Größere Batteriespeicher gelten aufgrund ihrer Flexibilität als gute Ergänzung zur volatilen Erneuerbaren-Erzeugung für Versorger und Stadtwerke. Sie können überschüssigen Strom aus dem Netz aufnehmen und ihn bei Engpässen wieder abgeben. Weniger bekannt ist, dass solche Speicher auch „Kosten bei mittelständischen Unternehmen und Industrieunternehmen senken können“, sagt Stefan Arlt, Referent Energy Solutions bei der Bachner Group mit Sitz im bayerischen Mainburg.
„Der Preisverfall bei den Großspeichern schafft mittlerweile gute Business Cases für Industriebetriebe und KMU.“ Sowohl bei der Eigenverbrauchsoptimierung als auch zum Kappen von Spitzenlasten rechneten sich solche Speichersysteme durchaus − wenn sie technisch und wirtschaftlich sorgfältig geplant werden, so der Experte.
Arlt weist im Gespräch mit E&M darauf hin, dass Speichersysteme zudem das Netz entlasten und so den Ausbau von Erneuerbaren-Erzeugungsanlagen vorantreiben können. Am 21. November fand dazu die Fachtagung „Industrielle Batteriespeicher und Großflächenphotovoltaikanlagen − Ziemlich beste Freunde“ in der Fenecon-Großspeicherproduktion in Iggensbach nahe Deggendorf in Kooperation mit der Bachner Group statt.
Die Bachner Group ist ein Elektro- und Energiedienstleister und arbeitet unter anderem mit Fenecon zusammen. Auf der Fachtagung wurden Beispiele aufgezeigt, wie sich Speichersysteme einbinden lassen, es wurden aber auch Hindernisse und Probleme benannt.
Der Standort war nicht von ungefähr gewählt: Im Frühjahr 2024 ging dort die Großspeicherproduktion von Fenecon offiziell in Betrieb. In dieser Produktionsstätte werden aus neuen, obsoleten Elektrofahrzeugbatterien Großspeicher für die Energiewende gefertigt. Zudem wurde die Herstellung des Heimspeicher-Energiemanagementsystems an diesen Standort verlagert, wodurch die Kapazitäten auf etwa 500 Großspeicher und 30.000 Heimspeichereinheiten pro Jahr erhöht wurden.
Speicher entlasten Netze und fördern ErneuerbareInsbesondere die teils schwierige Netzsituation in Bayern war Thema auf der Fachtagung − und wie Großspeicher an strategisch günstigen Standorten das Netz sinnvoll entlasten können. Denn gerade in dem südlichsten Bundesland zeigt der schleppende Netzausbau seine negativen Auswirkungen. „Besonders in den Sommermonaten kommt hier das Netz an sonnigen Tagen schnell an Grenzen in manchen Regionen. Das jetzige Netzausbautempo reicht zudem nicht, um die Redispatcheingriffe zu verringern“, so Stefan Arlt von der Bachner Group.
Die Netzausbauproblematik führe auch dazu, dass Investoren bei großen Photovoltaikanlagen mittlerweile zurückhaltender agieren − insbesondere in der Wirtschaft. „Das Problem sind unter anderem vermehrt die harten Abschaltungen“, erklärt Arlt.
Technisch ist es im Prinzip mit dem richtigen Mess- und Regelkonzept zwar möglich, die Regelung nur am Netzeinspeisepunkt vorzunehmen, sodass lediglich die Einspeiseleistung abgeregelt wird und damit der Eigenverbrauch weiterhin möglich wäre.
In der Praxis zeigt sich jedoch ein anderes Bild und die Netzbetreiber fordern und betreiben eine „harte Abregelung“ der Wechselrichter, wodurch auch eine mögliche Selbstversorgung nicht mehr möglich ist. „Die Betreiber können immer schlechter abschätzen, wann die Anlage seitens des jeweiligen Netzbetreibers abgeschaltet wird, und dies oftmals auch nicht nachvollziehen, beispielsweise bei Abregelungen zum Teil bis 23 Uhr für Solarstrom.“
Diese Problematik sei auch im bayerischen Wirtschaftsministerium bekannt. Man hoffe hier auf eine Lösung nach der Bundestagswahl im Februar, damit künftig zumindest der Eigenverbrauch rechtlich gewährleistet ist.
Um den Netzausbau aber insgesamt weiter zu entlasten, seien Speicher, ein flexibler Verbrauch sowie smarte Mess- und Regelungstechnologien gute Mittel der Wahl, so Arlt. Die Anfragen und das Interesse an solchen Lösungen seitens der Unternehmen seien mehr geworden. Großspeicher könnten eingesetzt werden, um den Eigenverbrauch zu erhöhen, oder dazu genutzt werden, den Energiehandel zu optimieren. Auf Speichersysteme setzen aber nicht nur Unternehmen, sondern auch der Freistaat und Netzbetreiber.
So ist in der „Bayerischen Erneuerbare-Energien-Strategie − Energieplan Bayern 2040“ des Wirtschaftsministeriums zu lesen, dass wegen „der notwendigen Integration der erneuerbaren Energien in das Stromsystem“ der Ausbau der Stromnetzinfrastruktur sowie Speicher bereits heute eine bedeutsame Rolle einnehmen. Und auch Netzbetreiber wie das Bayernwerk testen Speicherprojekte.
Netzbetreiber testen GroßspeicherDas Bayernwerk hat zum Beispiel vergangenen Sommer angekündigt, netzdienliche Energiespeicher an den niederbayerischen Umspannwerken Roßbach (Landkreis Rottal-Inn) und Bogen (Landkreis Straubing-Bogen) zu errichten. Zur von der Bundesregierung angestrebten klimaneutralen Energieversorgung bis zum Jahr 2045 sagte aus diesem Anlass Robert Pflügl, Geschäftsführer der Bayernwerk Netz GmbH: „Für das Versorgungsgebiet der Bayernwerk Netz GmbH bedeutet dies eine Vervielfachung der heute an unser Stromnetz angeschlossenen Erzeugungsanlagen und Verbraucher.“
Großspeicher können insbesondere Photovoltaikanlagen gut ergänzen, sagt Arlt. Ein Beispiel ist in Ostbayern entstanden: Der im August 2023 eröffnete Next Mobility Hub in Passau-Sperrwies ist eine multifunktionale Tankstelle, die konventionelle Kraftstoffe, Wasserstoff für Lkw und Schnellladestationen für Elektrofahrzeuge kombiniert. Betrieben von Maier Korduletsch in Zusammenarbeit mit der Paul Group und Shell, umfasst die Anlage zwei Wasserstoffzapfsäulen mit 350 bar Druck für Lkw sowie zwölf HPC-Schnellladepunkte für Pkw und Lkw.
Ein zentrales Merkmal des Hubs ist die 230-kW-Photovoltaikanlage, die zusammen mit einem intelligenten Energiemanagementsystem Energie für den Betrieb bereitstellt und den Energiehandel im Intraday-Strommarkt ermöglicht. Zusätzlich wurden von Bachner zwei Stromspeicher des Herstellers Fenecon installiert. Sie verfügen jeweils über eine Leistung von mehr als 700 kW und eine Kapazität von rund 1,3 MWh. Damit optimieren sie den Eigenverbrauch der am Standort installierten Photovoltaikanlage und erhöhen das Flexibilitätspotenzial des vorhandenen Energiesystems.
„Durch den Einsatz dieser Stromspeicher können hohe Leistungsanforderungen, beispielsweise durch den gleichzeitigen Betrieb der Schnellladepunkte und des Wasserstoffkompressors, effizient bewältigt werden. Das ermöglicht den Betrieb von Schnellladesäulen auch in Regionen mit begrenzter Netzkapazität“, so die Aussage der Bachner Group. Der eine Speicher dient hierbei der Lastspitzenkappung und Eigenverbrauchsoptimierung, während der zweite für die Teilnahme am Stromhandel vorgesehen ist.
Diese beiden Anwendungsfälle − einmal Spitzenlastkappung und Eigenverbrauchsoptimierung, zum anderen die Teilnahme am Stromhandel − eignen sich laut dem Experten der Bachner Group bei Unternehmen
mittlerweile gut zum Einsparen von Energiekosten − zumal seit dem
Preisverfall bei Speichersystemen. Allerdings erforderten Realisierung und Betrieb solcher Speicher eine sorgfältige Planung und zuverlässige Partner.
Wesentliche Schritte umfassen nach Arlt die geeignete Wahl des Standorts, die rechtzeitige Beantragung von Netzanschlüssen und Baugenehmigungen sowie die Zusammenarbeit mit Systemlieferanten. Gerade der zuständige Netzbetreiber müsse frühzeitig mit eingebunden werden, wenn ein Speicherprojekt erfolgreich umgesetzt werden soll.
Bundesweit geht der aktuelle Szenariorahmenentwurf für den Netzentwicklungsplan (NEP) 2037/2045 von einem Speicherpotenzial von bis zu 168 GW im Jahr 2045 aus. Für das Tennet-Netzgebiet zeigt sich beispielhaft, dass die Ansiedlung von Großbatteriespeichern kurzfristig − etwa bis 2027 − vor allem in Bayern, Hessen (außer Frankfurt) und im südlichen Teil Niedersachsens zur Stabilisierung des Energiesystems beitragen kann, so die Aussage von Tennet. Diese Regionen bieten aufgrund der Nähe zur Solarstromerzeugung ein großes Potenzial, auch weil hier bisher weniger Anfragen für Batteriespeicher vorliegen als im Norden.
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Auf der Fachtagung bei Fenecon konnten die Gäste die Produktion besichtigen Quelle: Bachner Group |
Donnerstag, 13.02.2025, 10:00 Uhr
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