Badenova-Vorstand Hans-Martin Hellebrand; Quelle: Badenova
Die Badenova will Speerspitze der Energie- und Wärmewende im Südwesten sein. Für die Finanzierung der Mammutaufgabe haben die Verantwortlichen einen besonderen Ansatz.
Das Klimaneutral-Ziel der Stadt Freiburg ist ambitioniert. Das Jahr 2035 ist dort die Ziellinie. Das Land Baden-Württemberg will 2040 die Netto-Treibhausgas-Neutralität erreicht haben. Auf dem Weg dorthin soll 2030 der Meilenstein bei 65
Prozent Reduktion gegenüber 1990 passiert werden.
Im Gespräch mit
E&M lässt Hans-Martin Hellebrand keinen Zweifel daran, dass die Badenova hinter diesen Zielen steht und sich dessen bewusst ist, dass der Versorger eine entscheidende Rolle bei der Zielerreichung spielt. Der Vorstand sieht das Unternehmen als „Speerspitze der Energie- und Wärmewende“.
In der Stadtwerke-Studie 2024 der Beratungsgesellschaft Ernst & Young spiegeln die meisten Kapitel eher eine trübe Stimmung in der kommunalwirtschaftlichen Landschaft wider. Die Notwendigkeit, die bisherigen jährlichen Investitionen zu vervierfachen und gleichzeitig einem steigenden Kostendruck standzuhalten, löst bei den Verantwortlichen der kommunalen und regionalen Energieversorger offensichtlich zunehmend Besorgnis aus. „Die kommenden zwei bis drei Jahre werden entscheiden, ob die Stadtwerke − gemeinsam mit Kommunen, Ländern und Bund − Antworten auf dieses Dilemma zwischen Zukunftsinvestitionen und anhaltendem Kostendruck finden“, schreiben die Autoren in der 90-seitigen Analyse.
Die Badenova hat dafür bereits einen Masterplan entworfen. Im Geschäftsbericht 2023 wird er als „Fixpunkt“ bezeichnet und als Grundlage des gesamten Handelns sowohl im Hinblick auf die ökologische als auch die ökonomische und soziale Verantwortung des Unternehmens.
Die wesentliche Säule des Masterplans ist die Elektrifizierung, die auch zur Vergrünung des Wärmesektors beitragen soll. Mehr regenerative Erzeugung und mehr flexible Verbraucher − damit rückt natürlich das Verteilnetz in den Fokus. Nach Schätzungen der Badenova wird sich die Last im Netzgebiet bis 2045 gegenüber 2022 um das Vierfache auf 1.030 MW erhöhen. Bis 2037 wird der Faktor immerhin 3,5 betragen. Damit sind die Weichen für einen massiven Ausbau des Stromnetzes gestellt. Andere Technologien, etwa die Tiefengeothermie, sollen die Wärmewende flankieren.
Funktion des Matchmakers beim Wasserstoff Wärmewende bedeutet für die Badenova allerdings nicht nur, den bestehenden Wärmeabsatz von rund 300 Millionen
kWh pro Jahr, der aktuell etwa zu einem Viertel aus erneuerbaren Energien stammt, zu vergrünen, sondern ihn auch deutlich zu steigern. Auf rund 1
Milliarde
kWh jährlich soll er bis 2035 ansteigen.
Sprüche wie „Wasserstoff ist das neue Erdgas und wird jede Heizung befeuern“ wird man von Vertretern der Badenova jedoch nicht hören. „Dieses Thema haben wir für uns schon aussortiert“, betont der Chef.
Die Wasserstoffökonomie will er in der Region aber durchaus voranbringen. Eine Reihe von Kooperationen sind dafür schon angebahnt und auch realisiert. Der Papierhersteller Koehler oder die Badischen Stahlwerke, beide im mittelbadischen Kehl, haben schon Bedarf signalisiert. 2035 sollen beide einen Leitungsanschluss für Wasserstoff haben. Die Netztochter der Badenova hat bereits mit den Planungen für eine 15
Kilometer lange Leitung von der Übergabestation der Terranets
BW bis nach Kehl begonnen. „Matchmaker“ nennt Hellebrand die Funktion, in der er den Versorger künftig sieht.
Der Badenova-Vorstand macht deutlich, dass die Finanzierung einer Wärmewende im gesamten Badenova-Gebiet auf die eigene Bilanz nicht darstellbar ist. Rund 4
Milliarden Euro veranschlagt das Unternehmen an Gesamtinvestitionen in die Energie- und Wärmewende in den nächsten 25 Jahren.
Homogenes Verständnis der heterogenen Anteilseigner„Wir haben schon seit ein paar Jahren ein Thesaurierungsschema etabliert, das dafür sorgt, dass Gewinne für Investitionen herangezogen werden können“, sagt Hellebrand und verweist auf das „homogene“ Verständnis der „ganz und gar nicht homogenen Gruppe der Anteilseigner“ für die Finanzierungsbelange des Unternehmens.
Für die Bereitstellung von Eigenkapital haben die Verantwortlichen der Badenova noch einen besonderen Ansatz gefunden, der in Form eines Hybridkapitals die Bilanz des Unternehmens schont und eine Verwässerung der Gesellschafteranteile und der Stimmrechte, etwa durch die Aufnahme neuer Anteilseigner, vermeidet. Es handelt sich um ein sogenanntes Gesellschafterdarlehen mit Rangrücktritt. Dies werde gerade in den Gremien intensiv diskutiert.
Einen ausführlichen Beitrag über die Rolle der Badenova bei der Energie- und Wärmewende sowie ihre Ansätze zur Finanzierung der Aufgaben, lesen Sie im Jahresmagazin 2024 von E&M im Dezember.
Freitag, 29.11.2024, 14:00 Uhr
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