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Energie & Management > EU - (Noch) Keine Preiskontrolle für Energie in der EU
Quelle: Shutterstock / jorisvo
EU

(Noch) Keine Preiskontrolle für Energie in der EU

Die Staats- und Regierungschefs der EU konnten sich am 25. März auch nach stundenlangen Diskussionen nicht auf Preiskontrollen für Gas und Strom verständigen.
In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates, die einstimmig verabschiedet werden müssen, wird das bereits in Versailles formulierte Ziel bekräftigt, die Abhängigkeit der EU von russischen Öl-, Gas- und Kohlelieferungen „so bald wie möglich zu beenden“. Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten das bereits am 11. März bei dem Treffen in Versailles festgelegt. Einen entsprechenden Plan, der den „Energiemix der Mitgliedsstaaten berücksichtig“, soll die Kommission im Mai vorlegen.

Keine Einigung wurde mit Blick auf ein gemeinsames Vorgehen gegen die hohen Preise für Strom, Gas und Treibstoffe erzielt. Die Staats- und Regierungschefs verweisen in diesem Zusammenhang auf die Empfehlungen der Kommission, die den Mitgliedsstaaten auch weiter zur Verfügung stünden (unser Bericht vom 9. März). Die Kommission werde Beihilfen zur Linderung der Krise schnell und wohlwollend prüfen.

Einfluss des Gaspreises bei Strom soll begrenzt werden

Die Kommission wurde außerdem beauftragt, Optionen für Eingriffe in die Energiemärkte mit den betroffenen Unternehmen zu erörtern. Dazu gehören auch Preisobergrenzen, eine Senkung der Gaspreise und andere Maßnahmen. Vorschläge, „wie dem Problem stark überhöhter Strompreise wirksam begegnet werden kann“, dürften jedoch weder die Integrität des Binnenmarktes in Frage stellen, noch die Anreize für die Energiewende oder die Versorgungssicherheit gefährden, heißt es in den Schlussfolgerungen des EU-Gipfels. Eine „unverhältnismäßige Belastung“ der privaten Haushalte müsse vermieden werden.

Spanien und Portugal traten in der Debatte, die bis in die Abendstunden andauerte, dafür ein, Preisobergrenzen für Strom und Gas zu beschließen. Sie wurden dabei unter anderen von Frankreich und Griechenland unterstützt. Diese Länder fordern außerdem eine „Entkoppelung“ des Strom- vom Gaspreis. Beides wurde von Deutschland, den Niederlanden und den skandinavischen Ländern abgelehnt. Sie fürchten, dass sich die Lage auf den Energiemärkten dadurch eher verschlechtern werde. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte sagte nach den Beratungen, er sei bereit, über eine Preisobergrenze nachzudenken, „wenn mir jemand zeigt, dass ein Höchstpreis funktioniert“.

Die Kommission sei beauftragt worden, darüber nachzudenken, wie der aktuell dominierende Einfluss der Gaspreise auf die Strompreise begrenzt werden könne, sagte Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron. Die Interessen der Länder im Norden der EU, die über große Speicherkapazitäten verfügten, seien dabei andere als die der Länder im Süden der Union. Spanien und Portugal dürfen auf der iberischen Halbinsel „befristete Sondermaßnahmen“ ergreifen, um die Folgen des Preisanstiegs für fossile Brennstoffe auf den Strompreis zu begrenzen. Der Elektrizitätsmarkt auf der iberischen Halbinsel sei ein Sonderfall, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, weil er vom Energiebinnenmarkt weitgehend getrennt sei. 

Pläne für Gewinnabschöpfung sollen geprüft werden

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach nach dem Rat von einer „intensiven Diskussion“, die notwendig gewesen sei. Deutschland stehe Eingriffen in die Energiemärkte skeptisch gegenüber, weil die Gefahr groß sei, dass sie die Versorgung nicht verbesserten und die Preise nicht nachhaltig beeinflusst würden. Nach Ansicht des Bundeskanzlers gibt es zwei Probleme, die gelöst werden müssen:
Wie kann die EU genug Gas von anderen Lieferanten kaufen, um sich von Russland unabhängig zu machen? Außerdem stehe die Frage auf der Tagesordnung, ob der Energiemarkt richtig reguliert sei? Es sei offensichtlich, dass Kraftwerke mit niedrigen Grenzkosten, dazu gehörten auch die erneuerbaren Energien, hohe Gewinne erzielten. „Da brauchen wir vielleicht ein neues Modell ?“ Allerdings gebe es dazu keine realisierbaren Vorschläge.

Im Hinblick auf die Mengen haben die Staats- und Regierungschefs die Kommission beauftragt, den Einkauf von Gas durch die Unternehmen zu koordinieren. Die EU müsse ihre Nachfragemacht als der größte Markt für Gas besser zur Geltung bringen, sagte Macron. Scholz verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Kaufverträge von privaten Unternehmen abgeschlossen würden. Insofern sei die Kooperation freiwillig. Mehr Transparenz und Zusammenarbeit könnten jedoch dafür sorgen, dass die Verhandlungsposition der europäischen Firmen gestärkt werde.

Die Kommission wurde auch beauftragt, „eine EU-Politik im Bereich der Gasspeicherung zu prüfen und dabei die Interessen der Mitgliedsstaaten mit erheblichen Speicherkapazitäten gebührend zu berücksichtigen“. Mit der Wiederbefüllung der Speicher in der gesamten Union solle so bald wie möglich begonnen werden. Die Speicherkapazität der EU von rund 100 Mrd. Kubikmeter ist vor allem im Norden und Osten konzentriert. Zwei Drittel davon entfallen auf Belgien, die Niederlande, Deutschland, Österreich, Ungarn, Tschechien, die Slowakei und Polen. Sieben Länder verfügen über gar keine Gasspeicher.

Die gut ausgestatteten Länder seien solidarisch mit der gesamten Union, wenn es um die gemeinsame Nutzung der Speicher gehe, sagte Österreichs Bundeskanzler, Karl Nehammer: „Aber die Kosten müssen auch im europäischen Geist gestaltet werden.“
 

Montag, 28.03.2022, 11:19 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > EU - (Noch) Keine Preiskontrolle für Energie in der EU
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EU
(Noch) Keine Preiskontrolle für Energie in der EU
Die Staats- und Regierungschefs der EU konnten sich am 25. März auch nach stundenlangen Diskussionen nicht auf Preiskontrollen für Gas und Strom verständigen.
In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates, die einstimmig verabschiedet werden müssen, wird das bereits in Versailles formulierte Ziel bekräftigt, die Abhängigkeit der EU von russischen Öl-, Gas- und Kohlelieferungen „so bald wie möglich zu beenden“. Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten das bereits am 11. März bei dem Treffen in Versailles festgelegt. Einen entsprechenden Plan, der den „Energiemix der Mitgliedsstaaten berücksichtig“, soll die Kommission im Mai vorlegen.

Keine Einigung wurde mit Blick auf ein gemeinsames Vorgehen gegen die hohen Preise für Strom, Gas und Treibstoffe erzielt. Die Staats- und Regierungschefs verweisen in diesem Zusammenhang auf die Empfehlungen der Kommission, die den Mitgliedsstaaten auch weiter zur Verfügung stünden (unser Bericht vom 9. März). Die Kommission werde Beihilfen zur Linderung der Krise schnell und wohlwollend prüfen.

Einfluss des Gaspreises bei Strom soll begrenzt werden

Die Kommission wurde außerdem beauftragt, Optionen für Eingriffe in die Energiemärkte mit den betroffenen Unternehmen zu erörtern. Dazu gehören auch Preisobergrenzen, eine Senkung der Gaspreise und andere Maßnahmen. Vorschläge, „wie dem Problem stark überhöhter Strompreise wirksam begegnet werden kann“, dürften jedoch weder die Integrität des Binnenmarktes in Frage stellen, noch die Anreize für die Energiewende oder die Versorgungssicherheit gefährden, heißt es in den Schlussfolgerungen des EU-Gipfels. Eine „unverhältnismäßige Belastung“ der privaten Haushalte müsse vermieden werden.

Spanien und Portugal traten in der Debatte, die bis in die Abendstunden andauerte, dafür ein, Preisobergrenzen für Strom und Gas zu beschließen. Sie wurden dabei unter anderen von Frankreich und Griechenland unterstützt. Diese Länder fordern außerdem eine „Entkoppelung“ des Strom- vom Gaspreis. Beides wurde von Deutschland, den Niederlanden und den skandinavischen Ländern abgelehnt. Sie fürchten, dass sich die Lage auf den Energiemärkten dadurch eher verschlechtern werde. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte sagte nach den Beratungen, er sei bereit, über eine Preisobergrenze nachzudenken, „wenn mir jemand zeigt, dass ein Höchstpreis funktioniert“.

Die Kommission sei beauftragt worden, darüber nachzudenken, wie der aktuell dominierende Einfluss der Gaspreise auf die Strompreise begrenzt werden könne, sagte Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron. Die Interessen der Länder im Norden der EU, die über große Speicherkapazitäten verfügten, seien dabei andere als die der Länder im Süden der Union. Spanien und Portugal dürfen auf der iberischen Halbinsel „befristete Sondermaßnahmen“ ergreifen, um die Folgen des Preisanstiegs für fossile Brennstoffe auf den Strompreis zu begrenzen. Der Elektrizitätsmarkt auf der iberischen Halbinsel sei ein Sonderfall, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, weil er vom Energiebinnenmarkt weitgehend getrennt sei. 

Pläne für Gewinnabschöpfung sollen geprüft werden

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach nach dem Rat von einer „intensiven Diskussion“, die notwendig gewesen sei. Deutschland stehe Eingriffen in die Energiemärkte skeptisch gegenüber, weil die Gefahr groß sei, dass sie die Versorgung nicht verbesserten und die Preise nicht nachhaltig beeinflusst würden. Nach Ansicht des Bundeskanzlers gibt es zwei Probleme, die gelöst werden müssen:
Wie kann die EU genug Gas von anderen Lieferanten kaufen, um sich von Russland unabhängig zu machen? Außerdem stehe die Frage auf der Tagesordnung, ob der Energiemarkt richtig reguliert sei? Es sei offensichtlich, dass Kraftwerke mit niedrigen Grenzkosten, dazu gehörten auch die erneuerbaren Energien, hohe Gewinne erzielten. „Da brauchen wir vielleicht ein neues Modell ?“ Allerdings gebe es dazu keine realisierbaren Vorschläge.

Im Hinblick auf die Mengen haben die Staats- und Regierungschefs die Kommission beauftragt, den Einkauf von Gas durch die Unternehmen zu koordinieren. Die EU müsse ihre Nachfragemacht als der größte Markt für Gas besser zur Geltung bringen, sagte Macron. Scholz verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Kaufverträge von privaten Unternehmen abgeschlossen würden. Insofern sei die Kooperation freiwillig. Mehr Transparenz und Zusammenarbeit könnten jedoch dafür sorgen, dass die Verhandlungsposition der europäischen Firmen gestärkt werde.

Die Kommission wurde auch beauftragt, „eine EU-Politik im Bereich der Gasspeicherung zu prüfen und dabei die Interessen der Mitgliedsstaaten mit erheblichen Speicherkapazitäten gebührend zu berücksichtigen“. Mit der Wiederbefüllung der Speicher in der gesamten Union solle so bald wie möglich begonnen werden. Die Speicherkapazität der EU von rund 100 Mrd. Kubikmeter ist vor allem im Norden und Osten konzentriert. Zwei Drittel davon entfallen auf Belgien, die Niederlande, Deutschland, Österreich, Ungarn, Tschechien, die Slowakei und Polen. Sieben Länder verfügen über gar keine Gasspeicher.

Die gut ausgestatteten Länder seien solidarisch mit der gesamten Union, wenn es um die gemeinsame Nutzung der Speicher gehe, sagte Österreichs Bundeskanzler, Karl Nehammer: „Aber die Kosten müssen auch im europäischen Geist gestaltet werden.“
 

Montag, 28.03.2022, 11:19 Uhr
Tom Weingärtner

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