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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Ein neuer Markt entwickelt sich
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung

Ein neuer Markt entwickelt sich

Fernwärmeerzeugung mittels Großwärmepumpen spielt bundesweit (noch) fast keine Rolle. Für Stadtwerke ist die Technik Neuland, die zudem flexibel mit weiteren Komponenten arbeiten muss.
Großwärmepumpen gelten als ein wichtiger Hebel, um Fernwärmenetze künftig „grün“ betreiben zu können. Doch auch wenn ihre Technologie ausgereift ist, betreten die Energieversorger bei der Umsetzung solcher Großwärmepumpenprojekte hierzulande noch weitestgehend Neuland. Duisburg und Mannheim zeigen exemplarisch, mit welchen Herausforderungen Planer und Stadtwerke bei Großwärmepumpenanlagen konfrontiert sind. Parallel läuft ein umfangreiches Forschungsprojekt. 

Die Stadtwerke Duisburg haben − neben weiteren Projekten − mit dem Bau einer innovativen Kraft-Wärme-Kopplungsanlage (iKWK) an der Kläranlage der Wirtschaftsbetriebe Duisburg im südlich gelegenen Stadtteil Huckingen begonnen. Bei dieser iKWK-Anlage werden künftig auch Wärmepumpen mit eingesetzt, welche die im bereits geklärten Abwasser enthaltene Restwärme nutzen, um sie dem Fernwärmenetz zuzuführen.

Zur Anlage gehören außerdem zwei Blockheizkraftwerke, die jeweils 4,5 MW elektrisch und 4,7 MW thermisch leisten und im Heizwerk Mitte der Stadtwerke Duisburg an der Bungertstraße errichtet werden. Der Versorger hatte das Projekt an der Kläranlage im Juli 2021 zur iKWK-Ausschreibung bei der Bundesnetzagentur eingereicht und den Zuschlag zur Förderung über 45.000 Betriebsstunden erhalten. Insgesamt investiert er dort 27 Millionen Euro.

Zeppelin Power Systems verantwortet in Duisburg und damit in einem der größten iKWK-Projekte, die bundesweit derzeit im Bau sind, die Planung und Umsetzung der Großwärmepumpenanlage − angefangen beim Tief- und Hoch- bis hin zum Anlagenbau. „In den nächsten Wochen werden wir mit dem Bau des Gebäudes auf dem Gelände der Kläranlage für die Wärmepumpenanlage beginnen“, sagt Daniel Schäfer, Vertriebsingenieur und Projektleiter bei Zeppelin Power Systems, im Gespräch mit E&M. „Im Frühjahr 2025 soll die Anlage in Betrieb genommen werden.“

Je nach Jahreszeit hat das Abwasser eine Temperatur zwischen 8 und 25 Grad Celsius. Sobald es wärmer als 10 Grad ist, kann es für den Einsatz der zwei geplanten Wärmepumpen, die vom Hersteller Johnson Controls stammen, effizient genutzt werden. „Wir werden das geklärte Wasser um rund fünf Kelvin abkühlen und diesem entsprechend Wärme entziehen“, erklärt Schäfer. Das entspricht laut Zeppelin rund 3 MW thermischer Leistung, die regenerativ zur Verfügung stehen. Die Wärmepumpenanlage stellt dann dem Fernwärmenetz eine Heizleistung von etwa 4 MW mit einer Vorlauftemperatur von rund 75 Grad Celsius bereit. 

Durch das Entziehen der Wärme aus dem gereinigten Wasser der Kläranlage fließt kühleres Wasser in den Rhein und wirkt dem zusätzlichen Aufwärmen des Flusses entgegen. Die Anlage sei somit ein Gewinn für die emissionsarme Wärmeerzeugung und leiste einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze.

Eine der größten Herausforderungen für den anstehenden Bau sei es, erklärt Schäfer, dass der „Bau des Entnahmeschachts für das geklärte Abwasser im laufenden Betrieb der Kläranlage erfolgen muss“. Weitere Herausforderungen lägen später darin, die einzelnen Anlagen-Komponenten zu einem Gesamtsystem zusammenzubringen: „Beispielsweise der Rohrbündelwärmertauscher und die davor geschaltete Reinigungsanlage müssen später zu 100 Prozent aufeinander abgestimmt sein, um einen einwandfreien Betrieb sicherzustellen“, sagt Schäfer. 
 
Neben der Kläranlage in Huckingen entsteht eine Erzeugungsanlage mit Wärmepumpen
Quelle: Daniel Tomczak / Stadtwerke Duisburg

Für Zeppelin Power Systems ist dies das zweite Großwärmepumpenprojekt, welches geklärtes Abwasser als Wärmequelle nutzt. Ein erstes hatte das Unternehmen mit den Stadtwerken Lemgo umgesetzt. „Wärmepumpenanlagen werden in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung von Nah- und Fernwärmenetzen spielen“, zeigt sich Schäfer überzeugt. „Wir freuen uns daher, gemeinsam mit den Stadtwerken Duisburg eine Referenzanlage dieser Größe realisieren zu dürfen.“

Zeppelin hat derzeit weitere Großwärmepumpenprojekte in der Pipeline. 
Das Unternehmen will bei den Großwärmepumpen herstellerunabhängig bleiben. Schäfer: „Wir wollen auch künftig das für das Projekt passende Modell wählen können.“ Der Bau von solchen Großwärmepumpenanlagen werde für Zeppelin Power Systems in Zukunft eine immer größere Bedeutung gewinnen: „Wir bauen uns mit den Großwärmepumpen ein weiteres Standbein auf“, so Schäfer. Blockheizkraftwerke blieben aber weiterhin wichtigstes Geschäftsfeld. „Wir sehen, dass sich der Markt für Großwärmepumpenprojekte, zum Teil auch kombiniert mit KWK-Anlagen, sehr stark entwickelt.“

Für die Stadtwerke Duisburg ist die Anlage am Klärwerk ein Baustein von mehreren, um die Energieversorgung künftig klimaneutral bereitstellen zu können. 

Mannheim hat Flusswasserwärmepumpe in Betrieb genommen

Bis 2030 will auch der Mannheimer Versorger MVV Energie die Fernwärme für Mannheim und Umgebung aus klimafreundlichen Energiequellen erzeugen. Mit der Inbetriebnahme ihrer ersten Flusswärmepumpe im Oktober sind die Baden-Württemberger diesem Ziel ebenfalls ein Stück näher gekommen: 3.500 Haushalte würden ab sofort mit klimafreundlicher Wärme aus dem Rheinwasser versorgt, heißt es aus dem Unternehmen.

Die von Siemens Energy gelieferte Großwärmepumpe (20 MWth und 7 MWel), die die Grosskraftwerk Mannheim AG (GKM) für die MVV betreibt, gehört aktuell zu einer der größten in ein Fernwärmenetz integrierten Wärmepumpen deutschlandweit. Sie sei auch eine der größten Anlagen ihrer Art in Europa, so die MVV.

Die MVV-Flusswärmepumpe nutzt die vorhandene Infrastruktur der GKM − insbesondere den leistungsfähigen Wassereinlauf, den Wasserauslauf und die Anbindung an das Fernwärmenetz. Zusammen mit dem Fernwärmegroßspeicher, der auf dem Gelände der GKM bereits vorhanden ist, bieten sich vielfältige Speicher- und Kombinationsmöglichkeiten, so Holger Becker, kaufmännischer Vorstand der Grosskraftwerk Mannheim. 
 
Haben gemeinsam die MVV-Flusswärmepumpe offiziell in Betrieb genommen (v.l.): Dr. Hansjörg Roll, Vorstand Technik MVV Energie AG, Christian Maaß, Abteilungsleiter im Bundeswirtschaftsministerium, Christian Specht, Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, Thekla Walker, Umweltministerin des Landes Baden-Württemberg und MdL (Grüne), Dr. Georg Müller, Vorstandsvorsitzender MVV Energie AG, Dr. Kerstin Böcker, Vorstand Personal der GKM, Gerard Uytdewilligen, Technischer GKM-Vorstand, und Vanessa Bauch, Leiterin Dezentrale Energieerzeugung bei Siemens Energy
Quelle: MVV Energie

Am Standort der GKM bietet es sich an, die vorhandenen Kühlwasserbauwerke der Kohleblöcke zu nutzen, um den Rhein als große Wärmequelle zu erschließen. Die Vorteile liegen hier einerseits in den im Großkraftwerk bereits installierten Anlagen zur Fernwärmenetzeinspeisung (Rohrleitungen, Fernwärmespeicher, elektrischer Netzanschluss) und andererseits in dem leichten Zugang zum Rheinwasser.
Besonderes Timing und Fingerspitzengefühl seien bei der Einbindung der Anlage in die Leittechnik, beim Einbau der Rheinwasserpumpe mit den dazugehörigen Rohrleitungen und Armaturen in das bestehende Kühlwasserpumpenhaus und bei der Verlegung der Leitungen für das Rheinwasser und die Fernwärme im laufenden Betrieb gefragt gewesen, sagt Gerard Uytdewilligen, Technischer Vorstand der Grosskraftwerk Mannheim AG.

Gebaut wurde die MVV-Flusswärmepumpe von Siemens Energy in Schweden, die Anlieferung nach Mannheim erfolgte per Lkw. „Großwärmepumpen wie die in Mannheim machen Wärme aus Gewässern oder industrieller Abwärme auch für Fernwärmenetze nutzbar. Mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben, kann diese Technologie insbesondere in städtischen Räumen ein wichtiger Hebel für die Wärmewende sein“, so Vanessa Bauch, Leiterin Dezentrale Energieerzeugung bei Siemens Energy.

Die größten Herausforderungen lagen laut dem Mannheimer Versorger in der Skalierung der für ein Fernwärmenetz von der Größe von Mannheims benötigten Leistungen einer Großwärmepumpe. „Größere Wärmepumpenanlagen in Fernwärmenetzen sind nicht neu und werden zum Beispiel in vielen skandinavischen Ländern seit den 1980er-Jahren im Megawatt-Bereich eingesetzt. Durch den jetzt in Deutschland beschlossenen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieträger besteht auch für Fernwärmenetze die Herausforderung, diese Technik in den 100-Megawatt-Bereich zu skalieren, um einen substanziellen Beitrag neben anderen Wärmequellen zu leisten“, so die Mannheimer MVV.

Die MVV-Flusswärmepumpe ist im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Reallabors der Energiewende „Großwärmepumpen in Fernwärmenetzen“ eine von insgesamt fünf Großwärmepumpen, die derzeit an verschiedenen Standorten in Deutschland mit unterschiedlichen Umweltwärmequellen installiert werden.

Reallabore sollen Erfahrungen aus der Praxis sammeln

An den fünf Standorten des Reallabors GWP in Mannheim (MVV Energie AG), Rosenheim (Stadtwerke Rosenheim), Stuttgart-Münster (EnBW), Berlin-Neukölln (Fernheizwerk Neukölln) und Berlin-Köpenick (Vattenfall Wärme Berlin) errichten die jeweiligen Kraftwerksbetreiber und Energieversorger ihre Anlagen nah an bestehenden Wärmeerzeugern.

​„Reallabore bringen neue Technologien und innovative Lösungen schnell und sicher in die Anwendung. Gleichzeitig zeigen sie, wie Innovationen rechtlich, technisch oder auch ökonomisch geregelt werden sollten, damit sie möglichst systemdienlich in bestehende Strom- und Wärmenetze eingebunden werden. Die MVV-Flusswärmepumpe ist ein erfolgreiches Beispiel für die Transformation in der Wärmeversorgung und zeigt, welche Rolle Großwärmepumpen in Zukunft in grünen Wärmenetzen spielen können“, betont Christian Maaß, Abteilungsleiter im Bundeswirtschaftsministerium.

Donnerstag, 14.12.2023, 08:55 Uhr
Heidi Roider
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Ein neuer Markt entwickelt sich
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung
Ein neuer Markt entwickelt sich
Fernwärmeerzeugung mittels Großwärmepumpen spielt bundesweit (noch) fast keine Rolle. Für Stadtwerke ist die Technik Neuland, die zudem flexibel mit weiteren Komponenten arbeiten muss.
Großwärmepumpen gelten als ein wichtiger Hebel, um Fernwärmenetze künftig „grün“ betreiben zu können. Doch auch wenn ihre Technologie ausgereift ist, betreten die Energieversorger bei der Umsetzung solcher Großwärmepumpenprojekte hierzulande noch weitestgehend Neuland. Duisburg und Mannheim zeigen exemplarisch, mit welchen Herausforderungen Planer und Stadtwerke bei Großwärmepumpenanlagen konfrontiert sind. Parallel läuft ein umfangreiches Forschungsprojekt. 

Die Stadtwerke Duisburg haben − neben weiteren Projekten − mit dem Bau einer innovativen Kraft-Wärme-Kopplungsanlage (iKWK) an der Kläranlage der Wirtschaftsbetriebe Duisburg im südlich gelegenen Stadtteil Huckingen begonnen. Bei dieser iKWK-Anlage werden künftig auch Wärmepumpen mit eingesetzt, welche die im bereits geklärten Abwasser enthaltene Restwärme nutzen, um sie dem Fernwärmenetz zuzuführen.

Zur Anlage gehören außerdem zwei Blockheizkraftwerke, die jeweils 4,5 MW elektrisch und 4,7 MW thermisch leisten und im Heizwerk Mitte der Stadtwerke Duisburg an der Bungertstraße errichtet werden. Der Versorger hatte das Projekt an der Kläranlage im Juli 2021 zur iKWK-Ausschreibung bei der Bundesnetzagentur eingereicht und den Zuschlag zur Förderung über 45.000 Betriebsstunden erhalten. Insgesamt investiert er dort 27 Millionen Euro.

Zeppelin Power Systems verantwortet in Duisburg und damit in einem der größten iKWK-Projekte, die bundesweit derzeit im Bau sind, die Planung und Umsetzung der Großwärmepumpenanlage − angefangen beim Tief- und Hoch- bis hin zum Anlagenbau. „In den nächsten Wochen werden wir mit dem Bau des Gebäudes auf dem Gelände der Kläranlage für die Wärmepumpenanlage beginnen“, sagt Daniel Schäfer, Vertriebsingenieur und Projektleiter bei Zeppelin Power Systems, im Gespräch mit E&M. „Im Frühjahr 2025 soll die Anlage in Betrieb genommen werden.“

Je nach Jahreszeit hat das Abwasser eine Temperatur zwischen 8 und 25 Grad Celsius. Sobald es wärmer als 10 Grad ist, kann es für den Einsatz der zwei geplanten Wärmepumpen, die vom Hersteller Johnson Controls stammen, effizient genutzt werden. „Wir werden das geklärte Wasser um rund fünf Kelvin abkühlen und diesem entsprechend Wärme entziehen“, erklärt Schäfer. Das entspricht laut Zeppelin rund 3 MW thermischer Leistung, die regenerativ zur Verfügung stehen. Die Wärmepumpenanlage stellt dann dem Fernwärmenetz eine Heizleistung von etwa 4 MW mit einer Vorlauftemperatur von rund 75 Grad Celsius bereit. 

Durch das Entziehen der Wärme aus dem gereinigten Wasser der Kläranlage fließt kühleres Wasser in den Rhein und wirkt dem zusätzlichen Aufwärmen des Flusses entgegen. Die Anlage sei somit ein Gewinn für die emissionsarme Wärmeerzeugung und leiste einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze.

Eine der größten Herausforderungen für den anstehenden Bau sei es, erklärt Schäfer, dass der „Bau des Entnahmeschachts für das geklärte Abwasser im laufenden Betrieb der Kläranlage erfolgen muss“. Weitere Herausforderungen lägen später darin, die einzelnen Anlagen-Komponenten zu einem Gesamtsystem zusammenzubringen: „Beispielsweise der Rohrbündelwärmertauscher und die davor geschaltete Reinigungsanlage müssen später zu 100 Prozent aufeinander abgestimmt sein, um einen einwandfreien Betrieb sicherzustellen“, sagt Schäfer. 
 
Neben der Kläranlage in Huckingen entsteht eine Erzeugungsanlage mit Wärmepumpen
Quelle: Daniel Tomczak / Stadtwerke Duisburg

Für Zeppelin Power Systems ist dies das zweite Großwärmepumpenprojekt, welches geklärtes Abwasser als Wärmequelle nutzt. Ein erstes hatte das Unternehmen mit den Stadtwerken Lemgo umgesetzt. „Wärmepumpenanlagen werden in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung von Nah- und Fernwärmenetzen spielen“, zeigt sich Schäfer überzeugt. „Wir freuen uns daher, gemeinsam mit den Stadtwerken Duisburg eine Referenzanlage dieser Größe realisieren zu dürfen.“

Zeppelin hat derzeit weitere Großwärmepumpenprojekte in der Pipeline. 
Das Unternehmen will bei den Großwärmepumpen herstellerunabhängig bleiben. Schäfer: „Wir wollen auch künftig das für das Projekt passende Modell wählen können.“ Der Bau von solchen Großwärmepumpenanlagen werde für Zeppelin Power Systems in Zukunft eine immer größere Bedeutung gewinnen: „Wir bauen uns mit den Großwärmepumpen ein weiteres Standbein auf“, so Schäfer. Blockheizkraftwerke blieben aber weiterhin wichtigstes Geschäftsfeld. „Wir sehen, dass sich der Markt für Großwärmepumpenprojekte, zum Teil auch kombiniert mit KWK-Anlagen, sehr stark entwickelt.“

Für die Stadtwerke Duisburg ist die Anlage am Klärwerk ein Baustein von mehreren, um die Energieversorgung künftig klimaneutral bereitstellen zu können. 

Mannheim hat Flusswasserwärmepumpe in Betrieb genommen

Bis 2030 will auch der Mannheimer Versorger MVV Energie die Fernwärme für Mannheim und Umgebung aus klimafreundlichen Energiequellen erzeugen. Mit der Inbetriebnahme ihrer ersten Flusswärmepumpe im Oktober sind die Baden-Württemberger diesem Ziel ebenfalls ein Stück näher gekommen: 3.500 Haushalte würden ab sofort mit klimafreundlicher Wärme aus dem Rheinwasser versorgt, heißt es aus dem Unternehmen.

Die von Siemens Energy gelieferte Großwärmepumpe (20 MWth und 7 MWel), die die Grosskraftwerk Mannheim AG (GKM) für die MVV betreibt, gehört aktuell zu einer der größten in ein Fernwärmenetz integrierten Wärmepumpen deutschlandweit. Sie sei auch eine der größten Anlagen ihrer Art in Europa, so die MVV.

Die MVV-Flusswärmepumpe nutzt die vorhandene Infrastruktur der GKM − insbesondere den leistungsfähigen Wassereinlauf, den Wasserauslauf und die Anbindung an das Fernwärmenetz. Zusammen mit dem Fernwärmegroßspeicher, der auf dem Gelände der GKM bereits vorhanden ist, bieten sich vielfältige Speicher- und Kombinationsmöglichkeiten, so Holger Becker, kaufmännischer Vorstand der Grosskraftwerk Mannheim. 
 
Haben gemeinsam die MVV-Flusswärmepumpe offiziell in Betrieb genommen (v.l.): Dr. Hansjörg Roll, Vorstand Technik MVV Energie AG, Christian Maaß, Abteilungsleiter im Bundeswirtschaftsministerium, Christian Specht, Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, Thekla Walker, Umweltministerin des Landes Baden-Württemberg und MdL (Grüne), Dr. Georg Müller, Vorstandsvorsitzender MVV Energie AG, Dr. Kerstin Böcker, Vorstand Personal der GKM, Gerard Uytdewilligen, Technischer GKM-Vorstand, und Vanessa Bauch, Leiterin Dezentrale Energieerzeugung bei Siemens Energy
Quelle: MVV Energie

Am Standort der GKM bietet es sich an, die vorhandenen Kühlwasserbauwerke der Kohleblöcke zu nutzen, um den Rhein als große Wärmequelle zu erschließen. Die Vorteile liegen hier einerseits in den im Großkraftwerk bereits installierten Anlagen zur Fernwärmenetzeinspeisung (Rohrleitungen, Fernwärmespeicher, elektrischer Netzanschluss) und andererseits in dem leichten Zugang zum Rheinwasser.
Besonderes Timing und Fingerspitzengefühl seien bei der Einbindung der Anlage in die Leittechnik, beim Einbau der Rheinwasserpumpe mit den dazugehörigen Rohrleitungen und Armaturen in das bestehende Kühlwasserpumpenhaus und bei der Verlegung der Leitungen für das Rheinwasser und die Fernwärme im laufenden Betrieb gefragt gewesen, sagt Gerard Uytdewilligen, Technischer Vorstand der Grosskraftwerk Mannheim AG.

Gebaut wurde die MVV-Flusswärmepumpe von Siemens Energy in Schweden, die Anlieferung nach Mannheim erfolgte per Lkw. „Großwärmepumpen wie die in Mannheim machen Wärme aus Gewässern oder industrieller Abwärme auch für Fernwärmenetze nutzbar. Mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben, kann diese Technologie insbesondere in städtischen Räumen ein wichtiger Hebel für die Wärmewende sein“, so Vanessa Bauch, Leiterin Dezentrale Energieerzeugung bei Siemens Energy.

Die größten Herausforderungen lagen laut dem Mannheimer Versorger in der Skalierung der für ein Fernwärmenetz von der Größe von Mannheims benötigten Leistungen einer Großwärmepumpe. „Größere Wärmepumpenanlagen in Fernwärmenetzen sind nicht neu und werden zum Beispiel in vielen skandinavischen Ländern seit den 1980er-Jahren im Megawatt-Bereich eingesetzt. Durch den jetzt in Deutschland beschlossenen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieträger besteht auch für Fernwärmenetze die Herausforderung, diese Technik in den 100-Megawatt-Bereich zu skalieren, um einen substanziellen Beitrag neben anderen Wärmequellen zu leisten“, so die Mannheimer MVV.

Die MVV-Flusswärmepumpe ist im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Reallabors der Energiewende „Großwärmepumpen in Fernwärmenetzen“ eine von insgesamt fünf Großwärmepumpen, die derzeit an verschiedenen Standorten in Deutschland mit unterschiedlichen Umweltwärmequellen installiert werden.

Reallabore sollen Erfahrungen aus der Praxis sammeln

An den fünf Standorten des Reallabors GWP in Mannheim (MVV Energie AG), Rosenheim (Stadtwerke Rosenheim), Stuttgart-Münster (EnBW), Berlin-Neukölln (Fernheizwerk Neukölln) und Berlin-Köpenick (Vattenfall Wärme Berlin) errichten die jeweiligen Kraftwerksbetreiber und Energieversorger ihre Anlagen nah an bestehenden Wärmeerzeugern.

​„Reallabore bringen neue Technologien und innovative Lösungen schnell und sicher in die Anwendung. Gleichzeitig zeigen sie, wie Innovationen rechtlich, technisch oder auch ökonomisch geregelt werden sollten, damit sie möglichst systemdienlich in bestehende Strom- und Wärmenetze eingebunden werden. Die MVV-Flusswärmepumpe ist ein erfolgreiches Beispiel für die Transformation in der Wärmeversorgung und zeigt, welche Rolle Großwärmepumpen in Zukunft in grünen Wärmenetzen spielen können“, betont Christian Maaß, Abteilungsleiter im Bundeswirtschaftsministerium.

Donnerstag, 14.12.2023, 08:55 Uhr
Heidi Roider

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