Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Im bayerischen Mainfranken formiert sich eine neue Kraft: Das Regionale Energiewerk Untermain will im Januar 2024 seine Arbeit aufnehmen und zunächst Windkraftprojekte anstoßen.
Ein neuer Player betritt die Stadtwerke-Bühne. 31 Kommunen des Landkreises Miltenberg und die kreisfreie Stadt Aschaffenburg (beide Bayern) stehen kurz vor der Gründung des Regionalen Energiewerks Untermain (REW-Untermain GmbH). Der Treiber hinter dieser Gesellschaft, Aschaffenburgs früherer Stadtwerke-Chef Dieter Gerlach (64), spricht von einer 100-prozentigen Zustimmung der Kommunen.
Der Zusammenschluss der Städte und Gemeinden im REW will erreichen, dass der in Bayern allmählich Fahrt aufnehmende Windkraft-Ausbau mit möglichst hoher lokaler Wertschöpfung erfolgt. Die Gründung erfolge mit „einer gewissen Eilbedürftigkeit“, heißt es im Grundsatzbeschluss der Kommunen. Denn private Projektierer sind offenbar bereits dabei, das Feld der möglichen Zubau-Flächen abzugrasen.
„Unsere Schlagkraft sollte man nicht unterschätzen“, sagt Dieter Gerlach im Gespräch mit unserer Redaktion. Warum man sie unterschätzen könnte, liegt an der überschaubaren Größe mancher Kommune und ihrer Gemeindewerke. Doch gemeinsam könnten sie ihre Expertise und ihre Energie für den Ausbau der erneuerbaren Energieproduktion einsetzen. Das Potenzial des Verbundes liege nicht zuletzt darin, über eine Vielzahl an Flächen als Kommune selbst zu verfügen.
"Geburtshelfer" Dieter Gerlach stellt Schlagkraft heraus
Es ist aber nicht allein das Know-how der lokalen Versorger, die das REW-Untermain zum Erfolg führen soll. Das Konstrukt der Gesellschaft sieht einerseits 51 Prozent der Anteile für die 32 Kommunen vor. Den Rest teilen sich Energieversorger der Region, darunter mit der Entega aus Darmstadt auch einer aus Hessen.
Ebenfalls 12 Prozent wollen die Gasversorgung Unterfranken GmbH (Gasuf), die Aschaffenburger Versorgungs-GmbH (AVG) und ein Gemeindewerke-Verbund halten. Dieser besteht aus den Versorgern Stadtwerke Klingenberg, Energieversorgung Miltenberg-Bürgstadt (EMB), EZV Energie- und Service GmbH, E-Werk Goldbach-Hösbach und den Gemeinde- und Stadtwerken Glattbach, Kahl (Main), Partenstein, Nüdlingen, Hammelburg, Bad Brückenau, Bad Neustadt / Saale und Markt Frammersbach. 1 Prozent geht an eine zu gründende "Energiegenossenschaft Untermain".
Parallel entsteht im Nachbar-Landkreis Aschaffenburg ebenfalls ein regionales Versorgerbündnis. Dies, sagt Dieter Gerlach, wolle aber ohne externe Energieversorger auskommen. Gerlach ruft in Erinnerung, dass er das Regionalwerk bereits als Aschaffenburger Stadtwerke-Chef verwirklichen wollte. Damals waren die Bedingungen im Freistaat aber widriger: Hindernisse für die Windkraft – so die 10H-Abstandsregel zu Wohngebäuden und Landschaftsschutzgebiete – hätten zu „zu viel Gegenwind“ geführt. „Wir haben ein Jahrzehnt verloren“, sagt Gerlach.
Er sieht sich allenfalls als „Geburtshelfer“ für die REW-Untermain GmbH, die zunächst durch die 49%-Anteilseigner entsteht. Im Januar 2024 treten dann die 32 Kommunen nach formaler Unterzeichnung des Gesellschaftervertrags mit 51 % bei. Als Gründungsgeschäftsführer werde er sich dann Anfang 2024 zurückziehen.
Gewinne sollen einzelne Projektgesellschaften erwirtschaften
Die REW-Untermain GmbH solle dann eine „schlanke Führung“ erhalten: Zwei nebenamtliche Geschäftsführer - je einer von den Kommunen und von den Energiewerken - arbeiten mit einem noch zu findenden Projektentwickler zusammen. Das Stammkapital beträgt 100.000 Euro, der jährliche Aufwand soll bei 500.000 Euro liegen.
Ziel ist es nicht, dass das REW Gewinne macht. Es soll vielmehr die Kärrnerarbeit erledigen: Genehmigungsanträge für die Erneuerbaren-Projekte ausarbeiten und die Realisierung der Projekte gewährleisten. Für die einzelnen Erzeugungsanlagen sollen sich eigene Projektgesellschaften bilden, in die die REW-Gesellschafter nach Wunsch und Finanzstärke investieren können. Auch über andere Partner und Bürgerbeteiligung entscheiden die Projektgesellschaften dann eigenständig.
Dieter Gerlach sieht im gesamten Landkreis Miltenberg Potenzial für bis zu 100 Windräder. Dieses werde die REW-Untermain GmbH nicht zu 100 Prozent heben können, dafür hat sie dann doch eine zu geringe Finanzkraft. Weil einige Kommunen aber bereits Vorarbeiten für eigene Projekte erledigt haben, würde recht bald vermutlich eine Handvoll Windkraftanlagen entstehen. Weitere Anlagen seien dann „priorisiert“ zu verwirklichen.
Bei Flächen in Privateigentum dürfe das Regionalwerk "sich nicht einbilden, schlechtere Konditionen als private Projektierer anbieten zu können“, sagt Gerlach. Punkten könne der Verbund aber mit der regionalen Wertschöpfung und durch langfristige Projekte.
Windkraft- und dazu Solaranlagen sollen erst der Anfang des Portfolios sein. Das REW solle künftig in allen Energiewende-Bereichen zusammenarbeiten – also auch bei Wärmenetzen und der Stromspeicherung über Elektrolyseverfahren.
Freitag, 20.10.2023, 08:19 Uhr
Volker Stephan
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