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Eine Woche nach der Bildung der neuen Bundesregierung hat die neue Wirtschaftsministerin, Katherina Reiche, neue Akzente auf dem europäischen Parkett gesetzt.
Der Blackout auf der iberischen Halbinsel, sagte Bundeswirtschaftsministerin
Katherina Reiche am Rande ihres ersten Energieministerrates in Warschau, zwinge zu einem realistischen Blick auf die Transformation und die Energiewende in Deutschland und in Europa: „Oberstes Ziel ist es, Versorgungssicherheit zu garantieren, bezahlbare Preise sicherzustellen und die Wettbewerbsfähigkeit des Kontinents zu sichern.“ Dabei setze Deutschland auf „absolute Technologieoffenheit“. Außerdem brauche man eine integrierte und diversifizierte Gasversorgung, damit die EU nicht in neue Abhängigkeiten gerate.
Die Vorschläge der Kommission, bis Ende 2027 in der EU kein russisches Gas mehr zu benutzen, seien bei den Energieministern auf breite Zustimmung gestoßen, sagte die polnische Ratspräsidentin, Paulina Hennig-Kloska, nach Abschluss der Beratungen. An den Schlussfolgerungen zur Energieversorgungssicherheit, die einstimmig beschlossen werden müssen, werde aber weiter gearbeitet. Hier müssen auch Ungarn und die Slowakei, die weiter russisches Gas beziehen, überzeugt werden müssen. Der Ausstieg aus der Nutzung von russischem Gas und russischer Nukleartechnik dürfe nicht zu höheren Energiepreisen führen.
Die Energieminister haben auch über die Zukunft des Emissionshandels beraten, der in den nächsten Jahren überprüft werden soll. Dabei geht es zunächst um den Emissionshandel für den Verkehr und den Gebäudesektor: ETS
2. Er soll im Jahr 2027 in Kraft treten, zunächst mit einem Preis um die 45 Euro je Tonne. Vor allem die osteuropäischen Mitgliedsstaaten fürchten, dass viele Haushalte, die dort auch noch mit Öl oder Kohle heizen, damit überfordert werden. Polen, das im ersten Halbjahr den Vorsitz im Ministerrat führt, ist der Wortführer dieser Staaten und setzt sich dafür ein, den Beginn des ETS 2 um mindestens ein Jahr zu verschieben. Sollte sich dafür keine Mehrheit im Rat finden, werde sie eine Ausnahme für Polen beantragen, sagte die Ministerin in Warschau.
Klimaziel 2040 steht zur DebatteUnter Druck kommt auch das von der Kommission anvisierte Klimaziel für 2040. Die alte Kommission hatte noch empfohlen, die Treibhausgase bis dahin um 90 Prozent zu senken. Das entspricht in etwa dem Tempo, das die EU im laufenden Jahrzehnt vorlegen will, gilt aber als anspruchsvoll, weil die Reduktion der Treibhausgase mit der Zeit immer aufwändiger wird, nach dem Motto: die unten hängenden Früchte werden zuerst geerntet, danach muss man auf die Leiter steigen.
Nach der Regierungsbildung in Berlin gibt es dafür vom größten Land der Union keine volle Unterstützung mehr. Christ- und Sozialdemokraten wollen das 90-Prozent-Ziel nur noch mit der Maßgabe unterstützen, dass „in begrenztem Umfang auch nachhaltige negative Emissionen“ und „CO2-Reduzierung durch hochqualifizierte, zertifizierte und permanente Projekte in außereuropäischen Ländern“ bis zu drei Prozent angerechnet werden. Diese Position wird inzwischen offiziell auch von der österreichischen Regierung unterstützt und dürfte auch anderen Ländern wie Polen entgegenkommen.
Der zuständige Kommissar, Wobke Hoekstra, hat den Kritikern auch schon eine „Flexibilisierung“ des Kommissionsvorschlages im Sinne der Deutschen in Aussicht gestellt. Aber die Verhandlungen gestalten sich offenbar schwieriger als gedacht. Die von der Kommission ins Auge gefasste Frist: Ende März ist längst verstrichen und ein Vorschlag nicht in Sicht. Inzwischen ist von „vor der Sommerpause“ die Rede. Das wäre die letzte Frist, um sich damit auf der Klimakonferenz in Brasilien noch Gehör zu verschaffen.
Die Grünen fürchten, dass die ‚Flexibilisierung‘ des Klimazieles 2040 den „Green Deal“ der letzten Kommission weiter untergräbt. Ihr energiepolitischer Sprecher, Michael Bloss, hat in dieser Woche noch einmal eindringlich davor gewarnt, den Unternehmen den Ausweg über den Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens zu eröffnen. Die danach angebotenen Zertifikate seien nicht zuverlässig und gäben keine Gewähr für wirksamen Klimaschutz. Er verwies auf eine Untersuchung des Öko-Institutes, nach der die ausgewiesenen Treibhausgas-Reduktionen sechs Mal höher seien als die tatsächlichen Beiträge zum Klimaschutz.
Die Möglichkeit, Zertifikate aus Drittstaaten zu erwerben und im Rahmen des europäischen Emissionshandels geltend zu machen, könne zu einem erneuten Preisverfall im ETS führen und zerstöre die Anreize, in die Transformation der europäischen Industrie und Energiewirtschaft zu investieren. Bloss geht davon aus, dass Strom aus grünem Wasserstoff erst bei einem CO2-Preis von 200 Euro pro Tonne wettbewerbsfähig würde. Eine Öffnung des ETS für Zertifikate aus Drittstaaten würde dieses Preisniveau verhindern.
Donnerstag, 15.05.2025, 09:30 Uhr
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