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Energie & Management > Politik - Verbandskritik am Wärmeplanungsgesetz
Quelle: Fotolia / ChaotiC PhotographY
Politik

Verbandskritik am Wärmeplanungsgesetz

Das vom Bundestag verabschiedete Wärmeplanungsgesetz trifft auf Zustimmung, aber auch Kritik aus den betroffenen Kommunen und Energie- und Klimaschutzverbänden.
Am 17. November verabschiedete der Bundestag mit den Stimmern der Ampelkoalition das Gesetz zur Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (WPG). Der Deutsche Städtetag wies auf den hohen Beratungsbedarf für Verbraucher und Gewerbe zur künftigen Wärmeversorgung hin. Bund und Länder sollten flächendeckend Beratungsstrukturen für die künftige Wärmeversorgung aufbauen, forderte Städtetagspräsident Markus Lewe.

„Der Bund sollte deshalb die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze für die kommenden Jahre auf 3 Milliarden Euro pro Jahr aufstocken“, verlangte Lewe. Der Zeitplan für die Vorlage von Wärmeplänen sei sehr knapp. Die Länder müssten das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und das Wärmeplanungsgesetz deshalb schnell in Landesrecht umsetzen, mahnte er. Nötig seien ausreichend lokale Beratungsangebote von Energieagenturen für Hauseigentümer und Handwerker.

Für die Energiewirtschaft lobte Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), dass die vereinfachte Nutzung regional verfügbarer Biomasse ins Gesetz aufgenommen wurde. Sie könne gerade in bestimmten ländlichen Gebieten und kleineren Gemeinden eine wichtige Rolle für die Wärmeplanung spielen. Auch bei der Nutzung von Abwärme aus der thermischen Abfallbehandlung habe die Koalition sinnvollerweise Maßgaben in Bezug auf die genutzten Reststoffe gelockert.

Netzausbau kostet Geld

Erfreulich sei, dass auch Investitionen in den Bau der für die Wärmewende notwendigen Infrastrukturen und Erzeugungskapazitäten ein ‚überragendes öffentliches Interesse’ analog zum Erneuerbaren-Ausbau und ein Beitrag zur ‚öffentlichen Sicherheit‘ eingeräumt wurde, sagte Andreae. Für die enormen Infrastrukturinvestitionen brauche es zudem Planungssicherheit und eine finanzielle Absicherung durch einen Förderrahmen, der den Netzbetreibern die notwendigen Investitionen ermöglicht. Dies gestalte die Wärmewende für die Gebäudebesitzer und Kundinnen und Kunden bezahlbar, so die BDEW-Chefin.

Dem schließt sich der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) an. Die Förderung der Fernwärme müsse solide und auskömmlich finanziert werden, sagte Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. „Gerade die Wärmenetzbetreiber brauchen Sicherheit bei der Finanzierung, weil Planung, Finanzierung und Bau von Infrastrukturprojekten der Daseinsvorsorge lange Vorlaufzeiten haben“, appellierte er. Für eine Ausfinanzierung genügten nicht die vorgesehene 1 Milliarde Euro jährlich bis 2027, es brauche mindestens 3 Milliarden Euro pro Jahr bis 2035.

Jörg Höhler, Präsident des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW), sagte, das WPG verfehle bei weitem sein Ziel, Planungssicherheit für das Wasserstoffnetz auf der Verteilnetzebene in Deutschland herzustellen. Es gebe keinen Verweis auf die Gasnetzgebietstransformationspläne (GTP), die als Branchenwerkzeug von Praktikern Teil des WPG werden sollten. „Die Voraussetzungen für Technologie-Offenheit in den wichtigen Verbrauchssektoren vom Industriebetrieb bis hin zu den Wärmekunden zu schaffen“, müssten nachgebessert werden, forderte Höhler.

Biomasse und Wasserstoff nicht immer klimafreundlich

Antje von Broock, Geschäftsführerin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte im WPG „zu viel Spielraum für ineffiziente, teure und nicht nachhaltige Heizungsarten“. Der BUND wolle sich in der Wärmeplanung einbringen und auf einen nachhaltigen Umgang mit Biomasse drängen und versuchen, die Haushalte vor teuren und ineffizienten Wasserstoffheizungen zu bewahren.

Auch die Klimachefin der Umweltschutzorganisation World Wide Fund For Nature (WWF), Viviane Raddatz, kritisierte Fehlanreize im Gesetz. Die Umrüstung von Gasheizungen auf Wasserstoff sei falsch, weil dessen Produktion etwa fünfmal mehr Strom erfordert als eine Wärmepumpe. Auch die Förderung von Biomasseheizungen sei schlecht, weil unter Berücksichtigung des CO2-Speichersaldos eine Pelletheizung in etwa so viele Emissionen pro Energieeinheit ausstoße wie eine Ölheizung. Die Wälder seien schon heute übernutzt und sollten geschont werden, sagte Raddatz.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) begrüßte die Anhebung des Biomasse-Deckels, der erst für Wärmenetze ab einer Länge von 50 Kilometern gilt. Damit könnten lokale, nachhaltige und dauerhaft verfügbarer Biomassepotenziale an geeigneten Standorten genutzt werden, sagte die BEE-Präsidentin Simone Peter. Auch der Fernwärme-Spitzenverband AGFW begrüßte diese Regelung im WPG.

Frank Brachvogel, Geschäftsführer des Vereins Open District Hub (ODH) vermisste im Gesetz die Anerkennung von Quartierskonzepten. Die bereits in zahlreichen Kommunen existierenden Quartierslösungen könnten und sollten ein wesentlicher Bestandteil der kommunalen Wärmeplanung sein. Zudem sollten die Sektoren Strom, Wärme und Mobilität gemeinsam betrachtet werden, um den Energieverbrauch und CO2-Emissionen zu vermindern, sagte Brachvogel. Laut Studien sei durch Sektorenkopplung eine CO2-Minderung von bis zu 90 Prozent im Gebäudebereich möglich.

Freitag, 17.11.2023, 16:23 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Politik - Verbandskritik am Wärmeplanungsgesetz
Quelle: Fotolia / ChaotiC PhotographY
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Verbandskritik am Wärmeplanungsgesetz
Das vom Bundestag verabschiedete Wärmeplanungsgesetz trifft auf Zustimmung, aber auch Kritik aus den betroffenen Kommunen und Energie- und Klimaschutzverbänden.
Am 17. November verabschiedete der Bundestag mit den Stimmern der Ampelkoalition das Gesetz zur Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (WPG). Der Deutsche Städtetag wies auf den hohen Beratungsbedarf für Verbraucher und Gewerbe zur künftigen Wärmeversorgung hin. Bund und Länder sollten flächendeckend Beratungsstrukturen für die künftige Wärmeversorgung aufbauen, forderte Städtetagspräsident Markus Lewe.

„Der Bund sollte deshalb die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze für die kommenden Jahre auf 3 Milliarden Euro pro Jahr aufstocken“, verlangte Lewe. Der Zeitplan für die Vorlage von Wärmeplänen sei sehr knapp. Die Länder müssten das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und das Wärmeplanungsgesetz deshalb schnell in Landesrecht umsetzen, mahnte er. Nötig seien ausreichend lokale Beratungsangebote von Energieagenturen für Hauseigentümer und Handwerker.

Für die Energiewirtschaft lobte Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), dass die vereinfachte Nutzung regional verfügbarer Biomasse ins Gesetz aufgenommen wurde. Sie könne gerade in bestimmten ländlichen Gebieten und kleineren Gemeinden eine wichtige Rolle für die Wärmeplanung spielen. Auch bei der Nutzung von Abwärme aus der thermischen Abfallbehandlung habe die Koalition sinnvollerweise Maßgaben in Bezug auf die genutzten Reststoffe gelockert.

Netzausbau kostet Geld

Erfreulich sei, dass auch Investitionen in den Bau der für die Wärmewende notwendigen Infrastrukturen und Erzeugungskapazitäten ein ‚überragendes öffentliches Interesse’ analog zum Erneuerbaren-Ausbau und ein Beitrag zur ‚öffentlichen Sicherheit‘ eingeräumt wurde, sagte Andreae. Für die enormen Infrastrukturinvestitionen brauche es zudem Planungssicherheit und eine finanzielle Absicherung durch einen Förderrahmen, der den Netzbetreibern die notwendigen Investitionen ermöglicht. Dies gestalte die Wärmewende für die Gebäudebesitzer und Kundinnen und Kunden bezahlbar, so die BDEW-Chefin.

Dem schließt sich der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) an. Die Förderung der Fernwärme müsse solide und auskömmlich finanziert werden, sagte Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. „Gerade die Wärmenetzbetreiber brauchen Sicherheit bei der Finanzierung, weil Planung, Finanzierung und Bau von Infrastrukturprojekten der Daseinsvorsorge lange Vorlaufzeiten haben“, appellierte er. Für eine Ausfinanzierung genügten nicht die vorgesehene 1 Milliarde Euro jährlich bis 2027, es brauche mindestens 3 Milliarden Euro pro Jahr bis 2035.

Jörg Höhler, Präsident des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW), sagte, das WPG verfehle bei weitem sein Ziel, Planungssicherheit für das Wasserstoffnetz auf der Verteilnetzebene in Deutschland herzustellen. Es gebe keinen Verweis auf die Gasnetzgebietstransformationspläne (GTP), die als Branchenwerkzeug von Praktikern Teil des WPG werden sollten. „Die Voraussetzungen für Technologie-Offenheit in den wichtigen Verbrauchssektoren vom Industriebetrieb bis hin zu den Wärmekunden zu schaffen“, müssten nachgebessert werden, forderte Höhler.

Biomasse und Wasserstoff nicht immer klimafreundlich

Antje von Broock, Geschäftsführerin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte im WPG „zu viel Spielraum für ineffiziente, teure und nicht nachhaltige Heizungsarten“. Der BUND wolle sich in der Wärmeplanung einbringen und auf einen nachhaltigen Umgang mit Biomasse drängen und versuchen, die Haushalte vor teuren und ineffizienten Wasserstoffheizungen zu bewahren.

Auch die Klimachefin der Umweltschutzorganisation World Wide Fund For Nature (WWF), Viviane Raddatz, kritisierte Fehlanreize im Gesetz. Die Umrüstung von Gasheizungen auf Wasserstoff sei falsch, weil dessen Produktion etwa fünfmal mehr Strom erfordert als eine Wärmepumpe. Auch die Förderung von Biomasseheizungen sei schlecht, weil unter Berücksichtigung des CO2-Speichersaldos eine Pelletheizung in etwa so viele Emissionen pro Energieeinheit ausstoße wie eine Ölheizung. Die Wälder seien schon heute übernutzt und sollten geschont werden, sagte Raddatz.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) begrüßte die Anhebung des Biomasse-Deckels, der erst für Wärmenetze ab einer Länge von 50 Kilometern gilt. Damit könnten lokale, nachhaltige und dauerhaft verfügbarer Biomassepotenziale an geeigneten Standorten genutzt werden, sagte die BEE-Präsidentin Simone Peter. Auch der Fernwärme-Spitzenverband AGFW begrüßte diese Regelung im WPG.

Frank Brachvogel, Geschäftsführer des Vereins Open District Hub (ODH) vermisste im Gesetz die Anerkennung von Quartierskonzepten. Die bereits in zahlreichen Kommunen existierenden Quartierslösungen könnten und sollten ein wesentlicher Bestandteil der kommunalen Wärmeplanung sein. Zudem sollten die Sektoren Strom, Wärme und Mobilität gemeinsam betrachtet werden, um den Energieverbrauch und CO2-Emissionen zu vermindern, sagte Brachvogel. Laut Studien sei durch Sektorenkopplung eine CO2-Minderung von bis zu 90 Prozent im Gebäudebereich möglich.

Freitag, 17.11.2023, 16:23 Uhr
Susanne Harmsen

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