Bei Mieterstromprojekten wie hier in Duisburg bietet sich Contracting an. Bild: Solarimo
Bislang stützt sich das Geschäftsmodell vieler Contractoren auf Erdgas. Mit dem Start des Brennstoffemissionshandelsgesetzes wird hier ein Umdenken einsetzen müssen.
Die Contracting-Branche lebte in der Vergangenheit gut vom Geschäft mit der Wärmelieferung. Die Technologien waren überschaubar. Gas-Brennwert im Bestand, BHKW im Neubau – dafür bauten die Anbieter entsprechendes Know-how auf, von dem sowohl sie selbst als auch die Wohnungswirtschaft profitierten. Das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) wird nun fossile Brennstoffe auf Dauer verteuern. Die Contractoren haben längst reagiert: Sie bieten heute auch Wärme aus Wärmepumpen, Solarthermie und die Beförderung in Nahwärmenetzen an.
Ab dem kommenden Jahr wird das BEHG fossile Brennstoffe verteuern. Dann erfolgt eine Beaufschlagung mit 25 Euro je Tonne CO2. Das bedeutet etwa für Erdgas eine Verteuerung um 0,6 Cent je kWh (derzeitiger Durchschnittspreis 6,11 Cent je kWh), für Heizöl um 0,7 Cent (3,83 Cent je kWh) je kWh. Bei Fernwärme könnte die Teuerung je nach Anteil von Kohle und Erdgas zwischen 0,5 und 0,7 Cent je kWh liegen (8,15 Cent je kWh; Angaben zu den Preisen: Brennstoffspiegel, 11/2020, Seite 56, bezogen auf 3.000 Liter Heizöläquivalent, bundesdurchschnittlich gerechnet, inklusive Grundpreise).
Gerade auf Erdgas stützt sich das Geschäftsmodell vieler Contractoren. Während in Bestandsgebäuden große Gas-Brennwertkessel ihren Dienst tun, sind es in Neubauten und bei Quartierslösungen meist Blockheizkraftwerke – ebenfalls fast immer mit Erdgas betrieben. „Auch die Versorgung mit Fernwärme ist nichts anderes als ein Contracting-Modell. Viele Wohnungsbestände von Mitgliedsunternehmen werden mit Fernwärme versorgt, oder mit Wärmelieferungen aus regionalen oder lokalen Netzen kleinerer Energieversorger“, erklärt Petra Memmler, Geschäftsführerin des Landesverband Hamburg im Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) und zudem Referentin für Technik und Energie. Fernwärme ist allerdings häufig auch eine teure Form der Wärmeversorgung für den Endnutzer, da alle Kosten für Errichtung und Betrieb der Anlage vom Energieversorger eingepreist werden.
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Bei Mieterstromprojekten wie hier in Duisburg bietet sich Contracting an Bild: Solarimo |
Diese Kosten muss der Endkunde, also der Mieter und Nutzer, tragen. Das könnte im Laufe der Zeit für Unmut sorgen, denn bis 2026 ist eine kontinuierliche und danach durch den freien, wenn auch begrenzten Handel eine deutliche Steigerung durch das BEHG vorgesehen. Contractoren suchen nicht nur deswegen seit Jahren schon nach Alternativen zum Erdgas.
Seit gut 20 Jahren gibt es bereits Contracting-Modelle mit Wärmepumpen – wenn auch auf niedrigem Niveau. Ein Pionier hier war im Jahr 2000 Köthen Energie, die in einem Servicecenter eine Wärmepumpe betreibt. Ergänzt wird diese Wärmepumpe mit einer Jahresarbeitszahl von 4,8 durch eine 1 kWp leistende Photovoltaikanlage sowie eine Solarthermieanlage. Damit sind auch schon die wesentlichen Alternativen zu Brennwerttechnik und BHKW aufgezeigt. Allerdings ließen sich beide auch mit Bioerdgas betreiben – nach dem neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG)
eine Erfüllungsoption.
Eine Nummer größer machte es die Südwärme in Unterschleißheim. Sie installierte 2007 zwei Wärmepumpen mit je 120 kW, die vier Gebäude mit 42 Wohnungen versorgen. Die Abdeckung mittels Wärmepumpen liegt bei 65 Prozent. Den Rest und Spitzen deckt eine Gas-Brennwerttherme ab.
Wärmepumpen bei Kühlbedarf sinnvollAllerdings sind solche Lösungen nur dann sinnvoll, wenn der Bedarf an Warmwasser im Verhältnis zur Heizungswärme nicht zu groß ist und eine Kältenutzung beim reversiblen Betrieb der Wärmepumpe möglich und nötig ist. In Wohnungen ist dies nicht immer der Fall, eher im gewerblichen Bereich wie Einzelhandelsflächen oder Bürogebäude. Contracting-Modelle dafür bietet etwa die Alois Müller Produktion GmbH aus Ungerhausen in Schwaben (Bayern) an. Sie baut eigene Geothermie-Großwärmepumpen, installiert und betreibt diese – jedoch nur im gewerblichen Bereich.
Eine weitere Möglichkeit sind PV-Anlagen, etwa für Mieterstrom. „In der Regel beträgt die Laufzeit hier 20 Jahre mit Option auf Verlängerung oder Kauf der Anlage“, so Judith Freude vom Berliner Unternehmen Solarimo, das sich genau darauf spezialisiert hat und auch die Vermarktung des Stromes an die Mieter übernimmt. Die Vergütung ist dabei eine Mischkalkulation aus dem Strom, der im Haus direkt von den Mietern oder für den Allgemeinstrom benötigt wird, und dem Strom, der übrig bleibt und ins Netz eingespeist wird – also nach EEG vergütet wird.
Nach Meinung von Solarimo hat dieses Modell für die Wohnungsbauunternehmen mehrere Vorteile. Zum einen den minimalen Aufwand, der jedem Contracting eigen ist, zum anderen die Finanzierung und Installation durch den Contractoren, was den Spielraum für Investitionen seitens des Wohnungsunternehmens hochhält. Das wichtigste ist jedoch, dass die steuerlichen Privilegien des Vermietungsmodells erhalten bleiben. „Nachdem die Regelungen für PV-Mieterstrom bei der Körperschaftssteuer für Vermietungsgenossenschaften im Jahr 2019 bereits etwas angepasst wurden, besteht durch die Gefährdung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung nach wie vor eine unüberwindbare Hürde für die Versorgung der eigenen Mieter mit Mieterstrom.“ erklärt Memmler. Aus diesem Grund würden Mieterstrommodelle im Eigenbetrieb für die Wohnungsunternehmen mit dem derzeitigen Rechtsrahmen gar nicht funktionieren.
Seitens der Kunden ist dies das am häufigsten von Solarimo angewendete Modell. „Nur wenn ein Unternehmen gewerbliche Einnahmen erwirtschaften darf sowie die finanziellen Kapazitäten hat, eine Anlage selbst zu finanzieren, ist ein anderes Modell möglicherweise sinnvoller“, so Freude. Langfristig werde beispielsweise die Eigenfinanzierung lukrativer für das Wohnungsunternehmen als das Contracting-Modell. In diesem Fall gebe es die Möglichkeit, dass die Anlage zurückgepachtet werde, so dass der Contractor der Betreiber wird und Betrieb, Wartung, Stromverkauf und Abrechnungsmanagement nicht beim Vermieter liegen.
Wärme wird in Wohnimmobilie komplett verbrauchtIn der Wohnungswirtschaft dominieren jedoch noch Gas-Brennwerttherme im Bestand und BHKW im Neubau, die meist mit einem Spitzenlastkessel kombiniert werden – auch der wird natürlich mit Erdgas betrieben. Bei BHKW wird die erzeugte Wärme zu 100 Prozent in der Immobilie verbraucht, der Strom hingegen wird fast immer zum Großteil oder komplett gegen die KWK-Vergütung analog der EEG-Umlage eingespeist. Aus diesem Finanzierungsmix lassen sich tragfähige Geschäftsmodelle für Contractoren erstellen.
Seitens der Wohnungsunternehmen gibt es dabei jedoch einiges zu beachten. „Wir haben es häufig damit zu tun, dass deutlich zu hohe Anschlussleistungen vorliegen, weil die Ausnutzung der Fernwärme im Gebäude durch hydraulische Probleme zu gering ist. Dadurch ist die Bereitstellungsgebühr oft auch höher als erforderlich“, so Memmler. Bei Optimierung des Verteilsystems sei es wichtig, dass die Verträge gerade bei langen Laufzeiten ab 15 Jahren angepasst werden können, was besonders nach energetischen Modernisierungen nötig und sinnvoll sei. Auch sollte besonders auf die Preisgleitklausen in den Verträgen geachtet werden. Der VNW berät seine Mitgliedsunternehmen entsprechend.
Letztlich ist für Memmler das Contracting einschließlich der Fernwärme eine wichtige Option bei der Wärmeversorgung von Wohnungsbeständen. Neben dem Wärmepreis wird künftig der Dekarbonisierungsgrad der gelieferten Wärme ein wesentliches Qualitätskriterium sein. „Jeder Versorger sollte gegenüber seinen Kunden deshalb schon heute volle Transparenz über die Emissionslast und den Primärenergiefaktor seines Produkts herstellen.“
Um die netzgebundene Wärme zu dekarbonisieren, werden erneuerbare Energien wie etwa zertifiziertes Biogas in Gas-BHKW eingekoppelt und fossile Energieträger reduziert werden müssen. Das neue BEHG werde solche Prozesse befördern. Allerdings könne es nicht sein, dass ein großer Teil des CO2-Preises, wie derzeit diskutiert, vom Vermieter zu tragen sei – ohne Rücksicht darauf, auf welches energetische Niveau die Gebäude durch Investitionen in Sanierungsmaßnahmen beziehungsweise energieeffizienten Neubau bereits gehoben wurde. In ihrem Verbandsgebiet allerdings gäbe es, so Memmler, bereits ambitionierte Ziele, die Fernwärme zu dekarbonisieren. So plane etwa Hamburg dies mit dem verstärkten Einkoppeln von Müllverbrennung und Solarthermie. Allerdings seien das immer teurere Alternativen und auch hier sei es seitens der Wohnungsunternehmen nicht ratsam, diese selbst zu betreiben.
Einsparcontracting funktioniert seltenDie Vergütung kann sich aber nicht nur an dem Betrieb einer Anlage orientieren, sondern auch an den Einspareffekten. Im Energiesparcontracting hat der Contractor nur einen Lohn, wenn er dauerhaft Energie einsparen kann. Im Bereich der Industrie sind solche Modelle schon gang und gäbe. Im Bereich der Wohnungswirtschaft eher nicht. Und das hat Gründe.
„Wir haben bisher keine Konzepte gesehen, die in der Breite skalierbar sind und dauerhaft funktionieren. Das liegt unter anderem daran, dass sich die Energiepreisentwicklung nicht prognostizieren und das Nutzerverhalten nur schwer beeinflussen lässt. Man kann dem Mieter ja nicht vorschreiben, nur mit 18 Grad zu heizen. Doch auch davon hängen Verbrauch und Einsparerfolg ab“, so Memmler. Es muss also vertraglich sehr genau definiert werden, mit welchen Rahmenparametern die tatsächlich erzielte „Einsparung“ berechnet wird, um spätere Diskussionen darüber zu vermeiden.
E&M
Freitag, 15.01.2021, 09:27 Uhr
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