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Energie & Management > Recht - Richter verurteilen Fernwärme-Versorger zu mehr Transparenz
Quelle: Fotolia / Stefan Welz
Recht

Richter verurteilen Fernwärme-Versorger zu mehr Transparenz

Indizes ohne Link, fehlende Angaben zu Netzverlusten: Zwei Fernwärme-Anbieter sind wegen unzureichender Preisinformationen von Gerichten in die Pflicht genommen worden.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hat in zwei Verfahren vor Landgerichten gegen kommunale Fernwärmeanbieter Recht bekommen. Die Richter erkannten einen Verstoß gegen Transparenzvorgaben für Verbraucherinformationen bei den Stadtwerken Mainz und Duisburg. Die Stadtwerke Mainz haben Berufung angekündigt. In Duisburg hat sich der Fall erledigt, die Fernwärme-Tochter hat ihre Angaben auf der Website ergänzt.

Die Verbraucherschützer beanstanden bei dem kommunalen Versorger in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt die Darstellung von Indizes, die in die Preisanpassungsformel eingehen. Die Indizes – vor allem solche des Statistischen Bundesamtes – seien ohne Erläuterung und ohne Verlinkung auf die verwendeten Quellen aufgelistet worden, so die Kritik.

Zu dem Buchstaben G in der Formel beispielsweise geben die Stadtwerke in der Legende an: „destatis Fachserie 17 Reihe 2 lfd. Nr. 652 Erdgas – Abgabe an Kraftwerke“. Oder zur Erklärung der Kurzbezeichnung EM steht in der Legende: „Kosten für CO2-Emissionen Jahresfuture für aktuelles Kalenderjahr am letzten (Handelstag, die Redaktion - das Wort fehlt im Urteil) vor Monatsbeginn (EEX Future EUA MidDec) in €/MWh“.

Das Landgericht begründet das Urteil (Aktenzeichen 4 O 7/23) damit, dass die Indizes zwar im Internet grundsätzlich öffentlich zugänglich seien. Verbraucher müssten sie „jedoch mangels Verlinkung auf der Website der Beklagten“ selber im Netz suchen. Dabei sei „eine eindeutige Zuordnung der ermittelten Werte sowohl in sachlicher als auch in zeitlicher Hinsicht nur schwer möglich“, heißt es in dem Urteil. Und sofern dann ein vermeintlich zutreffender Index ermittelt werde, bleibe eine Unsicherheit.

Ähnliche Unwägbarkeiten sieht das Gericht bei der Kurzbezeichnung „EM“. Ansage an die Stadtwerke: Im Sinne des Verbraucherschutzes „ist das Setzen von eindeutigen Verlinkungen, die im Übrigen heutzutage üblich sind, zu verwendeten Indizes erforderlich und auch zumutbar.“

Der Fall wird in zweiter Instanz vor Oberlandesgericht Koblenz (Aktenzeichen 9 U 242/24) verhandelt. Die Stadtwerke wollen sich in kommenden Tagen zu dem Rechtsstreit äußern.

Stadtwerke Duisburg: „nach Gesetz gehandelt“

Auch die Stadtwerke Duisburg wollten das erstinstanzliche Urteil gegen sie zunächst nicht stehen lassen (Landgericht Düsseldorf, Aktenzeichen 14c O 24/23). Der VZBV hatte in diesem Fall Anstoß an der Darstellung der „Netzverluste“ der Fernwärme-Tochter genommen. „Das Unternehmen hatte für seine Wärmenetze ausschließlich die Netzverluste als absolute Zahl genannt“, so der Kritikpunkt. „Ohne Bezug zur Wärmeeinspeisung und nutzbaren Wärmeabgabe bleibt Verbraucherinnen und Verbrauchern völlig unklar, ob die genannten Energieverluste im Vergleich zu anderen Netzen hoch oder niedrig sind“, sagt Fabian Tief, Rechtsexperte beim VZBV.

Das Landgericht Düsseldorf verweist in der Urteilsbegründung auf Paragraf 1a Absatz 2 Fernwärmeverordnung (ABVFernwärmeV). Danach hat der Versorger „Informationen über die Netzverluste in Megawattstunden pro Jahr als Differenz zwischen der Wärme-Netzeinspeisung und der nutzbaren Wärmeabgabe im Internet in leicht zugänglicher und allgemein verständlicher Form zu veröffentlichen“.

Ein Sprecher der Duisburger erklärte dazu auf Anfrage unserer Redaktion, die Netzverluste habe man ausgewiesen, „wie es nach unserem Verständnis der Gesetzgeber vorsah“. Die Verbraucherzentrale NRW habe in einer Studie im Juni 2024 bestätigt, „dass es sich bei diesem Vorgehen um ein branchenübliches Vorgehen handelt und es unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Rechtsauslegung gibt“.

Die Berufung haben die Stadtwerke nach eigener Aussage zurückgenommen, weil sie sich seit Mai an der Transparenzplattform beteiligen, die die Verbände AGFW, BDEW und VKU gestartet haben. Auf der Website werden Netzverluste sowohl absolut als auch in Prozent angegeben. Der Stadtwerke-Sprecher fügt hinzu. „Von unseren Kundinnen und Kunden haben wir zu diesem Thema bisher keine Anfragen erhalten.“

Weiteres Verfahren in Berlin und Forderung nach Register

Neben dem Berufungsverfahren in Koblenz ist noch ein weiterer Rechtsstreit offen: Der VZBV sieht einen Verstoß gegen Transparenzregeln auch bei der BTB-Blockheizkraftwerks, Träger- und Betreibergesellschaft mbH Berlin und klagt auf Unterlassung (Landgericht Berlin, Az. 52 O 86/24).

Grundsätzlich mahnt der VZVB noch gesetzgeberischen Handlungsbedarf an. Die Transparenzplattform der Branchenverbände sei „ein Schritt in die richtige Richtung, reicht aber nicht aus“. Es brauche „ein unabhängiges Register bei einer Bundesbehörde, in der Informationen rund um die Preisgestaltung aller Fernwärmenetze aufgeführt werden“.






 




 

Montag, 22.07.2024, 16:56 Uhr
Manfred Fischer
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Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hat in zwei Verfahren vor Landgerichten gegen kommunale Fernwärmeanbieter Recht bekommen. Die Richter erkannten einen Verstoß gegen Transparenzvorgaben für Verbraucherinformationen bei den Stadtwerken Mainz und Duisburg. Die Stadtwerke Mainz haben Berufung angekündigt. In Duisburg hat sich der Fall erledigt, die Fernwärme-Tochter hat ihre Angaben auf der Website ergänzt.

Die Verbraucherschützer beanstanden bei dem kommunalen Versorger in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt die Darstellung von Indizes, die in die Preisanpassungsformel eingehen. Die Indizes – vor allem solche des Statistischen Bundesamtes – seien ohne Erläuterung und ohne Verlinkung auf die verwendeten Quellen aufgelistet worden, so die Kritik.

Zu dem Buchstaben G in der Formel beispielsweise geben die Stadtwerke in der Legende an: „destatis Fachserie 17 Reihe 2 lfd. Nr. 652 Erdgas – Abgabe an Kraftwerke“. Oder zur Erklärung der Kurzbezeichnung EM steht in der Legende: „Kosten für CO2-Emissionen Jahresfuture für aktuelles Kalenderjahr am letzten (Handelstag, die Redaktion - das Wort fehlt im Urteil) vor Monatsbeginn (EEX Future EUA MidDec) in €/MWh“.

Das Landgericht begründet das Urteil (Aktenzeichen 4 O 7/23) damit, dass die Indizes zwar im Internet grundsätzlich öffentlich zugänglich seien. Verbraucher müssten sie „jedoch mangels Verlinkung auf der Website der Beklagten“ selber im Netz suchen. Dabei sei „eine eindeutige Zuordnung der ermittelten Werte sowohl in sachlicher als auch in zeitlicher Hinsicht nur schwer möglich“, heißt es in dem Urteil. Und sofern dann ein vermeintlich zutreffender Index ermittelt werde, bleibe eine Unsicherheit.

Ähnliche Unwägbarkeiten sieht das Gericht bei der Kurzbezeichnung „EM“. Ansage an die Stadtwerke: Im Sinne des Verbraucherschutzes „ist das Setzen von eindeutigen Verlinkungen, die im Übrigen heutzutage üblich sind, zu verwendeten Indizes erforderlich und auch zumutbar.“

Der Fall wird in zweiter Instanz vor Oberlandesgericht Koblenz (Aktenzeichen 9 U 242/24) verhandelt. Die Stadtwerke wollen sich in kommenden Tagen zu dem Rechtsstreit äußern.

Stadtwerke Duisburg: „nach Gesetz gehandelt“

Auch die Stadtwerke Duisburg wollten das erstinstanzliche Urteil gegen sie zunächst nicht stehen lassen (Landgericht Düsseldorf, Aktenzeichen 14c O 24/23). Der VZBV hatte in diesem Fall Anstoß an der Darstellung der „Netzverluste“ der Fernwärme-Tochter genommen. „Das Unternehmen hatte für seine Wärmenetze ausschließlich die Netzverluste als absolute Zahl genannt“, so der Kritikpunkt. „Ohne Bezug zur Wärmeeinspeisung und nutzbaren Wärmeabgabe bleibt Verbraucherinnen und Verbrauchern völlig unklar, ob die genannten Energieverluste im Vergleich zu anderen Netzen hoch oder niedrig sind“, sagt Fabian Tief, Rechtsexperte beim VZBV.

Das Landgericht Düsseldorf verweist in der Urteilsbegründung auf Paragraf 1a Absatz 2 Fernwärmeverordnung (ABVFernwärmeV). Danach hat der Versorger „Informationen über die Netzverluste in Megawattstunden pro Jahr als Differenz zwischen der Wärme-Netzeinspeisung und der nutzbaren Wärmeabgabe im Internet in leicht zugänglicher und allgemein verständlicher Form zu veröffentlichen“.

Ein Sprecher der Duisburger erklärte dazu auf Anfrage unserer Redaktion, die Netzverluste habe man ausgewiesen, „wie es nach unserem Verständnis der Gesetzgeber vorsah“. Die Verbraucherzentrale NRW habe in einer Studie im Juni 2024 bestätigt, „dass es sich bei diesem Vorgehen um ein branchenübliches Vorgehen handelt und es unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Rechtsauslegung gibt“.

Die Berufung haben die Stadtwerke nach eigener Aussage zurückgenommen, weil sie sich seit Mai an der Transparenzplattform beteiligen, die die Verbände AGFW, BDEW und VKU gestartet haben. Auf der Website werden Netzverluste sowohl absolut als auch in Prozent angegeben. Der Stadtwerke-Sprecher fügt hinzu. „Von unseren Kundinnen und Kunden haben wir zu diesem Thema bisher keine Anfragen erhalten.“

Weiteres Verfahren in Berlin und Forderung nach Register

Neben dem Berufungsverfahren in Koblenz ist noch ein weiterer Rechtsstreit offen: Der VZBV sieht einen Verstoß gegen Transparenzregeln auch bei der BTB-Blockheizkraftwerks, Träger- und Betreibergesellschaft mbH Berlin und klagt auf Unterlassung (Landgericht Berlin, Az. 52 O 86/24).

Grundsätzlich mahnt der VZVB noch gesetzgeberischen Handlungsbedarf an. Die Transparenzplattform der Branchenverbände sei „ein Schritt in die richtige Richtung, reicht aber nicht aus“. Es brauche „ein unabhängiges Register bei einer Bundesbehörde, in der Informationen rund um die Preisgestaltung aller Fernwärmenetze aufgeführt werden“.






 




 

Montag, 22.07.2024, 16:56 Uhr
Manfred Fischer

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