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Energie & Management > Kohle - Abschied vom Tagebau Jänschwalde
Quelle: Shutterstock / rclassen
Kohle

Abschied vom Tagebau Jänschwalde

Der reguläre Betrieb des Leag-Braunkohletagebaus in Jänschwalde nordöstlich von Cottbus (Brandenburg) endet nach 47 Jahren. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dankte den Bergleuten.
Am Nachmittag des 22. Dezembers verabschiedeten sich die Bergleute des Kraftwerksbetreibers Leag mit einem feierlichen Schichtwechsel von ihrem Tagebau Jänschwalde. Seit 1976 wurde hier nahe Cottbus Braunkohle gefördert, der einzige Energierohstoff der DDR. Im nahegelegenen gleichnamigen Kraftwerk wurde daraus Strom und Wärme produziert. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (beide SPD) dankten den Kumpeln für ihre Arbeit.

Woidke zollte „Respekt und Achtung“ den Frauen und Männern, die im Tagebau bei Wind und Wetter hart gearbeitet haben, „damit wir zuverlässig unseren Strom aus der Steckdose ziehen können“. Mehrere Generationen an Menschen hatten im Tagebau ihre Arbeit. Etwa zehn Millionen Tonnen Braunkohle pro Jahr förderten sie. Inzwischen sind die genehmigten Rohstoffvorräte in Jänschwalde erschöpft. Insgesamt 660 Millionen Tonnen Rohbraunkohle lieferte der Tagebau über die 47 Jahre aus bis zu 100 Metern Tiefe.

Arbeitsplatz und Heimatverlust

Zugleich mussten viele Dörfer weichen, damit die Bagger an die darunter liegende Kohle kommen konnten. Menschen verloren dadurch ihre Heimat. Große Teile der Ortschaft Klinge und Grötsch, die Dörfer Weißagk, Klein Bohrau, Klein Briesnig und Horno verschwanden. Das Kraftwerk Jänschwalde bleibt bis 2028 weiter in Betrieb, versorgt mit Braunkohle aus den Leag-Tagebauen Welzow-Süd, Nochten und Reichwalde. Dann soll es im Rahmen des Kohleausstiegs stillgelegt werden.

250 der 500 Kohlekumpel werden mit der Rekultivierung des gigantischen Kraters des Tagebaus beschäftigt sein. Die übrigen Mitarbeiter würden laut Leag künftig in anderen Tagebauen eingesetzt. Wenn die Abraumhalden gegen Abrutschen gesichert sind, werden daraus drei Seen, auch weil das Grundwasser ohne Abpumpen wieder aufsteigt. Auf den entstehenden Flächen plant die Lausitzer Energie AG (Leag), unter anderem erneuerbare Energieanlagen zu errichten.

Die Arbeiten dazu sollen 2031 abgeschlossen sein. Zunächst laufen Sicherungsmaßnahmen. Dafür darf die Leag nach einer Anordnung des Landesbergamtes (LBGR) noch 50 Meter eines Kohleflözes ausbaggern. Ohne das abgepumpte Grundwasser fehlt Flüssen der Region wie der Spree viel Wasser: An trockenen Tagen macht das Grubenwasser bisher bis zu 80 Prozent des Spreevolumens aus, so Zahlen der Leag. Ohne den Tagebau könnte bald deutlich weniger Wasser in Richtung Berlin fließen.

Kritik und Klagen von Umweltverbänden

Umweltverbände kritisieren das Wassermanagement der Leag. Gerade mit Blick auf den Klimawandel und die Wasserknappheit im Süden stehe nicht genug sauberes Oberflächenwasser zur Flutung der Seen zur Verfügung, fürchtet unter anderem die Grüne Liga Brandenburg. Das Grundwasser, das von unten durch den Abraum dringt, ist allerdings mit den darin befindlichen Mineralien belastet und dadurch sauer. Darum muss von oben Frischwasser zufließen.

Die Deutsche Umwelthilfe und die Grüne Liga klagten vor dem Cottbuser Verwaltungsgericht, weil es keine bestätigte Umweltverträglichkeitsprüfung für den Tagebau Jänschwalde gab. Im September 2019 musste der reguläre Betrieb deshalb eingestellt werden. Erst Monate später, im Februar 2020, konnte er nach Einreichung der Unterlagen wieder aufgenommen werden. Außerdem gibt es aktuell Streit darum, ob der Tagebau Jänschwalde Schuld daran ist, dass im Ort Tauer zahlreiche Risse in Hauswänden aufgetreten sind.

Der Produktionsvorstand bei der Leag, Philipp Nellessen, sagte im RBB-Inforadio, es seien schon rund zweieinhalbtausend Hektar Land alter Tagebaue rekultiviert worden. „Da sind unter anderem 1500 Hektar Wald entstanden und 1000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche“, so Nellessen.

Wegen des hohen Kohlendioxid-Ausstoßes ist Braunkohle klimaschädlicher als andere Energieträger. Auch darum soll bis spätestens 2038 ihre Förderung und Verstromung beendet werden. Diskussionen um einen früheren Ausstieg sorgen bei den Leag-Beschäftigten für Verunsicherung und Ärger.
 
Blick von der Abraum-Förderbrücke F60 in den Tagebau Jänschwalde
Quelle: Leag

Freitag, 22.12.2023, 14:00 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Kohle - Abschied vom Tagebau Jänschwalde
Quelle: Shutterstock / rclassen
Kohle
Abschied vom Tagebau Jänschwalde
Der reguläre Betrieb des Leag-Braunkohletagebaus in Jänschwalde nordöstlich von Cottbus (Brandenburg) endet nach 47 Jahren. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dankte den Bergleuten.
Am Nachmittag des 22. Dezembers verabschiedeten sich die Bergleute des Kraftwerksbetreibers Leag mit einem feierlichen Schichtwechsel von ihrem Tagebau Jänschwalde. Seit 1976 wurde hier nahe Cottbus Braunkohle gefördert, der einzige Energierohstoff der DDR. Im nahegelegenen gleichnamigen Kraftwerk wurde daraus Strom und Wärme produziert. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (beide SPD) dankten den Kumpeln für ihre Arbeit.

Woidke zollte „Respekt und Achtung“ den Frauen und Männern, die im Tagebau bei Wind und Wetter hart gearbeitet haben, „damit wir zuverlässig unseren Strom aus der Steckdose ziehen können“. Mehrere Generationen an Menschen hatten im Tagebau ihre Arbeit. Etwa zehn Millionen Tonnen Braunkohle pro Jahr förderten sie. Inzwischen sind die genehmigten Rohstoffvorräte in Jänschwalde erschöpft. Insgesamt 660 Millionen Tonnen Rohbraunkohle lieferte der Tagebau über die 47 Jahre aus bis zu 100 Metern Tiefe.

Arbeitsplatz und Heimatverlust

Zugleich mussten viele Dörfer weichen, damit die Bagger an die darunter liegende Kohle kommen konnten. Menschen verloren dadurch ihre Heimat. Große Teile der Ortschaft Klinge und Grötsch, die Dörfer Weißagk, Klein Bohrau, Klein Briesnig und Horno verschwanden. Das Kraftwerk Jänschwalde bleibt bis 2028 weiter in Betrieb, versorgt mit Braunkohle aus den Leag-Tagebauen Welzow-Süd, Nochten und Reichwalde. Dann soll es im Rahmen des Kohleausstiegs stillgelegt werden.

250 der 500 Kohlekumpel werden mit der Rekultivierung des gigantischen Kraters des Tagebaus beschäftigt sein. Die übrigen Mitarbeiter würden laut Leag künftig in anderen Tagebauen eingesetzt. Wenn die Abraumhalden gegen Abrutschen gesichert sind, werden daraus drei Seen, auch weil das Grundwasser ohne Abpumpen wieder aufsteigt. Auf den entstehenden Flächen plant die Lausitzer Energie AG (Leag), unter anderem erneuerbare Energieanlagen zu errichten.

Die Arbeiten dazu sollen 2031 abgeschlossen sein. Zunächst laufen Sicherungsmaßnahmen. Dafür darf die Leag nach einer Anordnung des Landesbergamtes (LBGR) noch 50 Meter eines Kohleflözes ausbaggern. Ohne das abgepumpte Grundwasser fehlt Flüssen der Region wie der Spree viel Wasser: An trockenen Tagen macht das Grubenwasser bisher bis zu 80 Prozent des Spreevolumens aus, so Zahlen der Leag. Ohne den Tagebau könnte bald deutlich weniger Wasser in Richtung Berlin fließen.

Kritik und Klagen von Umweltverbänden

Umweltverbände kritisieren das Wassermanagement der Leag. Gerade mit Blick auf den Klimawandel und die Wasserknappheit im Süden stehe nicht genug sauberes Oberflächenwasser zur Flutung der Seen zur Verfügung, fürchtet unter anderem die Grüne Liga Brandenburg. Das Grundwasser, das von unten durch den Abraum dringt, ist allerdings mit den darin befindlichen Mineralien belastet und dadurch sauer. Darum muss von oben Frischwasser zufließen.

Die Deutsche Umwelthilfe und die Grüne Liga klagten vor dem Cottbuser Verwaltungsgericht, weil es keine bestätigte Umweltverträglichkeitsprüfung für den Tagebau Jänschwalde gab. Im September 2019 musste der reguläre Betrieb deshalb eingestellt werden. Erst Monate später, im Februar 2020, konnte er nach Einreichung der Unterlagen wieder aufgenommen werden. Außerdem gibt es aktuell Streit darum, ob der Tagebau Jänschwalde Schuld daran ist, dass im Ort Tauer zahlreiche Risse in Hauswänden aufgetreten sind.

Der Produktionsvorstand bei der Leag, Philipp Nellessen, sagte im RBB-Inforadio, es seien schon rund zweieinhalbtausend Hektar Land alter Tagebaue rekultiviert worden. „Da sind unter anderem 1500 Hektar Wald entstanden und 1000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche“, so Nellessen.

Wegen des hohen Kohlendioxid-Ausstoßes ist Braunkohle klimaschädlicher als andere Energieträger. Auch darum soll bis spätestens 2038 ihre Förderung und Verstromung beendet werden. Diskussionen um einen früheren Ausstieg sorgen bei den Leag-Beschäftigten für Verunsicherung und Ärger.
 
Blick von der Abraum-Förderbrücke F60 in den Tagebau Jänschwalde
Quelle: Leag

Freitag, 22.12.2023, 14:00 Uhr
Susanne Harmsen

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