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Trotz hoher Finanzierungskosten: Die Internationale Energieagentur (IEA) erwartet für dieses Jahr steigende Investitionen der Energiewirtschaft, vor allem für die erneuerbaren Energien.
Aus dem jüngsten „Welt-Investitionsbericht“ der Internationalen Energieagentur, IEA (Paris) geht hervor, dass in diesem Jahr rund 3 Billionen Dollar investiert, davon zwei Billionen in „saubere Technologien“ investiert werden: erneuerbare Energien, Elektroautos, Netzausbau, Atomkraft, Speicher, Wärmepumpen, emissionsarme Treibstoffe und Effizienzverbesserungen.
1 Billion Dollar (920 Milliarden Euro) werden für neue Kohlekraftwerke und andere Investitionen zur Nutzung fossiler Energie ausgegeben. 2023 seien neue Kohlekraftwerke (ohne CO2-Tiefenspeicherung, CCS) mit einer Gesamtleistung von 50.000 MW genehmigt worden, vor allem in China.
IEA-Direktor Fatih Birol führt das hohe Wachstum der „sauberen Technologien“ darauf zurück, dass sich die Anbieter eine gute Ausgangsposition im Wettbewerb um diese Zukunftstechnologien sichern wollten. Daneben spielten die Sorge um das Klima und um die Sicherheit der Energieversorgung eine wichtige Rolle.
Unangefochten die Nummer eins bei den Investitionen in Cleantech ist die Volksrepublik China mit 675 Milliarden Dollar (620 Milliarden Euro), angetrieben von einer hohen Nachfrage vor allem nach Lithium-Batterien, Solar-Modulen und Elektroautos. Die EU-Staaten investieren in die gleichen Branchen 370 und die USA 315 Milliarden Dollar (289 Milliarden Euro).
„Öl- und Gasbranche investiert zu wenig in Cleantech“
Der Öl- und Gasindustrie warf Birol vor, zu wenig in saubere Energie zu investieren. Nur 4 Prozent ihrer Investitionen würden dafür aufgewendet, 96 Prozent würden weiter in ihre traditionellen Geschäfte fließen, erklärte Birol. Die IEA erwartet, dass die Branche, angeführt von den Fördergesellschaften im Mittleren Osten, in diesem Jahr 7 Prozent mehr in die Öl- und Gasförderung investiert als 2023. Das entspreche zwar der erwarteten Nachfrage zum Ende dieses Jahrzehntes, sei aber unvereinbar mit den erklärten Klimazielen.
Unabhängig von Birols Bericht rief der Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), Antonio Guterres, aus ähnlichen Gründen zu einem Werbeboykott gegen die Öl- und Gasbranche auf.
Betrachtet man nur die Erzeugung, belaufen sich die Investitionen in die fossile Erzeugung laut IEA in diesem Jahr auf 1.116 Milliarden Dollar (+2,3 Prozent), in die Erneuerbaren auf 771 Milliarden Dollar (+4,9 Prozent) und in die „Atomkraft und andere saubere Technologien“ auf 80 Milliarden Dollar (+19,4 Prozent). In den Ausbau der Netze, einschließlich Speicher, werden 452 Milliarden Dollar (+8,6 Prozent) und zur Erhöhung der Energieeffizienz 669 Milliarden Dollar (+3,5 Prozent) investiert.
Besonders dynamisch entwickelten sich angesichts fallender Preise für Solarmodule die Investitionen in die Photovoltaik. Sie erreichten in diesem Jahr mit 500 Milliarden Euro den gleichen Umfang wie für alle anderen Energieträger.
Regional gibt es erhebliche Unterschiede. Die mit Abstand höchsten Ausgaben, fast 840 Milliarden Dollar, tätigt die Volksrepublik China für ihre Stromversorgung, davon 185 Milliarden für die fossilen und 359 Milliarden für die erneuerbaren Energien. Die USA investieren demnach in die Elektrizitätswirtschaft 490 Milliarden Dollar, davon 197 Milliarden für fossile und 85 Milliarden Dollar für grüne Energien. In der EU sind es 442 Milliarden Dollar insgesamt, davon 36 Milliarden für die CO2-intensive und 106 Milliarden für die regenerative Erzeugung.
Nur 15 Prozent in Schwellen- und Entwicklungsländern
Die wichtigste Botschaft des IEA-Berichtes sei, dass auf die Schwellen- und Entwicklungsländer (außer China) in diesem Jahr nur 15 Prozent der Investitionen in saubere Energie entfielen, sagte Birol. Das sei „weit entfernt von dem, was notwendig wäre, um die wachsende Nachfrage nach Energie in diesen Ländern zu decken.“
Wichtigste Ursache dafür seien die hohen Kapital- und Finanzierungskosten. Alleine die Finanzierung mache wegen unsicherer Rahmenbedingungen, hoher Risiken und Zinsen bis zu 60 Prozent der Kosten eines Projektes in diesen Ländern aus.
Es müsse mehr dafür getan werden, dass Investitionen vor allem dort getätigt würden, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Das seien vor allem die Entwicklungsländer, wo der Zugang zu einer „erschwinglichen, nachhaltigen und sicheren Energieversorgung“ nach wie vor nicht gegeben sei.
Neben den zum Teil ungünstigen gesamtwirtschaftlichen Umständen werde die Energiewende weltweit durch Engpässe in den Netzen und eine zu geringe Speicherkapazität behindert. Die IEA betrachtet es deswegen als ein gutes Zeichen, dass die Investitionen in die Netze in diesem Jahr kräftig ansteigen auf 400 Milliarden Dollar. Besonders in Europa stehe dafür mehr Geld zur Verfügung, und die politischen Rahmenbedingungen hätten sich verbessert. Das gelte auch für die Vereinigten Staaten, China und Teile Lateinamerikas.
Auch in Batteriespeicher, deren Kosten stark gefallen seien, werde mehr investiert: 54 Milliarden Dollar in diesem Jahr. Allerdings würden auch diese Investitionen überwiegend in den Industrieländern und China stattfinden. Auf die Entwicklungsländer entfalle nur 1 Prozent dieser Summe.
Donnerstag, 6.06.2024, 14:41 Uhr
Tom Weingärtner
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