Quelle: Europäische Union / Mario Salerno
Die aserbaidschanische Präsidentschaft der Klimakonferenz hat einen Entwurf für die Abschlusserklärung vorgelegt – die Begeisterung der Teilnehmer darüber ist überschaubar.
Zu Beginn der Klimakonferenz Cop 29 hatten sich die Vertragsparteien des Pariser Abkommens relativ schnell auf die Modalitäten eines globalen Emissionshandels nach Artikel 6.4 des Abkommens verständigt. Aber seitdem treten die Verhandlungen auf der Stelle.
Den Entwurf für eine Abschlusserklärung, den die Cop-29-Präsidentschaft in der Nacht zum 21. November vorgelegt hat, halten Klimaaktivisten sogar für einen Rückschritt gegenüber den Beschlüssen der Cop 28.
Vor einem Jahr hatten sich die Mitgliedsstaaten in Doha (Katar) noch auf „eine Abkehr von fossilen Brennstoffen in den Energiesystemen“ verständigt. Davon ist im Entwurf der aserbaidschanischen Präsidentschaft nicht mehr die Rede.
Wie viel sollen Industrieländer zahlen, was ist das Ziel?
Auf die wichtigsten Fragen, die in Baku geklärt werden sollen, gibt der Text keine Antwort. Dazu gehört an erster Stelle, wie viel Geld in Zukunft über den internationalen Klimafonds für die Entwicklungsländer bereitgestellt wird. Bislang gilt, dass die Industrieländer jährlich 100 Milliarden US-Dollar (95 Milliarden Euro) in den Fonds einzahlen, aber diese Vereinbarung läuft 2025 aus. Danach soll deutlich mehr Geld vom Norden in den Süden fließen, die Forderungen gehen bis zu 1,3 Billionen US-Dollar (1,24 Billionen Euro) pro Jahr.
Mindestens so umstritten ist, wer in den Fonds einzahlen soll (wir berichteten). Die Industrieländer wollen angesichts des wachsenden Wohlstandes in Ländern wie China, Brasilien oder den Golfstaaten nicht mehr alleine für den Klimaschutz aufkommen, zumal die Schwellenländer längst deutlich mehr Treibhausgase ausstoßen: Alleine China erzeugte voriges Jahr mehr Kohlendioxid als alle Industrieländer zusammen.
Die Klimalobby möchte außerdem ein deutliches Bekenntnis zu ambitionierteren Klimazielen. Bis zur nächsten Klimakonferenz Cop 30 in einem Jahr müssen die Vertragsstaaten neue Nationale Selbstverpflichtungen (NDC) vorlegen.
Damit die möglichst anspruchsvoll ausfallen, soll die Cop 29 eine entsprechende Orientierung vorgeben.
In den Entwicklungsländern macht man das allerdings davon abhängig, dass die Finanzierung durch den Klimafonds gesichert wird. Der Entwurf legt in diesem Zusammenhang aber nur fest, dass Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel (adaptation) oder zur Kompensation von Schäden und Verlusten (loss and damage) vorrangig durch Zuschüsse und nicht durch Kredite finanziert werden sollen, um die Schuldenlast der Entwicklungsländer nicht weiter zu erhöhen.
EU nennt Erklärungsentwurf unannehmbar
Der Verhandlungsführer der EU, Klimakommissar Wopke Hoekstra, wies den Entwurf am Morgen in Baku als „inakzeptabel“ zurück. Ziel der EU sei es, die vor einem Jahr beschlossene Abkehr von den fossilen Brennstoffen zu konkretisieren: „Bei der Finanzierung brauchen wir mehr Klarheit, welche Anpassungsmaßnahmen öffentlich finanziert werden sollen. Insgesamt haben wir noch viel Arbeit vor uns, und ich denke, das gilt für alle Vertragsstaaten.“
Welchen finanziellen Beitrag die EU in Zukunft für die Aufgaben des internationalen Klimaschutzes und für Anpassungsmaßnahmen in den Entwicklungsländern zu leisten bereit ist, sagte Hoekstra nicht. Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte, es sei nicht akzeptabel, dass die Beschlüsse der Cop 28 „verwässert und verschlechtert“ würden.
Was NGO und die Entwicklungsländer fordern
Nach Ansicht von Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser bleibt die zentrale Frage der Konferenz nach dem Text der Präsidentschaft weiter unbeantwortet. Die Industrieländer müssten jetzt ein ausreichend hohes Finanzierungsangebot unterbreiten, um die Gespräche voranzubringen. Die Klimaexpertin von Brot für die Welt, Sabine Minninger, nannte den Entwurf „enttäuschend“. Einen Tag vor dem Ende der Konferenz seien die Industriestaaten nicht bereit, konkrete Summen anzubieten.
Die Gruppe der 77 Entwicklungsländer mit China verlangten, die Industrieländer müssten mindestens 500 Milliarden Dollar (475 Milliarden Euro) pro Jahr aufbringen. Als historische Hauptverursacher des Klimawandels müssten sie die Entwicklungsländer finanziell und technologisch unterstützen.
Die 45 ärmsten Entwicklungsländer machten einen Finanzierungsbedarf von weiteren 220 Milliarden Dollar pro Jahr geltend. Die vom Klimawandel besonders betroffenen Inselstaaten warfen der Cop-Präsidentschaft vor, ihr Text lasse die entscheidende Zahl, aber auch jeden klimapolitischen Ehrgeiz vermissen.
Donnerstag, 21.11.2024, 17:55 Uhr
Tom Weingärtner
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