E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Politik - Klimaschutzgesetz ohne Plan zur Umsetzung
Bild: canadastock / Shutterstock.com
Politik

Klimaschutzgesetz ohne Plan zur Umsetzung

Bei der Anhörung zum novellierten Bundes-Klimaschutzgesetz im Umweltausschuss des Bundestags bemängelten Sachverständige fehlende Maßnahmen für die Zielerreichung.
In einer Sitzung des Umweltausschusses des Bundestags ging es am 21. Juni um das neue Klimaschutzgesetz. Die geladenen Experten begrüßten zwar mehrheitlich die ehrgeizigeren Ziele zur Minderung der Treibhausgasemissionen, kritisierten aber zugleich, dass der Gesetzentwurf die dafür erforderlichen Maßnahmen offen lasse. Die Novelle des Klimaschutzgesetzes geht auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April 2021 zurück.

Dem Gesetzentwurf zufolge soll der Ausstoß von Treibhausgasen bis zum Jahr 2030 um 65 % gegenüber dem Stand von 1990 verringert werden. Bisher betrug das Reduktionsziel 55 %. Bis 2040 sollen die Emissionen um 88 % verringert werden und 2045 soll Deutschland klimaneutral sein, das heißt, keine Treibhausgase mehr ausstoßen. Der Umweltausschuss gibt nach der Anhörung seine Beschlussempfehlung zur Novelle ab. Der Bundestag soll am 24. Juni über die Vorlage entscheiden, der Bundesrat am Folgetag, jeweils in den letzten Sitzungen vor der Sommerpause.

Maßnahmenplan gefordert

Die verschärften Klimaschutzziele müssten mit konkreten Maßnahmen unterlegt werden, forderte Detlef Raphael von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (BVkom). Damit diese Maßnahmen nicht die gleichwertige Entwicklung der Regionen gefährdeten, brauche es Ausgleichsmechanismen. Nötig seien ferner ein rascher Ausbau der erneuerbaren Energien und eine Weiterentwicklung des Gebäudeenergiegesetzes, wobei der Schwerpunkt auf Quartieren und nicht auf Einzelgebäuden liegen müsse.

Die Novelle gehe weit über das hinaus, was das Bundesverfassungsgericht gefordert habe, kritisierte Holger Lösch vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Dabei sei es versäumt worden, die ökonomischen und sozialen Folgen der verschärften Klimaschutzziele abzuschätzen. Zudem erzeuge der Gesetzentwurf Unsicherheit, da die übergeordnete europäische Klimaschutzstrategie noch gar nicht feststehe.

Sozialen Ausgleich herstellen

Die verschärften Klimaschutzziele seien nur erreichbar, wenn die Rahmenbedingungen stimmten, betonte Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Dabei lasse der Gesetzentwurf wichtige Punkte offen. Das betreffe zum Beispiel den notwendigen Ausbau der erneuerbaren Energien, der schon jetzt auf der Stelle trete. Zudem äußere sich das Gesetz nicht zu den enormen Summen, die mobilisiert werden müssten, um Innovationen zu fördern. Und schließlich müsse die Politik verhindern, dass die Klimaschutzpolitik zur sozialen Verteilungsfrage werde.

Der Gesetzentwurf sei notwendig und eröffne Chancen für die Wertschöpfung und die industrielle Entwicklung, sagte Alexander Götz vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Es fehlten aber die nötigen Rahmenbedingungen und eine klare Strategie, um die Ziele zu erreichen. Zudem sei es riskant, die technologischen Optionen zu stark zu verengen.

Klimaschutz kosteneffizient machen

Für eine kosteneffiziente Klimapolitik sprach sich Joachim Weimann von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg aus. Klimapolitik müsse dort ansetzen, wo die Kosten der CO2-Reduktion am geringsten seien. Diese Suche nach kosteneffizienten Lösungen müsse über alle Sektoren und Länder hinweg erfolgen. Das Klimaschutzgesetz erzwinge aber eine sektorale und nationale Vermeidungsstrategie, womit es die Lasten maximiere und den im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts formulierten Zielen diametral entgegenstehe.

Die Ziele des Gesetzentwurfs blieben hinter den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zurück, kritisierte Barbara Metz von der Deutschen Umwelthilfe, die zwei der Verfassungsbeschwerden initiiert hatte. Als konkrete Maßnahmen forderte Metz ein Tempolimit, eine Sanierungsoffensive im Gebäudebereich und eine konsequente Umstellung auf Mehrwegverpackungen. Rechtsanwältin Roda Verheyen, die einige der Beschwerdeführer vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten hatte, kritisierte, dass sich aufgrund des Gesetzentwurfs kein Treibhausgas-Budget berechnen lasse.

Dienstag, 22.06.2021, 11:33 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Politik - Klimaschutzgesetz ohne Plan zur Umsetzung
Bild: canadastock / Shutterstock.com
Politik
Klimaschutzgesetz ohne Plan zur Umsetzung
Bei der Anhörung zum novellierten Bundes-Klimaschutzgesetz im Umweltausschuss des Bundestags bemängelten Sachverständige fehlende Maßnahmen für die Zielerreichung.
In einer Sitzung des Umweltausschusses des Bundestags ging es am 21. Juni um das neue Klimaschutzgesetz. Die geladenen Experten begrüßten zwar mehrheitlich die ehrgeizigeren Ziele zur Minderung der Treibhausgasemissionen, kritisierten aber zugleich, dass der Gesetzentwurf die dafür erforderlichen Maßnahmen offen lasse. Die Novelle des Klimaschutzgesetzes geht auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April 2021 zurück.

Dem Gesetzentwurf zufolge soll der Ausstoß von Treibhausgasen bis zum Jahr 2030 um 65 % gegenüber dem Stand von 1990 verringert werden. Bisher betrug das Reduktionsziel 55 %. Bis 2040 sollen die Emissionen um 88 % verringert werden und 2045 soll Deutschland klimaneutral sein, das heißt, keine Treibhausgase mehr ausstoßen. Der Umweltausschuss gibt nach der Anhörung seine Beschlussempfehlung zur Novelle ab. Der Bundestag soll am 24. Juni über die Vorlage entscheiden, der Bundesrat am Folgetag, jeweils in den letzten Sitzungen vor der Sommerpause.

Maßnahmenplan gefordert

Die verschärften Klimaschutzziele müssten mit konkreten Maßnahmen unterlegt werden, forderte Detlef Raphael von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (BVkom). Damit diese Maßnahmen nicht die gleichwertige Entwicklung der Regionen gefährdeten, brauche es Ausgleichsmechanismen. Nötig seien ferner ein rascher Ausbau der erneuerbaren Energien und eine Weiterentwicklung des Gebäudeenergiegesetzes, wobei der Schwerpunkt auf Quartieren und nicht auf Einzelgebäuden liegen müsse.

Die Novelle gehe weit über das hinaus, was das Bundesverfassungsgericht gefordert habe, kritisierte Holger Lösch vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Dabei sei es versäumt worden, die ökonomischen und sozialen Folgen der verschärften Klimaschutzziele abzuschätzen. Zudem erzeuge der Gesetzentwurf Unsicherheit, da die übergeordnete europäische Klimaschutzstrategie noch gar nicht feststehe.

Sozialen Ausgleich herstellen

Die verschärften Klimaschutzziele seien nur erreichbar, wenn die Rahmenbedingungen stimmten, betonte Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Dabei lasse der Gesetzentwurf wichtige Punkte offen. Das betreffe zum Beispiel den notwendigen Ausbau der erneuerbaren Energien, der schon jetzt auf der Stelle trete. Zudem äußere sich das Gesetz nicht zu den enormen Summen, die mobilisiert werden müssten, um Innovationen zu fördern. Und schließlich müsse die Politik verhindern, dass die Klimaschutzpolitik zur sozialen Verteilungsfrage werde.

Der Gesetzentwurf sei notwendig und eröffne Chancen für die Wertschöpfung und die industrielle Entwicklung, sagte Alexander Götz vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Es fehlten aber die nötigen Rahmenbedingungen und eine klare Strategie, um die Ziele zu erreichen. Zudem sei es riskant, die technologischen Optionen zu stark zu verengen.

Klimaschutz kosteneffizient machen

Für eine kosteneffiziente Klimapolitik sprach sich Joachim Weimann von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg aus. Klimapolitik müsse dort ansetzen, wo die Kosten der CO2-Reduktion am geringsten seien. Diese Suche nach kosteneffizienten Lösungen müsse über alle Sektoren und Länder hinweg erfolgen. Das Klimaschutzgesetz erzwinge aber eine sektorale und nationale Vermeidungsstrategie, womit es die Lasten maximiere und den im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts formulierten Zielen diametral entgegenstehe.

Die Ziele des Gesetzentwurfs blieben hinter den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zurück, kritisierte Barbara Metz von der Deutschen Umwelthilfe, die zwei der Verfassungsbeschwerden initiiert hatte. Als konkrete Maßnahmen forderte Metz ein Tempolimit, eine Sanierungsoffensive im Gebäudebereich und eine konsequente Umstellung auf Mehrwegverpackungen. Rechtsanwältin Roda Verheyen, die einige der Beschwerdeführer vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten hatte, kritisierte, dass sich aufgrund des Gesetzentwurfs kein Treibhausgas-Budget berechnen lasse.

Dienstag, 22.06.2021, 11:33 Uhr
Susanne Harmsen

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.