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Energie & Management > Politik - EU-Kommission bereitet Eingriffe in den Gasmarkt vor
Quelle: Europäische Union / Mario Salerno
Politik

EU-Kommission bereitet Eingriffe in den Gasmarkt vor

Die EU-Kommission hat die Forderung von inzwischen 15 Mitgliedsstaaten nach einem Preisdeckel für alle Gasimporte in die EU zurückgewiesen.
In einem sogenannten „Non-Paper“, das auf dem außerordentlichen Rat der Energieminister am 30. September diskutiert werden soll, werden allerdings andere Eingriffe in den Gas- und Strommarkt vorgeschlagen, die nach Ansicht der Kommission geeignet sind, die Gaspreise in der EU zu senken und die Lage auf den Energiemärkten zu beruhigen.

Ein einheitlicher Höchstpreis für Gasimporte, wie er von den 15 Staaten (unser Bericht vom 27.September) gefordert wird, sei mit erheblichen Risiken für die Versorgungssicherheit verbunden, heißt es in der Kommission. Ihre Experten wiesen im Vorfeld des Energieministerrates darauf hin, dass die EU insbesondere ihre Flüssiggas(LNG)-Importe in den ersten acht Monaten des Jahres 2022 erheblich steigern konnte, weil ihre Importeure höhere Preise zahlten als in Asien oder anderen Regionen. Ein europäischer Höchstpreis könnte die Attraktivität Europas für die Anbieter von LNG beeinträchtigen. Dieser Nachteil könnte nur durch „beträchtliche finanzielle Ressourcen“ kompensiert werden.

Ein dynamischer Höchstpreis, wie er von den 15 Staaten gefordert wird, wäre nach Ansicht der Experten in Brüssel nur schwer zu handhaben. Die EU würde ihren Importpreis damit an einen Index binden, den sie nicht kontrollieren könnte. Die Entwicklung der Nachfrage sei in Europa und den mit der EU konkurrierenden Ländern außerdem von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Das gelte beispielsweise für die saisonabhängige Nachfrage, insbesondere für den Einsatz von Gasheizungen, der in der EU nicht zur gleichen Zeit erforderlich sei wie in anderen Regionen.

Grundsätzlich ändere die Dynamisierung des Preisdeckels nichts daran, dass die EU mit anderen Regionen um Gaslieferungen konkurriere. Diese würden deswegen auf einen Höchstpreis reagieren, um ihre Position im Wettbewerb wieder zu verbessern.

Preisdeckel zerstört Preissignal

Ein Preisdeckel zerstöre außerdem das Preissignal und erzeuge dadurch eine höhere Nachfrage nach Gas. Ohne Preissignal sei auch der Transport von Gas innerhalb der EU gefährdet, weil die Transportkosten nicht mehr weitergegeben werden könnten. Deswegen müsse der Preisdeckel durch ein hoch komplexes System der Zuteilung von Gas innerhalb der EU ergänzt werden. Ein solches System kann die EU aus technischen und vor allem politischen Gründen nicht so schnell aufbauen wie es nötig wäre.

Als Ersatz schlägt die Kommission drei Maßnahmen vor, über die die Energieminister am Freitag beraten sollen. Zum einen einen Höchstpreis für russische Gasimporte, die inzwischen noch 9 % der gesamten Gasimporte der EU ausmachen. Der Preis für russisches Gas würde dabei so festgesetzt, „dass er deutlich unter dem gegenwärtigen Großhandelspreis liegt aber über der Rentabilitätsschwelle, die sich aus den Preisen der Vergangenheit ergibt“, heißt es im Non-Paper der Kommission. Das würde einen Beitrag zur Senkung des Preisniveaus in der EU leisten und die Einnahmen der Regierung in Moskau reduzieren. Der Höchstpreis für russisches Gas würde nur für Importgeschäfte gelten, danach könnte das Gas frei zu den in der EU üblichen Preisen innerhalb des Binnenmarktes gehandelt werden.

Zweitens wäre die Kommission jetzt bereit, über eine Entkoppelung des Strom- vom Gaspreis zu reden, was sie im Frühjahr noch strikt abgelehnt hatte. Eine Möglichkeit bestehe darin, für Gas, das zur Stromerzeugung eingesetzt wird, einen Höchstpreis festzulegen, heißt es in dem Papier weiter. Dabei müsse aber sichergestellt werden, dass es nicht zu einer Erhöhung der Nachfrage komme. Das sei durch begleitende Sparmaßnahmen möglich, heißt es in der Kommission.

Lockerung der Regelungen für Beihilfen

Gegen die hohen Preisschwankungen schließlich will die Kommission mit neuen Regeln für den Gashandel vorgehen. Die für die Energie- und die Finanzmärkte zuständigen Agenturen der EU, ACER und ESMA, würden die Märkte genau beobachten und Verhaltensweisen identifizieren, die das Funktionieren insbesondere des Börsenhandels behinderten. Gegen Marktmanipulationen soll konsequent vorgegangen werden.

Berechtigt sei auch die Sorge der Mitgliedsstaaten, dass die hohen Preise die Liquidität des Strom- und Gasgroßhandels reduzierten. Kleinere Akteure können die horrenden Garantiesummen, die für die Teilnahme am Großhandel verlangt werden, nicht mehr aufbringen. Die Kommission ist in diesem Zusammenhang bereit, ihre Regeln für Beihilfen zu lockern, damit die Mitgliedsstaaten die Handlungsfähigkeit dieser Akteure durch staatliche Bürgschaften verbessern können.

Gleichzeitig müsse darüber nachgedacht werden, ob die Notierungen an der niederländischen Gasbörse TTF weiterhin als Leitindex für alle Transaktionen im Gasmarkt geeignet seien. Ein Teil der Schwankungen der TTF-Notierungen sei auch darauf zurückzuführen, dass die dort gehandelten Mengen nicht mehr so leicht wie früher an ihren Bestimmungsort gelangen, weil das Leitungsnetz inzwischen andere Anforderungen erfüllen müsse als früher.

Donnerstag, 29.09.2022, 17:51 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Politik - EU-Kommission bereitet Eingriffe in den Gasmarkt vor
Quelle: Europäische Union / Mario Salerno
Politik
EU-Kommission bereitet Eingriffe in den Gasmarkt vor
Die EU-Kommission hat die Forderung von inzwischen 15 Mitgliedsstaaten nach einem Preisdeckel für alle Gasimporte in die EU zurückgewiesen.
In einem sogenannten „Non-Paper“, das auf dem außerordentlichen Rat der Energieminister am 30. September diskutiert werden soll, werden allerdings andere Eingriffe in den Gas- und Strommarkt vorgeschlagen, die nach Ansicht der Kommission geeignet sind, die Gaspreise in der EU zu senken und die Lage auf den Energiemärkten zu beruhigen.

Ein einheitlicher Höchstpreis für Gasimporte, wie er von den 15 Staaten (unser Bericht vom 27.September) gefordert wird, sei mit erheblichen Risiken für die Versorgungssicherheit verbunden, heißt es in der Kommission. Ihre Experten wiesen im Vorfeld des Energieministerrates darauf hin, dass die EU insbesondere ihre Flüssiggas(LNG)-Importe in den ersten acht Monaten des Jahres 2022 erheblich steigern konnte, weil ihre Importeure höhere Preise zahlten als in Asien oder anderen Regionen. Ein europäischer Höchstpreis könnte die Attraktivität Europas für die Anbieter von LNG beeinträchtigen. Dieser Nachteil könnte nur durch „beträchtliche finanzielle Ressourcen“ kompensiert werden.

Ein dynamischer Höchstpreis, wie er von den 15 Staaten gefordert wird, wäre nach Ansicht der Experten in Brüssel nur schwer zu handhaben. Die EU würde ihren Importpreis damit an einen Index binden, den sie nicht kontrollieren könnte. Die Entwicklung der Nachfrage sei in Europa und den mit der EU konkurrierenden Ländern außerdem von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Das gelte beispielsweise für die saisonabhängige Nachfrage, insbesondere für den Einsatz von Gasheizungen, der in der EU nicht zur gleichen Zeit erforderlich sei wie in anderen Regionen.

Grundsätzlich ändere die Dynamisierung des Preisdeckels nichts daran, dass die EU mit anderen Regionen um Gaslieferungen konkurriere. Diese würden deswegen auf einen Höchstpreis reagieren, um ihre Position im Wettbewerb wieder zu verbessern.

Preisdeckel zerstört Preissignal

Ein Preisdeckel zerstöre außerdem das Preissignal und erzeuge dadurch eine höhere Nachfrage nach Gas. Ohne Preissignal sei auch der Transport von Gas innerhalb der EU gefährdet, weil die Transportkosten nicht mehr weitergegeben werden könnten. Deswegen müsse der Preisdeckel durch ein hoch komplexes System der Zuteilung von Gas innerhalb der EU ergänzt werden. Ein solches System kann die EU aus technischen und vor allem politischen Gründen nicht so schnell aufbauen wie es nötig wäre.

Als Ersatz schlägt die Kommission drei Maßnahmen vor, über die die Energieminister am Freitag beraten sollen. Zum einen einen Höchstpreis für russische Gasimporte, die inzwischen noch 9 % der gesamten Gasimporte der EU ausmachen. Der Preis für russisches Gas würde dabei so festgesetzt, „dass er deutlich unter dem gegenwärtigen Großhandelspreis liegt aber über der Rentabilitätsschwelle, die sich aus den Preisen der Vergangenheit ergibt“, heißt es im Non-Paper der Kommission. Das würde einen Beitrag zur Senkung des Preisniveaus in der EU leisten und die Einnahmen der Regierung in Moskau reduzieren. Der Höchstpreis für russisches Gas würde nur für Importgeschäfte gelten, danach könnte das Gas frei zu den in der EU üblichen Preisen innerhalb des Binnenmarktes gehandelt werden.

Zweitens wäre die Kommission jetzt bereit, über eine Entkoppelung des Strom- vom Gaspreis zu reden, was sie im Frühjahr noch strikt abgelehnt hatte. Eine Möglichkeit bestehe darin, für Gas, das zur Stromerzeugung eingesetzt wird, einen Höchstpreis festzulegen, heißt es in dem Papier weiter. Dabei müsse aber sichergestellt werden, dass es nicht zu einer Erhöhung der Nachfrage komme. Das sei durch begleitende Sparmaßnahmen möglich, heißt es in der Kommission.

Lockerung der Regelungen für Beihilfen

Gegen die hohen Preisschwankungen schließlich will die Kommission mit neuen Regeln für den Gashandel vorgehen. Die für die Energie- und die Finanzmärkte zuständigen Agenturen der EU, ACER und ESMA, würden die Märkte genau beobachten und Verhaltensweisen identifizieren, die das Funktionieren insbesondere des Börsenhandels behinderten. Gegen Marktmanipulationen soll konsequent vorgegangen werden.

Berechtigt sei auch die Sorge der Mitgliedsstaaten, dass die hohen Preise die Liquidität des Strom- und Gasgroßhandels reduzierten. Kleinere Akteure können die horrenden Garantiesummen, die für die Teilnahme am Großhandel verlangt werden, nicht mehr aufbringen. Die Kommission ist in diesem Zusammenhang bereit, ihre Regeln für Beihilfen zu lockern, damit die Mitgliedsstaaten die Handlungsfähigkeit dieser Akteure durch staatliche Bürgschaften verbessern können.

Gleichzeitig müsse darüber nachgedacht werden, ob die Notierungen an der niederländischen Gasbörse TTF weiterhin als Leitindex für alle Transaktionen im Gasmarkt geeignet seien. Ein Teil der Schwankungen der TTF-Notierungen sei auch darauf zurückzuführen, dass die dort gehandelten Mengen nicht mehr so leicht wie früher an ihren Bestimmungsort gelangen, weil das Leitungsnetz inzwischen andere Anforderungen erfüllen müsse als früher.

Donnerstag, 29.09.2022, 17:51 Uhr
Tom Weingärtner

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