Rotoren für den Forschungswindpark. Quelle: DLR (CC BY-NC-ND 30)
Für enormen Wirbel sorgt ab sofort eine Forschungsanlage des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Absichtlich: Der Windpark „WiValdi“ testet auch Luftströme zwischen Turbinen.
An der Elbmündung auf niedersächsischem Gebiet drehen nun drei Windkraftanlagen ihre Runden. Das Beiwerk macht die Turbinen zu einer so besonderen Einrichtung, dass sogar Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) zur Eröffnung am 15. August in den Landkreis Stade eilte. Das staatliche Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) will mit dem Projekt „WiValdi“ die Windenergie so erforschen, dass aus dem Wind künftig effizienter und wirtschaftlicher Strom entstehen kann.
Den musikalische Assoziationen weckenden Namen hat das Projekt aus der Abkürzung von „Wind Validation“. Im Forschungspark Windenergie in Krummendeich hat das DLR nach eigener Darstellung ein „weltweit einzigartiges“ Ensemble aus Windkraftanlagen, Messmasten und einer Leitwarte in die Landschaft gesetzt, das zum Beispiel die Windströme und ihre Wirkung auf die hintereinander gesetzten Turbinen genau analysieren kann.
Wirbel zwischen zwei Windturbinen von großem Interesse
Zwei der drei Anlagen stehen absichtlich so dicht beieinander, dass der Wind zwischen ihnen stark verwirbelt. Mit diesem Prozess, gemessen mit Sensoren unter anderen an den Rotoren und einem modernen Mastensystem zwischen den Windenergieanlagen, soll die Wechselwirkung von Turbinen in Windparks transparenter werden. Die Erkenntnisse sollen der Windindustrie dazu verhelfen, Windparks besser zu planen, um die Energiewende effizienter und damit günstiger umzusetzen. Stephan Weil sagte, die weitere Forschung bilde für das Windenergie-Land Niedersachsen „auch die Chance einer großen wirtschaftlichen Stärkung“.
Die Windkraftanlagen
Das Herzstück von „WiValdi“ bilden die beiden „Opus 1“ und „Opus 2“ getauften Enercon E-115 EP3 mit einer Leistung von jeweils 4,2 MW. Sie schrauben sich maximal 150 Meter in die Höhe, bei einem Rotordurchmesser von 116 Metern. Besondere Aufschlüsse erlauben die Anlagen, weil sie von den Rotorspitzen bis in das Fundament mit 1.300 Sensoren ausgestattet sind. Diese üppige Messtechnik, der gesamte Park kommt auf mehr als 2.000 Sensoren, bezeichnet das DLR als „weltweit einmalig“.
Eine dritte Anlage ist mit 500 kW Leistung und einer Nabenhöhe von 50 Metern wesentlich kleiner dimensioniert. Sie dient sozusagen als Baukasten für spezielle Experimente. Denn die Rotoren sind austauschbar, Forschende können auch die Nabe vollständig ersetzen, um etwa einen Zweiblatt-Rotor zu testen.
Die Messanlagen
Ein Messmasten-Trio (Array) hat die Bewegungen der Luftströme im Auge, besser: in seiner Sensorik. Der 150 Meter hohe Mast in der Mitte überragt die beiden äußeren um 50 Meter. Bei der verbauten Technik handelt es sich um das Lasersystem Lidar (Light Detection And Ranging), das Windgeschwindigkeit, Windrichtung und Turbulenz erfasst. Aufschlüsse erwarten die Forschenden sich besonders über die Turbulenzen, die „Opus 1“ erzeugt und die die Anströmung auf „Opus 2“ bestimmen. Auch die kleine Windenergieanlage verfügt über einen Masten.
Die Leitwarte
Das zum Ensemble gehörende Forschungsgebäude ist so etwas wie das Gehirn des Windparks, bestehend aus Büro, Werkstatt und Labor. Die von den jeweiligen Sensoren erfassten Daten laufen dort ein und dienen Forschenden für weitergehende Analysen.
Nutznießer des Forschungsparks Windenergie sollen alle Unternehmen der Windindustrie sein, die am technischen Fortschritt ihrer Form der Energieerzeugung interessiert sind. Als staatliche Einrichtung verfolgt DLR mit dem Projekt das Ziel, „den Nutzen der Windenergie und aller damit verbundenen Systeme in Deutschland und international zu stärken“, heißt es von Seiten „WiValdis“.
Der Forschungspark Windenergie ist auf einer landwirtschaftlich genutzten Fläche in der niedersächsischen Samtgemeinde Nordkehdingen zwischen den Gemeinden Krummendeich, Oederquart und Freiburg entstanden. Start der Bauarbeiten war im Frühjahr 2021.
Die Finanzierung des rund 50 Millionen Euro teuren Projekts erfolgte weitestgehend aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur (MWK). Am Forschungspark hat das DLR mit seinen beiden Partnern aus dem Forschungsverbund Windenergie zusammengearbeitet, das sind ForWind – Zentrum für Windenergieforschung der Universitäten Oldenburg, Hannover und Bremen sowie das Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme (Fraunhofer IWES).
Dienstag, 15.08.2023, 17:15 Uhr
Volker Stephan
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