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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Bioethanolmarkt wächst trotz Regulierung
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung

Bioethanolmarkt wächst trotz Regulierung

Bioethanol ist ein gängiger flüssiger Alternativkraftstoff. Trotz oder wegen Krisen wuchs der Markt 2021 kräftig. Die neue EU-Erneuerbaren-Richtlinie RED III wird ihn weiter stützen.
Biokraftstoffe wurden jahrelang von der Politik eher stiefmütterlich behandelt. Im Zuge des Ukraine-Krieges wurde die Tank-Teller-Diskussion, ein Hauptargument insbesondere gegen Treibstoffe aus Anbaubiomasse bei Bioethanol oder Biodiesel, von Bundesumweltministern Steffi Lemke (Grüne) wieder ausgegraben, um den Biokraftstoffen den Garaus zu machen.

Das Bundesverkehrsministerium unter Volker Wissing (FDP) wehrte sich gegen diese Sichtweise, da es keine andere Möglichkeit sah, zeitnah die Treibhausgasquoten (THG) im Verkehr zu erfüllen. Und tatsächlich ist dies nur durch die klassischen Biokraftstoffe der ersten Generation möglich. Zudem hatten sich Befürchtungen, dass Lieferungen aus der Ukraine ausbleiben könnten, letztlich nicht bestätigt, der Markt war auch 2022 ausreichend mit Rohstoffen und landwirtschaftlichen Produkten versorgt (siehe Interview mit Elmar Baumann vom Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie).

Rohstofffrage durch Ukraine-Krieg

Dabei war der Ukraine-Krieg, wie in anderen Rohstoffmärkten auch, nicht die Ursache für hohe Agrarpreise. Die gab es schon seit Herbst 2021, vornehmlich durch das Anziehen der weltweiten Konjunktur nach Corona, die auf ein mangelndes Angebot traf. Inzwischen ist die Lage etwas stabiler. Statt 1.000 Euro je Tonne Raps fiel der Preis nach der Ernte im vergangenen Sommer auf 600 Euro je Tonne. Letztlich ist es also gelungen, die anfänglichen Mängel wieder auszugleichen und drohende Ernteausfälle aus der Ukraine und auch aus Russland zu ersetzen.

Trotz der steigenden Preise zeigte sich der Markt für Bioethanol 2022 robust − auch auf Grundlage der hohen deutschen THG-Minderungsquote, die durch das neue Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) deutlich über die EU-Richtlinie RED II hinausgeht. Der Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe) sah einen gesteigerten Absatz von Bioethanol, das hierzulande bis zu 5 oder 10 Prozent zu Benzin beigemischt wird, von 4,5 Prozent auf 1,15 Millionen Tonnen. Im gleichen Zeitraum stieg der Absatz von Benzin um nur 1,6 Prozent auf 16,5 Millionen Tonnen. Damit erhöhte sich auch die Menge von Bioethanol beim Benzinabsatz.

Ein Grund dafür sind sicher die gestiegenen Kraftstoffkosten seit Herbst 2021, wobei die Spritsorte E10 (mit 10 Prozent Bioethanol) immer etwas günstiger ist als E5. So ist der Anteil von E10 von 14 Prozent im Jahr 2020 auf 17 Prozent geklettert. Der Verband schätzt, dass der durchschnittliche Anteil von Bioethanol quer durch alle Benzinsorten von 6,4 auf 6,6 Prozent gestiegen ist. Diese Entwicklung sollte auch anhalten, da die THG-Minderungsquote mit Beginn 2022 von 6 auf 7 Prozent angehoben wurde. Mit Beginn dieses Jahres stieg sie auf 8 Prozent und soll stufenweise bis 2030 25 Prozent erreichen. Dies wäre nicht möglich ohne Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse sowie den Zuwachs bei fortschrittlichen Biokraftstoffen, etwa Bioethanol aus Reststoffen wie Stroh.

Insgesamt nahm auch die Bioethanolproduktion zu, die vorrangig in den agrarisch geprägten Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Bayern beheimatet ist. 2021 wurden 700.000 Tonnen Bioethanol erzeugt, 0,6 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Als Rohstoff diente zu 83 Prozent Futtergetreide und zu 17 Prozent Zuckerrüben.

Teure Energie bedroht Wachstum

Die an sich erfreuliche Entwicklung im Markt führt jedoch zu einem Paradoxon: Zwar können Hersteller wie „CropEnergies“ und Verbio zurzeit Bioethanol zu höheren Preisen absetzen. Allerdings schlagen auf der Produktionsseite die ebenfalls höheren Energiekosten zu Buche. Crop Energies hat bereits angekündigt, dass man ab Januar 2023 nur zu einem geringeren Maße von den Absicherungspositionen profitieren könne, die noch vor dem sprunghaften Anstieg der Energie- und Strompreise abgeschlossen wurden. Heißt: Ab dann müssen die höheren Energiepreise eingepreist werden.

Zudem drücken aktuell Importe aus den USA und Brasilien auf die Absatzpreise. Die Importeure profitieren dabei von dort deutlich niedrigeren Energiekosten. Crop Energies will deshalb prüfen, ob die Produktionsanlagen weiterhin hoch ausgelastet werden, so etwa die Anlage der Tochtergesellschaft Ensus in Wilton, Großbritannien, die jährlich 400.000 Kubikmeter Ethanol produzieren kann.

Crop Energies bestätigt dennoch die Prognose für das laufende Geschäftsjahr über einen Umsatz von 1,47 bis 1,57 Milliarden Euro (Vorjahr: 1,08 Milliarden Euro) bei einem operativen Ergebnis von 215 bis 265 Millionen Euro (Vorjahr: 127 Millionen Euro). Hauptgrund für die verbesserte Ergebniserwartung sind die seit Geschäftsjahresbeginn hohen Ethanolpreise.

Branchenprimus Verbio sieht die Entwicklung ebenfalls positiv. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Gesamtproduktion von Biodiesel und Bioethanol 2022 auf 838.132 Tonnen an (Vorjahr: 834.541 Tonnen). Die Kapazitätsauslastung der Anlagen lag bei 91,1 Prozent. 1,03 Milliarden Euro wurden umgesetzt und ein Jahresüberschuss von 93 Millionen Euro erzielt. „Erstmals führen wir mit der Politik Gespräche auf Augenhöhe und werden als Teil der Lösung wahrgenommen. Der Krieg in der Ukraine hat das Bewusstsein von Politik und Öffentlichkeit hierzulande dramatisch verändert“, sieht Claus Sauter, Vorstandsvorsitzender von Verbio, auch auf politischer Ebene inzwischen Gesprächsbereitschaft. Allerdings orientiert sich Verbio in seinen Investitionen mehr ins Ausland. Sauter: „Wir schauen nach Nordamerika. Dort fliegt Bioethanol, weil es von der Biden-Regierung gefördert wird. Indien ist ebenso ein Fokus-Markt. Dennoch investieren wir auch weiter in Deutschland.“
 

Baumann: „Steigende THG-Quoten werden den Absatz ankurbeln“

Interview mit Elmar Baumann, dem Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB)
 
Elmar Baumann
Quelle: VDB

E&M: Herr Baumann, wie ist der aktuelle Stand bei der RED III?

Baumann: Wir erwarten die Verabschiedung in diesem Jahr. Dann wird sie von allen Mitgliedstaaten umgesetzt. Man kann aber schon jetzt sagen, dass wir in Deutschland das, was da kommt, bereits weitgehend verwirklicht haben: durch die ambitionierte Umsetzung der RED II im Bundesimmissionsschutzgesetz und die Novelle der 38. Bundesimmissionsschutzverordnung. Eine THG-Quotenregelung haben wir in Deutschland seit 2015. Letztlich sind wir deutlich über die Vorgaben von RED II hinausgegangen. Was noch fehlt, ist die Unterquote für strombasierte Kraftstoffe. In der RED III heißen sie ‚RFNBO‘ (Renewable Fuel of Non-Biological Origin), in Deutschland nennen wir sie ‚PtX‘ (Power-to-X) oder ‚eFuels‘.

E&M: Die Zukunft für Biokraftstoff ist also rosig?

Baumann: 2030 soll der Straßenverkehr eine THG-Quote von 25 Prozent erfüllen. Dafür werden alle Optionen benötigt: Elektroautos, Biokraftstoffe, Wasserstoff und E-Fuels. In jedem Fall werden alle Biokraftstoffe gebraucht, um die Quoten bis 2030 zu erfüllen. Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse, also zum Beispiel Ethanol aus Getreide und Biodiesel aus Rapsöl, werden nach unserem Szenario auf einen energetischen Anteil von 4,4 Prozent kommen, das ist etwas mehr als heute.

E&M: Wie sieht es mit den fortschrittlichen, also reststoffbasierten Biokraftstoffen aus?

Baumann: Die werden nach unserer Einschätzung erheblich wachsen. Wir gehen davon aus, dass die verbindliche Unterquote deutlich übertroffen wird, und rechnen mit einem Anteil von 3,5 Prozent im Jahr 2030. Einige unserer Mitgliedsunternehmen haben erhebliche Anstrengungen unternommen und produzieren bereits fortschrittliche Biokraftstoffe, etwa Biomethan aus Stroh und den Resten der Bioethanolproduktion sowie Biodiesel aus bestimmten Reststoffen. Das wird insgesamt zu mehr Biokraftstoffen im Markt führen.

E&M: Also rundum gute Aussichten?

Baumann: Das Jahr 2023 sehen wir positiv, die steigenden Quoten werden den Absatz ankurbeln. Das gilt auch für fortschrittliche Biokraftstoffe, für die der deutsche Markt ein Magnet geworden ist. Allerdings ist das kein Selbstläufer. Das Vorhaben von Bundesumweltministerin Steffi Lemke, Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse bis 2030 schrittweise vom deutschen Markt auszuschließen, hätte gravierende Folgen. Niemand investiert in diesem Bereich in Deutschland, wenn die Bundesregierung den Bestand an Produktionsanlagen (für erneuerbare Kraftstoffe; d. Red.) ruiniert. Da Klimaschutz im Straßenverkehr ohne Biokraftstoffe unmöglich ist, haben die anderen betroffenen Ressorts den Vorschlag aus dem Umweltministerium zurückgewiesen. Stabile Rahmenbedingungen und rationale Politik sind unabdingbar für unsere Branche.


 

Freitag, 13.01.2023, 09:08 Uhr
Frank Urbansky
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Bioethanolmarkt wächst trotz Regulierung
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung
Bioethanolmarkt wächst trotz Regulierung
Bioethanol ist ein gängiger flüssiger Alternativkraftstoff. Trotz oder wegen Krisen wuchs der Markt 2021 kräftig. Die neue EU-Erneuerbaren-Richtlinie RED III wird ihn weiter stützen.
Biokraftstoffe wurden jahrelang von der Politik eher stiefmütterlich behandelt. Im Zuge des Ukraine-Krieges wurde die Tank-Teller-Diskussion, ein Hauptargument insbesondere gegen Treibstoffe aus Anbaubiomasse bei Bioethanol oder Biodiesel, von Bundesumweltministern Steffi Lemke (Grüne) wieder ausgegraben, um den Biokraftstoffen den Garaus zu machen.

Das Bundesverkehrsministerium unter Volker Wissing (FDP) wehrte sich gegen diese Sichtweise, da es keine andere Möglichkeit sah, zeitnah die Treibhausgasquoten (THG) im Verkehr zu erfüllen. Und tatsächlich ist dies nur durch die klassischen Biokraftstoffe der ersten Generation möglich. Zudem hatten sich Befürchtungen, dass Lieferungen aus der Ukraine ausbleiben könnten, letztlich nicht bestätigt, der Markt war auch 2022 ausreichend mit Rohstoffen und landwirtschaftlichen Produkten versorgt (siehe Interview mit Elmar Baumann vom Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie).

Rohstofffrage durch Ukraine-Krieg

Dabei war der Ukraine-Krieg, wie in anderen Rohstoffmärkten auch, nicht die Ursache für hohe Agrarpreise. Die gab es schon seit Herbst 2021, vornehmlich durch das Anziehen der weltweiten Konjunktur nach Corona, die auf ein mangelndes Angebot traf. Inzwischen ist die Lage etwas stabiler. Statt 1.000 Euro je Tonne Raps fiel der Preis nach der Ernte im vergangenen Sommer auf 600 Euro je Tonne. Letztlich ist es also gelungen, die anfänglichen Mängel wieder auszugleichen und drohende Ernteausfälle aus der Ukraine und auch aus Russland zu ersetzen.

Trotz der steigenden Preise zeigte sich der Markt für Bioethanol 2022 robust − auch auf Grundlage der hohen deutschen THG-Minderungsquote, die durch das neue Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) deutlich über die EU-Richtlinie RED II hinausgeht. Der Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe) sah einen gesteigerten Absatz von Bioethanol, das hierzulande bis zu 5 oder 10 Prozent zu Benzin beigemischt wird, von 4,5 Prozent auf 1,15 Millionen Tonnen. Im gleichen Zeitraum stieg der Absatz von Benzin um nur 1,6 Prozent auf 16,5 Millionen Tonnen. Damit erhöhte sich auch die Menge von Bioethanol beim Benzinabsatz.

Ein Grund dafür sind sicher die gestiegenen Kraftstoffkosten seit Herbst 2021, wobei die Spritsorte E10 (mit 10 Prozent Bioethanol) immer etwas günstiger ist als E5. So ist der Anteil von E10 von 14 Prozent im Jahr 2020 auf 17 Prozent geklettert. Der Verband schätzt, dass der durchschnittliche Anteil von Bioethanol quer durch alle Benzinsorten von 6,4 auf 6,6 Prozent gestiegen ist. Diese Entwicklung sollte auch anhalten, da die THG-Minderungsquote mit Beginn 2022 von 6 auf 7 Prozent angehoben wurde. Mit Beginn dieses Jahres stieg sie auf 8 Prozent und soll stufenweise bis 2030 25 Prozent erreichen. Dies wäre nicht möglich ohne Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse sowie den Zuwachs bei fortschrittlichen Biokraftstoffen, etwa Bioethanol aus Reststoffen wie Stroh.

Insgesamt nahm auch die Bioethanolproduktion zu, die vorrangig in den agrarisch geprägten Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Bayern beheimatet ist. 2021 wurden 700.000 Tonnen Bioethanol erzeugt, 0,6 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Als Rohstoff diente zu 83 Prozent Futtergetreide und zu 17 Prozent Zuckerrüben.

Teure Energie bedroht Wachstum

Die an sich erfreuliche Entwicklung im Markt führt jedoch zu einem Paradoxon: Zwar können Hersteller wie „CropEnergies“ und Verbio zurzeit Bioethanol zu höheren Preisen absetzen. Allerdings schlagen auf der Produktionsseite die ebenfalls höheren Energiekosten zu Buche. Crop Energies hat bereits angekündigt, dass man ab Januar 2023 nur zu einem geringeren Maße von den Absicherungspositionen profitieren könne, die noch vor dem sprunghaften Anstieg der Energie- und Strompreise abgeschlossen wurden. Heißt: Ab dann müssen die höheren Energiepreise eingepreist werden.

Zudem drücken aktuell Importe aus den USA und Brasilien auf die Absatzpreise. Die Importeure profitieren dabei von dort deutlich niedrigeren Energiekosten. Crop Energies will deshalb prüfen, ob die Produktionsanlagen weiterhin hoch ausgelastet werden, so etwa die Anlage der Tochtergesellschaft Ensus in Wilton, Großbritannien, die jährlich 400.000 Kubikmeter Ethanol produzieren kann.

Crop Energies bestätigt dennoch die Prognose für das laufende Geschäftsjahr über einen Umsatz von 1,47 bis 1,57 Milliarden Euro (Vorjahr: 1,08 Milliarden Euro) bei einem operativen Ergebnis von 215 bis 265 Millionen Euro (Vorjahr: 127 Millionen Euro). Hauptgrund für die verbesserte Ergebniserwartung sind die seit Geschäftsjahresbeginn hohen Ethanolpreise.

Branchenprimus Verbio sieht die Entwicklung ebenfalls positiv. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Gesamtproduktion von Biodiesel und Bioethanol 2022 auf 838.132 Tonnen an (Vorjahr: 834.541 Tonnen). Die Kapazitätsauslastung der Anlagen lag bei 91,1 Prozent. 1,03 Milliarden Euro wurden umgesetzt und ein Jahresüberschuss von 93 Millionen Euro erzielt. „Erstmals führen wir mit der Politik Gespräche auf Augenhöhe und werden als Teil der Lösung wahrgenommen. Der Krieg in der Ukraine hat das Bewusstsein von Politik und Öffentlichkeit hierzulande dramatisch verändert“, sieht Claus Sauter, Vorstandsvorsitzender von Verbio, auch auf politischer Ebene inzwischen Gesprächsbereitschaft. Allerdings orientiert sich Verbio in seinen Investitionen mehr ins Ausland. Sauter: „Wir schauen nach Nordamerika. Dort fliegt Bioethanol, weil es von der Biden-Regierung gefördert wird. Indien ist ebenso ein Fokus-Markt. Dennoch investieren wir auch weiter in Deutschland.“
 

Baumann: „Steigende THG-Quoten werden den Absatz ankurbeln“

Interview mit Elmar Baumann, dem Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB)
 
Elmar Baumann
Quelle: VDB

E&M: Herr Baumann, wie ist der aktuelle Stand bei der RED III?

Baumann: Wir erwarten die Verabschiedung in diesem Jahr. Dann wird sie von allen Mitgliedstaaten umgesetzt. Man kann aber schon jetzt sagen, dass wir in Deutschland das, was da kommt, bereits weitgehend verwirklicht haben: durch die ambitionierte Umsetzung der RED II im Bundesimmissionsschutzgesetz und die Novelle der 38. Bundesimmissionsschutzverordnung. Eine THG-Quotenregelung haben wir in Deutschland seit 2015. Letztlich sind wir deutlich über die Vorgaben von RED II hinausgegangen. Was noch fehlt, ist die Unterquote für strombasierte Kraftstoffe. In der RED III heißen sie ‚RFNBO‘ (Renewable Fuel of Non-Biological Origin), in Deutschland nennen wir sie ‚PtX‘ (Power-to-X) oder ‚eFuels‘.

E&M: Die Zukunft für Biokraftstoff ist also rosig?

Baumann: 2030 soll der Straßenverkehr eine THG-Quote von 25 Prozent erfüllen. Dafür werden alle Optionen benötigt: Elektroautos, Biokraftstoffe, Wasserstoff und E-Fuels. In jedem Fall werden alle Biokraftstoffe gebraucht, um die Quoten bis 2030 zu erfüllen. Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse, also zum Beispiel Ethanol aus Getreide und Biodiesel aus Rapsöl, werden nach unserem Szenario auf einen energetischen Anteil von 4,4 Prozent kommen, das ist etwas mehr als heute.

E&M: Wie sieht es mit den fortschrittlichen, also reststoffbasierten Biokraftstoffen aus?

Baumann: Die werden nach unserer Einschätzung erheblich wachsen. Wir gehen davon aus, dass die verbindliche Unterquote deutlich übertroffen wird, und rechnen mit einem Anteil von 3,5 Prozent im Jahr 2030. Einige unserer Mitgliedsunternehmen haben erhebliche Anstrengungen unternommen und produzieren bereits fortschrittliche Biokraftstoffe, etwa Biomethan aus Stroh und den Resten der Bioethanolproduktion sowie Biodiesel aus bestimmten Reststoffen. Das wird insgesamt zu mehr Biokraftstoffen im Markt führen.

E&M: Also rundum gute Aussichten?

Baumann: Das Jahr 2023 sehen wir positiv, die steigenden Quoten werden den Absatz ankurbeln. Das gilt auch für fortschrittliche Biokraftstoffe, für die der deutsche Markt ein Magnet geworden ist. Allerdings ist das kein Selbstläufer. Das Vorhaben von Bundesumweltministerin Steffi Lemke, Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse bis 2030 schrittweise vom deutschen Markt auszuschließen, hätte gravierende Folgen. Niemand investiert in diesem Bereich in Deutschland, wenn die Bundesregierung den Bestand an Produktionsanlagen (für erneuerbare Kraftstoffe; d. Red.) ruiniert. Da Klimaschutz im Straßenverkehr ohne Biokraftstoffe unmöglich ist, haben die anderen betroffenen Ressorts den Vorschlag aus dem Umweltministerium zurückgewiesen. Stabile Rahmenbedingungen und rationale Politik sind unabdingbar für unsere Branche.


 

Freitag, 13.01.2023, 09:08 Uhr
Frank Urbansky

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