Tests mit Lithium-Schwefel-Zellkonzepten im Labor. Quelle: Fraunhofer IWS / Martin Förster
Eine neue Zellchemie soll Lithium-Schwefel-Batterien leichter und sicherer machen. Forscher des Fraunhofer IWS arbeiten dafür an Festkörperstrukturen mit reduziertem Elektrolytanteil.
Lithium-Schwefel-Batterien gelten in der Forschung als vielversprechende Alternative zu etablierten Lithium-Ionen-Systemen. Sie könnten theoretisch doppelt so viel Energie speichern und wären deutlich leichter. In der Praxis verhindern jedoch chemische Nebenreaktionen, dass dieses Potenzial ausgeschöpft wird.
Der Grund dafür: Der flüssige Elektrolyt greift die Materialien an und lässt die Zellen zu schnell altern. Forschende am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS in Dresden wollen diese Schwachstellen beseitigen – mit einer neuen Festkörperchemie, die ohne flüssige Bestandteile auskommt und die Lebensdauer verlängern soll.
Im Mittelpunkt ihrer Arbeiten stehen zwei Forschungsprojekte: „AnSiLiS“, gefördert durch das Bundesforschungsministerium, und „TALISSMAN“, unterstützt durch das EU-Programm Horizon Europe. Beide Projekte sollen praxisnahe Zellkonzepte ermöglichen, die hohe Energiedichten mit stabilen Zyklen und erhöhter Sicherheit verbinden. Die Wissenschaftler arbeiten an einer Festkörper-Lithium-Schwefel-Zelle, die bei gleicher Kapazität deutlich leichter ist als heutige Systeme.
Der Ansatz des Fraunhofer IWS unterscheidet sich nach eigenen Angaben von bisherigen Konzepten. Während konventionelle Lithium-Schwefel-Zellen flüssige Elektrolyte verwenden, setzt das Dresdner Institut auf eine feste Zellstruktur. Sie wandelt Schwefel direkt in festes Lithiumsulfid um. Dadurch entstehen keine löslichen Polysulfide. Diese gelten als Hauptursache für Materialverluste und den beschleunigten Kapazitätsabbau herkömmlicher Zellen. Erste Laborversuche zeigen laut Fraunhofer, dass sich mit der neuen Architektur Energiedichten von über 600 Wattstunden pro Kilogramm erreichen lassen – mehr als doppelt so viel wie bei heutigen Lithium-Ionen-Batterien.
Details zu den Forschungsprojekten
Im Projekt „AnSiLiS“ (Anoden-Silizium-Lithium-Schwefel) entwickelt das IWS gemeinsam mit Universitäten und Forschungszentren eine stabilere Zellstruktur. Ziel ist, die Materialien so abzustimmen, dass die Batterien mehr Energie speichern und länger halten.
Das EU-Projekt „TALISSMAN“ („Towards Advanced Lithium-Sulfur batteries for Sustainable Mobility Applications“) soll diese Grundlagenforschung in die industrielle Anwendung überführen. Unter Leitung des baskischen Instituts CIDETEC entwickeln neun Partner aus Spanien, Frankreich, Italien und Deutschland zwei Zellgenerationen für Elektromobilität. Sie sollen Energiedichten bis zu 550 Wattstunden pro Kilogramm erreichen und mit nicht brennbaren, gelartigen Elektrolyten arbeiten. Zudem sollen die Produktionskosten auf unter 75 Euro/kWh sinken. Zum Vergleich: Heutige Lithium-Ionen-Batterien liegen laut einer Analyse von Bloomberg NEF (Dezember 2024) im Schnitt bei etwa 109 Euro/kWh.
Fertigung und Pilotanwendungen
Eine Schlüsselrolle spielt das vom Fraunhofer IWS entwickelte Verfahren „DRYtraec“. Der Name leitet sich vom englischen Verb to dry (trocknen) und dem Begriff track (Bahn, Prozesspfad) ab. Dabei werden Elektroden trocken und ohne Lösungsmittel beschichtet. Die Materialien werden zu stabilen Filmen verpresst. Dadurch entfällt das energieintensive Trocknen. Bislang werden die aktiven Materialien in lösungsmittelhaltige Pasten eingerührt, auf Folien aufgetragen und anschließend energieaufwendig getrocknet.
Nach Angaben des Instituts sinkt der Energiebedarf mit „DRYtraec“ im Vergleich zu dem herkömmlichen Nassverfahren um bis zu 30 Prozent, auch die CO2-Emissionen gehen spürbar zurück. Das Verfahren lässt sich im Rolle-zu-Rolle-Betrieb – einem kontinuierlichen Prozess mit beschichteten Folienbahnen – auf industriellen Maßstab übertragen, versichert Fraunhofer.
Die Prototypen entstehen im „Advanced Battery Technology Center“ des Fraunhofer IWS in Dresden. Dort werden die Elektroden gefertigt, gestapelt, versiegelt und getestet. In Kombination mit Analytik und Prozesssimulation entsteht eine durchgängige Entwicklungskette vom Material bis zur Zelle.
Die Forschenden sehen den Einsatz der Batterien vor allem dort, wo Gewicht und Energiedichte entscheidend sind – etwa in der Luftfahrt, bei Drohnen oder tragbaren Energiespeichern. In diesen Anwendungen stoßen konventionelle Lithium-Ionen-Batterien oft an Grenzen.
Donnerstag, 30.10.2025, 15:07 Uhr
Davina Spohn
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