dezentrale Energiesysteme geleitet.
 
Simon Koopmann
Quelle: Envelio

Donnerstag, 11.01.2024, 16:19 Uhr
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