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Energie & Management > Stromnetz - 750 Kilometer langes Seekabel für Stromimport aus Estland
Quelle: Shutterstock
Stromnetz

750 Kilometer langes Seekabel für Stromimport aus Estland

Lange Leitungen können enge Verbindungen kennzeichnen. Stellvertretend dafür steht ein Seekabel, das künftig über 750 Kilometer Strom von Estland nach Deutschland leiten soll.
Die Ostsee hat nach dem Fiasko um die Nord-Stream-Gaspipelines nichts von ihrer Attraktivität als Energie-Transitbecken verloren. Die Stromübertragungsnetzbetreiber 50 Hertz und Elering haben vereinbart, zwischen Deutschland und Estland ein 750 Kilometer langes Seekabel zu verlegen. Es soll estnischen Offshore-Strom durchleiten.

Eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichneten 50-Hertz-Chef Stefan Kapferer und sein estnischer Amtskollege bei Elering, Taavi Veskimägi, am Rande des "Baltic Offshore Wind Forums" im Auswärtigen Amt in Berlin. Das Forum war eine Ganztagsveranstaltung der deutschen und dänischen Außenministerien sowie der Deutschen Energie-Agentur (Dena).

"Für die Klimaneutralität Europas und sicherheitspolitisch wichtig"

Bis zur Inbetriebnahme des Projekts mit dem Namen "Baltic WindConnector" muss noch viel geschehen. Die Meereswindparks vor den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen müssen genauso erst entstehen wie hybride Interkonnektoren und das Seekabel selbst. Diese Interkonnektoren erlauben es, Strom in ein Leitungssystem einzuspeisen, das für die eigene Versorgung und den Export gedacht ist. Der für Nord- und Ostdeutschland zuständige Netzbetreiber 50 Hertz erprobt dies bereits in der Praxis mit dem dänischen Pendant Energinet beim Projekt "Combined Grid Solution – Kriegers Flak".

Den interstaatlichen Aspekt hob Stefan Wenzel (Grüne) für die Bundesregierung hervor. Der Parlamentarische Staatssekretär beim Wirtschaftsministerium betonte die Bedeutung von Stromimporten aus dem Nordsee- und Ostseeraum für Deutschland. Sie entwickelten sich zu "einem relevanten Baustein für die deutsche Energiewende und können einen entscheidenden Beitrag zur Unabhängigkeit Europas von fossilen Energieträgern leisten".

Über die Seekabel-Vereinbarung hinaus setzten die Topmanager von 50 Hertz, Elering, AST aus Lettland (Gunta Jekabsone) und Litgrid aus Litauen (Tomas Varneckas) ihre Unterschriften unter gemeinsame Vorhaben im Bereich Offshore-Windenergie und Netzanbindungen. Gedacht ist hier an "vermaschte Offshorenetze" auch im Meer vor Lettland und Litauen, die Strom effizient und marktgerecht zu den Verbrauchern transportieren. Die baltischen Staaten stärker an das kontinentaleuropäische Stromverbundsystem anzuschließen, sei, so Stefan Kapferer, "wichtig für ein klimaneutrales Europa und zudem sicherheitspolitisch von großer Bedeutung".

Den Willen zur Kooperation bezeugten die drei baltischen Staaten durch das Entsenden von Liga Kurevska, lettische Staatssekretärin im Energieministerium, Timo Tatar, Estlands Vize-Generalsekretär im Wirtschaftsministerium, und Tomas Irnius, Abteilungsleiter Ostsee im Außenministerium Litauens.

Estland verfügt über genügend Ressourcen für den Stromexport

Stefan Kapferers Gegenüber Taavi Veskimägi verwies auf Faktoren, die für das Gelingen des Baltic Wind Connector entscheidend seien. Nun anzufertigende Analysen müssten zeigen, ob Estland über die Stromleitung die Exporte ausweiten könne. Und dies ohne Mehrkosten für die einheimische Bevölkerung. "Signifikant mehr Ressourcen" für Offshore-Windkraft über den eigenen Bedarf hinaus besitze der Staat jedenfalls.

Das Seekabel soll nach 750 Kilometern an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns enden. Zur nötigen Infrastruktur zählen auch Konverteranlagen vor der Küste Estlands. Sie nehmen den Strom auf, transformieren ihn auf eine höhere Spannungsebene, wandeln ihn in Gleichstrom um und leiten ihn dann an die Partnerstaaten weiter.

Für Deutschland bleiben Importe grünen Stroms auch deswegen interessant, weil die energiehungrigen Industriesparten nur über grünen Wasserstoff eine Chance auf Dekarbonisierung besitzen. Die dafür erforderlichen Mengen Ökostroms kann Deutschland allein nicht produzieren. Die Einfuhr des baltischen Grünstroms oder des grünen Wasserstoffs direkt von anderen Exporteuren ist daher von großer Bedeutung für die Energiewende.

Dienstag, 9.05.2023, 16:28 Uhr
Volker Stephan
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Stromnetz
750 Kilometer langes Seekabel für Stromimport aus Estland
Lange Leitungen können enge Verbindungen kennzeichnen. Stellvertretend dafür steht ein Seekabel, das künftig über 750 Kilometer Strom von Estland nach Deutschland leiten soll.
Die Ostsee hat nach dem Fiasko um die Nord-Stream-Gaspipelines nichts von ihrer Attraktivität als Energie-Transitbecken verloren. Die Stromübertragungsnetzbetreiber 50 Hertz und Elering haben vereinbart, zwischen Deutschland und Estland ein 750 Kilometer langes Seekabel zu verlegen. Es soll estnischen Offshore-Strom durchleiten.

Eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichneten 50-Hertz-Chef Stefan Kapferer und sein estnischer Amtskollege bei Elering, Taavi Veskimägi, am Rande des "Baltic Offshore Wind Forums" im Auswärtigen Amt in Berlin. Das Forum war eine Ganztagsveranstaltung der deutschen und dänischen Außenministerien sowie der Deutschen Energie-Agentur (Dena).

"Für die Klimaneutralität Europas und sicherheitspolitisch wichtig"

Bis zur Inbetriebnahme des Projekts mit dem Namen "Baltic WindConnector" muss noch viel geschehen. Die Meereswindparks vor den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen müssen genauso erst entstehen wie hybride Interkonnektoren und das Seekabel selbst. Diese Interkonnektoren erlauben es, Strom in ein Leitungssystem einzuspeisen, das für die eigene Versorgung und den Export gedacht ist. Der für Nord- und Ostdeutschland zuständige Netzbetreiber 50 Hertz erprobt dies bereits in der Praxis mit dem dänischen Pendant Energinet beim Projekt "Combined Grid Solution – Kriegers Flak".

Den interstaatlichen Aspekt hob Stefan Wenzel (Grüne) für die Bundesregierung hervor. Der Parlamentarische Staatssekretär beim Wirtschaftsministerium betonte die Bedeutung von Stromimporten aus dem Nordsee- und Ostseeraum für Deutschland. Sie entwickelten sich zu "einem relevanten Baustein für die deutsche Energiewende und können einen entscheidenden Beitrag zur Unabhängigkeit Europas von fossilen Energieträgern leisten".

Über die Seekabel-Vereinbarung hinaus setzten die Topmanager von 50 Hertz, Elering, AST aus Lettland (Gunta Jekabsone) und Litgrid aus Litauen (Tomas Varneckas) ihre Unterschriften unter gemeinsame Vorhaben im Bereich Offshore-Windenergie und Netzanbindungen. Gedacht ist hier an "vermaschte Offshorenetze" auch im Meer vor Lettland und Litauen, die Strom effizient und marktgerecht zu den Verbrauchern transportieren. Die baltischen Staaten stärker an das kontinentaleuropäische Stromverbundsystem anzuschließen, sei, so Stefan Kapferer, "wichtig für ein klimaneutrales Europa und zudem sicherheitspolitisch von großer Bedeutung".

Den Willen zur Kooperation bezeugten die drei baltischen Staaten durch das Entsenden von Liga Kurevska, lettische Staatssekretärin im Energieministerium, Timo Tatar, Estlands Vize-Generalsekretär im Wirtschaftsministerium, und Tomas Irnius, Abteilungsleiter Ostsee im Außenministerium Litauens.

Estland verfügt über genügend Ressourcen für den Stromexport

Stefan Kapferers Gegenüber Taavi Veskimägi verwies auf Faktoren, die für das Gelingen des Baltic Wind Connector entscheidend seien. Nun anzufertigende Analysen müssten zeigen, ob Estland über die Stromleitung die Exporte ausweiten könne. Und dies ohne Mehrkosten für die einheimische Bevölkerung. "Signifikant mehr Ressourcen" für Offshore-Windkraft über den eigenen Bedarf hinaus besitze der Staat jedenfalls.

Das Seekabel soll nach 750 Kilometern an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns enden. Zur nötigen Infrastruktur zählen auch Konverteranlagen vor der Küste Estlands. Sie nehmen den Strom auf, transformieren ihn auf eine höhere Spannungsebene, wandeln ihn in Gleichstrom um und leiten ihn dann an die Partnerstaaten weiter.

Für Deutschland bleiben Importe grünen Stroms auch deswegen interessant, weil die energiehungrigen Industriesparten nur über grünen Wasserstoff eine Chance auf Dekarbonisierung besitzen. Die dafür erforderlichen Mengen Ökostroms kann Deutschland allein nicht produzieren. Die Einfuhr des baltischen Grünstroms oder des grünen Wasserstoffs direkt von anderen Exporteuren ist daher von großer Bedeutung für die Energiewende.

Dienstag, 9.05.2023, 16:28 Uhr
Volker Stephan

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