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Die Überlegungen von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), die geplante Strompreisbremse schon zum 1. Januar 2023 einzuführen, stoßen auf Kritik von BDEW, BEE, BSW und VKU.
„Aus Sicht des BDEW ist eine Einführung der Strompreisbremse zum 1. Januar nicht umsetzbar“, so die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) gegenüber unserer Redaktion. Bislang sei noch gar nicht festgelegt, durch welche Stelle und über welches Verfahren die Zufallsgewinne abgeschöpft werden sollen, die für die Entlastungen genutzt werden sollen. Das zuletzt von der Bundesregierung vorgeschlagene Modell sei in der Umsetzung „extrem komplex“. Für die Unternehmen sei es in der Abwicklung weder technisch noch organisatorisch umsetzbar.
Andreae wiederholte auch die Kritik ihres Verbandes an der angedachten rückwirkenden Abschöpfung der Zufallsgewinne: „Das Vertrauen der Marktteilnehmer in staatliche Zusagen und die Stabilität des Marktrahmens sind zentral für weitere Investitionen in den Ausbau. Die Bundesregierung sollte daher dringend ein praktikableres und zukunftsgerichtetes Modell der Abschöpfung erarbeiten. Die Umsetzung der zugehörigen EU-Vorgaben sollte möglichst einfach gestaltet und zwingend über eine staatliche Organisation abgewickelt werden.“
Die Umsetzung und auch Ausgestaltung der Strompreisbremse solle kundenseitig analog zur Gaspreisbremse zum 1.
März 2023 erfolgen, ergänzte Andreae.
Die BMWK-Pläne zur Strompreisbremse sind komplex. Im Kern sehen sie vor, dass 90 Prozent der erzielten Zufallsgewinne je nach Kraftwerkstechnik (Erneuerbare, Atom, Kohle, Gas) zunächst am Spot-, später am Terminmarkt von den Betreibern abgeschöpft werden. Dabei sieht das Ministerium eine rückwirkende Regelung vom 1. März dieses Jahres an vor, zumindest für den Spotmarkt. Vor allem dieser Punkt wird in der gesamten Energiebranche als Tabubruch angesehen.
BEE: Schlechterstellung gegenüber FossilenAuch der Bundesverband Erneuerbaren Energie (BEE) zeigte sich alles andere als begeistert vom Vorstoß des Wirtschaftsministers. Von „großer Irritation in der Erneuerbaren-Branche“ ist in einer Mitteilung des Verbandes die Rede: „Die ambitionierten Ausbauziele der Ampel-Regierung sind nach Ansicht des BEE und seiner Fachverbände nicht mit den aktuellen Planungen vereinbar.“ Würde die Strompreisbremse wie im aktuell geleakten Konzept des BMWK eingeführt, werde „das Vertrauen in die Investitions- und Planungssicherheit durch eine überzogen restriktive Erlösabschöpfung in der Zukunft und einen verfassungswidrigen rückwirkenden Eingriff in vergangene Einnahmen massiv erschüttert.
Die erneuerbaren Energien werden im Vergleich zu fossilen Energien sogar schlechter gestellt,“ so BEE-Präsidentin Simone Peter. Investitionsanreize in neue Anlagen würden konterkariert, der weitere Ausbau Erneuerbarer Energien massiv ausgebremst und der Weiterbetrieb vieler Bestandsanlagen riskiert. Deren Kostenstruktur liege allzu nah oder gar deutlich über den in der Diskussion befindlichen Erlösgrenzen.
BSW präsentiert Raue-GutachtenDer BSW, der Lobbyverband der Solarwirtschaft, hat die Kanzlei Raue zur rechtlichen Begutachtung der Vorschläge eingeschaltet. Die Kanzlei kommt zu dem Schluss, dass die Pläne aus dem BMWK verfassungsrechtlich angreifbar wären und zudem gegen verabschiedete EU-Verordnung verstoßen würden. Der BSW zitiert aus dem Gutachten: „Die verfassungsrechtlichen Vorgaben für eine Rückwirkung zum 1.
März 2022 liegen offensichtlich nicht vor. Eine solche ‚echte‘ Rückwirkung ist nur in Ausnahmefällen zulässig.“ Diese sei aber hier nicht gegeben.
Bis 2030 soll die Photovoltaik-Leistung nahezu vervierfacht werden. Dazu brauche es solvente Investoren, vor allem, weil auch die Kapital-, Pacht- und Komponentenkosten im Bereich PV stark angestiegen seien, so Hauptgeschäftsführer Körnig. „Wer vor diesem Hintergrund ihre Erlöse beschneidet, raubt den zumeist mittelständischen Unternehmen den nötigen finanziellen Spielraum für die dringend notwendigen Investitionen in neue Solarprojekte.“
Aber auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sieht einige Inhalte des Papiers als inakzeptabel an.
Zustimmung vom VerbraucherschutzZustimmung zu den Überlegungen kommt hingegen von den Verbraucherzentralen. „Es kann nicht sein, dass die Preisbremsen erst nach dem Winter zum Frühjahrsbeginn kommen und sich dann auch nicht an den Verbrauchskosten im Winter orientieren sollen“, sagte Verbandschefin Ramona Pop nach Angaben der
Deutschen Presse-Agentur. Strom- und Gasbremse sollten in Deutschland schon im Januar greifen. Eine schnelle Entlastung dürfe nicht an technischen Voraussetzungen scheitern.
Bundeswirtschaftsminister Habeck hatte zuvor im
Handelsblatt Entlastungen für Stromkunden ab Januar angekündigt und gesagt „Die Entlastung beim Strompreis muss in jedem Fall spätestens im Januar einsetzen. Darauf zielen wir.“
Dienstag, 25.10.2022, 16:46 Uhr
Katia Meyer-Tien und Stefan Sagmeister
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