Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Ein Versorger für den Landkreis Mühldorf am Inn trifft auf große Gegenliebe. 26 der 31 Kommunen im Südosten Bayerns sind offen für die Idee, eine endgültige Entscheidung aber steht aus.
Der Landkreis Mühldorf am Inn könnte einen Versorger bekommen, der für die beteiligten Kommunen Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien entwickelt. Der Arbeitstitel lautet „Landkreiswerk“, die 31 Kommunen des im Südosten Bayerns liegenden Kreises haben sich inzwischen separat mit der Idee befasst.
Nach den Diskussionen in den Lokalparlamenten können sich 26 der Städte und Gemeinden vorstellen, in den interkommunalen Verbund einzusteigen. Landrat Maximilian Heimerl (CSU) ist ein grundsätzlicher Befürworter des Landkreiswerks. Er bezeichnet es als „solidarischen Weg“, die Kräfte zu bündeln und gemeinsam Ökostrom zu erzeugen und zu vermarkten. Ziel ist es auch, Wertschöpfung in der Region zu halten.
Dass nicht alle Kommunen Interesse an der Gründung der Gesellschaft haben, liegt auch am Zuschnitt des Landkreises. Die Kreisstadt Mühldorf etwa und Waldkraiburg verfügen bereits über eigenständige und im Energiebereich tätige Stadtwerke, deren Interessen und Personal unmittelbar von einem übergreifenden Konstrukt berührt wären.
Kreisstadt sorgt sich indes um „unnötige Konkurrenz“
So ist etwa der jüngste Ratsbeschluss aus Mühldorf auch unter Vorbehalt zu sehen. Das Parlament sprach sich zwar deutlich für gemeinsame Aktivitäten aus (25:2-Stimmen). In der Ratsvorlage aber zweifelt die Stadtverwaltung „einen Mehrwert“ für die Kreisstadt an. Die eigenen Stadtwerke verfügten nicht nur über die erforderliche Kompetenz in Fragen der Energieversorgung, auch finanziere der Versorger über seine Gewinne verschiedene Bäder und eine Eisbahn. Die Verwaltung äußert folglich die „berechtigte Sorge“, sich mit der Gründung eines Landkreiswerks selbst „unnötig Konkurrenz zu machen“.
Der ehrenamtliche Bürgermeister der Gemeinde Schönberg, Alfred Lantenhammer (CSU), dringt derweil darauf, die Kompetenzen des Landkreiswerks zu begrenzen. Er möchte für Schönberg die Projektierung von Erneuerbaren-Anlagen weiter selbst bestimmen können. Die Beteiligung der Gemeinde an den Erlösen lasse sich auch über Verhandlungen mit externen Investoren festlegen. Für ihn sei es daher ausreichend, wenn das Landkreiswerk koordinierend eingreife, Gemeinden bei der Auswahl von Partnern unterstütze und Verträge prüfe. So äußerte er sich laut Oberbayerischem Volksblatt während der jüngsten Sitzung des Kreistags.
Die Mehrheit der Beteiligten will derzeit aber mehr und folgt dem vom Landkreis seit September 2023 eingeschlagenen Weg. Dieser propagiert, die Energieerzeugung vor Ort „selbst in die Hand zu nehmen“. Das von Gemeinden und Landkreis gebildete Unternehmen soll Projekte in den Kommunen identifizieren und entwickeln.
Fünf Euro je Einwohner in den Kapitalstock
Die Arbeit geht nach diesem Ansatz über das Finden geeigneter Flächen, über deren Sicherung mittels Pachtverträgen bis hin zum Genehmigungsprozess. Für die Anlagen selbst sollen sich dann eigenständige Gesellschaften gründen, an denen Kommunen, Landkreis und andere Beteiligte Anteile halten können. Hier sind Stadtwerke, Unternehmen und Bürgergenossenschaften denkbar. Der Landkreis verspricht sich viel davon, die Kräfte in einem gemeinsamen Versorger zu bündeln: Auch in Gesprächen mit Netzbetreibern gewinne der Verbund an „Schlagkraft“.
Die Kreisverwaltung treibt die Vorarbeiten unter den bisherigen Prämissen voran. Es geht um detaillierte Planungen, mögliche Projekte und einen Geschäftsplan für das Landkreiswerk. Die interessierten Kommunen sollen zunächst in Kapitalstock des Unternehmens einzahlen, vorgesehen sind jährlich 5 Euro je Einwohner über einen Zeitraum von fünf Jahren. Für die derzeit etwa 23.000 Einwohner zählende Kreisstadt Mühldorf würde das eine Einzahlung von 575.000 Euro bedeuten. Der Landkreis selbst will mit jährlich 150.000 Euro einsteigen, für Personal oder Personalkosten.
Die finanzielle Startbasis des Versorgers kalkuliert der Kreis bei der aktuellen Beteiligung mit knapp 600.000 Euro im Jahr der Gründung und folglich mit rund 3 Millionen Euro über fünf Jahre. Auch dies ist ein Kritikpunkt: Schönbergs Bürgermeister Alfred Lantenhammer glaubt nicht, dass das Landkreiswerk damit auskomme. Ungeachtet dessen erarbeitet der Kreis nun eine Vorlage, auf deren Grundlage die Kommunen über ihre Teilnahme verbindlich entscheiden sollen.
Freitag, 9.08.2024, 16:14 Uhr
Volker Stephan
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