E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Bayern - Auch Landkreise dürfen grüne Energieversorger gründen
Quelle: Fotolia / saschi79
Bayern

Auch Landkreise dürfen grüne Energieversorger gründen

Seit 1. Januar dürfen Kommunen aller Ebenen in Bayern Erneuerbaren-Anlagen errichten und betreiben − auch über den eigenen Bedarf hinaus. Einige Landkreise nutzen die neue Freiheit.
Seit 1. Januar ist es in Bayern auch Landkreisen und Bezirken erlaubt, „im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien (zu) errichten und (zu) betreiben“, so das Münchner Innenministerium auf Anfrage dieser Redaktion. Es verweist auf den neuen Artikel 3 Absatz 6 des Bayerischen Klimaschutzgesetzes.

Laut Landesverfassung ist die örtliche Energieversorgung bisher freiwillige Sache der Städte, Märkte und Gemeinden. Jetzt dürfen alle kommunalen Ebenen in die Energieversorgung einsteigen, auch über den Eigenbedarf der Liegenschaften und Kreise hinaus. Das Ministerium begründet die Lockerung mit den „überwiegenden Gemeinwohlbelangen des Klimaschutzes und der sicheren Verfügbarkeit bezahlbarer erneuerbarer Energien“.

Pioniere im Freistaat sind die Landkreise Haßberge und Wunsiedel. Seit 2011 ist der Kreis Haßberge an der „Gesellschaft zur Umsetzung erneuerbarer Technologieprojekte im Landkreis Haßberge mbH“ (GUT) beteiligt, ebenso wie alle seine 26 Gemeinden (wir berichteten). Die GUT erzeugt und liefert zwar nicht selbst Grünenergie, erläutert eine Pressesprecherin des Kreises, unter anderem projektiert und initiiert sie aber entsprechende Kraftwerke und verkauft die Vorhaben dann, wie etwa den Windpark Sailershausen.

​Haßberge will Regionalwerk gründen

Der Kreis selbst erzeugt nur für seine eigenen Liegenschaften Energie. Das soll sich mit der Gründung eines Regionalwerks ändern. Bei der Rechtsaufsicht liege derzeit eine Anfrage, in welcher Form er sich beteiligen darf, so die Sprecherin.

Für ein „einzigartiges“ Konstrukt hält sie den im Oktober 2023 geschlossenen regionalen Klimapakt mit 24 Gemeinden. Demnach soll der Kreis bereits 2030 komplett grün versorgt werden. Bei Strom sei das Ziel seit Mitte 2023 erreicht, hieß es aus Haßfurt.

Besonderheiten des Klimapakts seien eine „agile“ Zusammenarbeit und Themenjahre mit Maßnahmevorschlägen für die Gemeinden. Dieses Jahr ist die kommunale Wärmeplanung dran. Außerdem soll es mehr E-Ladesäulen geben.

Wasserstoff im Fichtelgebirge

Der Landkreis Wunsiedel wiederum ist mit kreisangehörigen Gemeinden seit 2022 an der Gesellschaft „Zukunftsenergie Nordostbayern GmbH“ (Zenob) beteiligt. Ziel ist laut Thomas Edelmann von der Entwicklungsagentur Fichtelgebirge „die Bereitstellung von regenerativ erzeugtem Strom und Wasserstoff. Davon unabhängig werden wir auch eigenverantwortlich PV-Anlagen in Betrieb nehmen.“

Die DPA nennt andere energetisch aktive Kreise: Ober- und Unterallgäu, Cham, Traunstein und Mühldorf. 2023 hat der Landkreis Oberallgäu mit 27 seiner 28 Kommunen die „Energiegesellschaft Oberallgäu“ gegründet, die sich der regenerativen Erzeugung widmet. Landrätin Indra Baier-Müller (Freie Wähler) meint, die Gründung gleiche räumliche und finanzielle Unterschiede im Kreis aus. „Nicht jede Gemeinde kann sich eine eigene Windkraftanlage leisten“, sagt sie. Der angrenzende Landkreis Unterallgäu will 2025 über die Gründung eines Energieversorgers entscheiden.

Projekte „von Voranfrage bis fertig geplant“

Der Landkreis Cham gründete im Mai 2023 gemeinsam mit vier weiteren Kommunen die „Regionalwerke Landkreis Cham GmbH“, die wiederum die Gründung einer kommunalen Energiegesellschaft vorbereitet. Insgesamt 37 von 39 Gemeinden hatten laut Landratsamt vorher Zustimmung zum Beitritt signalisiert. 

Die Regionalwerke verfügten über Projekte „von Voranfrage bis technisch und betriebswirtschaftlich fertig geplant“, teilt ein Behördensprecher mit. Wie im Oberallgäu soll im Bayerischen Wald neben PV-Anlagen und Windkraft die Energiespeicherung zentrales Thema sein. 

Der Landkreis Traunstein schließlich hat die Chiemgau GmbH damit beauftragt, das Energiewende-Potenzial in der Region zu untersuchen. In Zusammenarbeit mit dem Landkreis Mühldorf finde außerdem gerade eine Windkraft-Potenzialmessung statt, so das Landratsamt.

Eine Übersicht fehlt

Wie viele Landkreise außerdem Energieversorger auf den Weg bringen, dazu haben weder Innenministerium noch Wirtschaftsministerium eine Übersicht − Gründungen von Kreis- und Regionalwerken müssen lediglich bei der Rechtsaufsicht angezeigt, aber nicht genehmigt werden. Aus dem Ressort von Minister Joachim Herrmann (CSU) hieß es aber, „die Entwicklung (sei) derzeit noch stark im Fluss“.

In den deutschen Flächenländern waren Landkreise seit dem 19. Jahrhundert oft Gründer von Überlandwerken, wie man heute noch an den Aktionärsstrukturen der EnBW und der Oldenburger EWE ablesen kann. Wie sich der energiewirtschaftliche Spielraum für Landkreise außerhalb Bayerns verhält, das vermochte der Deutsche Landkreistag dieser Redaktion auch nach mehreren Anfragen binnen Wochen nicht zu sagen.

Freitag, 26.01.2024, 15:32 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Bayern - Auch Landkreise dürfen grüne Energieversorger gründen
Quelle: Fotolia / saschi79
Bayern
Auch Landkreise dürfen grüne Energieversorger gründen
Seit 1. Januar dürfen Kommunen aller Ebenen in Bayern Erneuerbaren-Anlagen errichten und betreiben − auch über den eigenen Bedarf hinaus. Einige Landkreise nutzen die neue Freiheit.
Seit 1. Januar ist es in Bayern auch Landkreisen und Bezirken erlaubt, „im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien (zu) errichten und (zu) betreiben“, so das Münchner Innenministerium auf Anfrage dieser Redaktion. Es verweist auf den neuen Artikel 3 Absatz 6 des Bayerischen Klimaschutzgesetzes.

Laut Landesverfassung ist die örtliche Energieversorgung bisher freiwillige Sache der Städte, Märkte und Gemeinden. Jetzt dürfen alle kommunalen Ebenen in die Energieversorgung einsteigen, auch über den Eigenbedarf der Liegenschaften und Kreise hinaus. Das Ministerium begründet die Lockerung mit den „überwiegenden Gemeinwohlbelangen des Klimaschutzes und der sicheren Verfügbarkeit bezahlbarer erneuerbarer Energien“.

Pioniere im Freistaat sind die Landkreise Haßberge und Wunsiedel. Seit 2011 ist der Kreis Haßberge an der „Gesellschaft zur Umsetzung erneuerbarer Technologieprojekte im Landkreis Haßberge mbH“ (GUT) beteiligt, ebenso wie alle seine 26 Gemeinden (wir berichteten). Die GUT erzeugt und liefert zwar nicht selbst Grünenergie, erläutert eine Pressesprecherin des Kreises, unter anderem projektiert und initiiert sie aber entsprechende Kraftwerke und verkauft die Vorhaben dann, wie etwa den Windpark Sailershausen.

​Haßberge will Regionalwerk gründen

Der Kreis selbst erzeugt nur für seine eigenen Liegenschaften Energie. Das soll sich mit der Gründung eines Regionalwerks ändern. Bei der Rechtsaufsicht liege derzeit eine Anfrage, in welcher Form er sich beteiligen darf, so die Sprecherin.

Für ein „einzigartiges“ Konstrukt hält sie den im Oktober 2023 geschlossenen regionalen Klimapakt mit 24 Gemeinden. Demnach soll der Kreis bereits 2030 komplett grün versorgt werden. Bei Strom sei das Ziel seit Mitte 2023 erreicht, hieß es aus Haßfurt.

Besonderheiten des Klimapakts seien eine „agile“ Zusammenarbeit und Themenjahre mit Maßnahmevorschlägen für die Gemeinden. Dieses Jahr ist die kommunale Wärmeplanung dran. Außerdem soll es mehr E-Ladesäulen geben.

Wasserstoff im Fichtelgebirge

Der Landkreis Wunsiedel wiederum ist mit kreisangehörigen Gemeinden seit 2022 an der Gesellschaft „Zukunftsenergie Nordostbayern GmbH“ (Zenob) beteiligt. Ziel ist laut Thomas Edelmann von der Entwicklungsagentur Fichtelgebirge „die Bereitstellung von regenerativ erzeugtem Strom und Wasserstoff. Davon unabhängig werden wir auch eigenverantwortlich PV-Anlagen in Betrieb nehmen.“

Die DPA nennt andere energetisch aktive Kreise: Ober- und Unterallgäu, Cham, Traunstein und Mühldorf. 2023 hat der Landkreis Oberallgäu mit 27 seiner 28 Kommunen die „Energiegesellschaft Oberallgäu“ gegründet, die sich der regenerativen Erzeugung widmet. Landrätin Indra Baier-Müller (Freie Wähler) meint, die Gründung gleiche räumliche und finanzielle Unterschiede im Kreis aus. „Nicht jede Gemeinde kann sich eine eigene Windkraftanlage leisten“, sagt sie. Der angrenzende Landkreis Unterallgäu will 2025 über die Gründung eines Energieversorgers entscheiden.

Projekte „von Voranfrage bis fertig geplant“

Der Landkreis Cham gründete im Mai 2023 gemeinsam mit vier weiteren Kommunen die „Regionalwerke Landkreis Cham GmbH“, die wiederum die Gründung einer kommunalen Energiegesellschaft vorbereitet. Insgesamt 37 von 39 Gemeinden hatten laut Landratsamt vorher Zustimmung zum Beitritt signalisiert. 

Die Regionalwerke verfügten über Projekte „von Voranfrage bis technisch und betriebswirtschaftlich fertig geplant“, teilt ein Behördensprecher mit. Wie im Oberallgäu soll im Bayerischen Wald neben PV-Anlagen und Windkraft die Energiespeicherung zentrales Thema sein. 

Der Landkreis Traunstein schließlich hat die Chiemgau GmbH damit beauftragt, das Energiewende-Potenzial in der Region zu untersuchen. In Zusammenarbeit mit dem Landkreis Mühldorf finde außerdem gerade eine Windkraft-Potenzialmessung statt, so das Landratsamt.

Eine Übersicht fehlt

Wie viele Landkreise außerdem Energieversorger auf den Weg bringen, dazu haben weder Innenministerium noch Wirtschaftsministerium eine Übersicht − Gründungen von Kreis- und Regionalwerken müssen lediglich bei der Rechtsaufsicht angezeigt, aber nicht genehmigt werden. Aus dem Ressort von Minister Joachim Herrmann (CSU) hieß es aber, „die Entwicklung (sei) derzeit noch stark im Fluss“.

In den deutschen Flächenländern waren Landkreise seit dem 19. Jahrhundert oft Gründer von Überlandwerken, wie man heute noch an den Aktionärsstrukturen der EnBW und der Oldenburger EWE ablesen kann. Wie sich der energiewirtschaftliche Spielraum für Landkreise außerhalb Bayerns verhält, das vermochte der Deutsche Landkreistag dieser Redaktion auch nach mehreren Anfragen binnen Wochen nicht zu sagen.

Freitag, 26.01.2024, 15:32 Uhr
Georg Eble

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.