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Energie & Management > Studien - Esys-Studie schickt Grundlastkraftwerke bis 2045 in den Ruhestand
Quelle: Acatech
Studien

Esys-Studie schickt Grundlastkraftwerke bis 2045 in den Ruhestand

Grundlastkraftwerke sind in einem treibhausgasneutralen Energiesystem in Deutschland ab 2045 nicht mehr nötig − so Berechnungen des Akademienprojektes „Energiesysteme der Zukunft“.
In Deutschland wurden seit einiger Zeit keine neuen Grundlastkraftwerke für die Stromerzeugung mehr errichtet. Einzig über die Förderung von Kraft-Wärmekopplungsanlagen geschieht noch Zubau. Die Politik will einen Markt für flexible Kapazitäten schaffen, die Strom abnehmen und erzeugen, je nach Bedarf. Dazu gehören vor allem erneuerbare Anlagen und Speicher sowie Power-to-X-Anlagen. Auch das Kraftwerkssicherungsgesetz (KWSG) zielt nur auf die Errichtung von Residuallastkraftwerken, die in seltenen Strommangelsituationen einspringen.

Vor diesem Hintergrund untersuchte ein Wissenschaftlerteam in der Studie „Energiesysteme der Zukunft“ (Esys) die Rolle von Grundlastkraftwerken. Die beteiligten Wissenschaftsakademien kommen dabei zum Schluss, dass eine sichere Stromversorgung preiswerter und mit höherer Akzeptanz zu sichern ist, ohne neue Grundlastkraftwerke zu errichten. Dies schreiben sie in dem Impulspapier „Kernspaltung, Erdgas, Geothermie, Kernfusion: Welche Rolle spielen Grundlastkraftwerke in Zukunft?“. Nur, falls sie zukünftig wirtschaftlicher sein sollten als die Alternativen, könnten diese Kraftwerke noch ein Teil des Energiesystems werden.

Kombination von Erzeugung und Speicherung

Im Projekt Esys arbeiten rund 160 Fachleute von Acatech, Leopoldina und Akademienunion zusammen. Sie stützten sich dabei auf Modellrechnungen und Szenarien des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI). Für eine klimafreundliche und zuverlässige Stromversorgung werde in jedem Fall eine Kombination aus Solar- und Windenergieanlagen mit Speichern, einem flexiblen Wasserstoffsystem und einer flexiblen Stromnutzung nötig sein, so das Ergebnis. Auch ohne Grundlastkraftwerke wäre die Versorgungssicherheit so zu gewährleisten.

Bei ihren Untersuchungen haben sich die Esys-Fachleute auf vier Technologien konzentriert: Kernkraftwerke, Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke (GuD) für Erdgas mit anschließender Kohlendioxid-Abscheidung, Geothermie zur Stromerzeugung und Kernfusionskraftwerke. In den nächsten 20 Jahren in großem Umfang realisierbar sind wahrscheinlich am ehesten die Gaskraftwerke. Da eine Infrastruktur für das abgeschiedene Kohlenstoffdioxid erst noch aufgebaut werden muss, werden sie teuer. Zudem müsse für sie eine parallele Gas- und Wasserstoffinfrastruktur betrieben werden. Etwaige Restemissionen aus der Gasförderung und dem Kraftwerksbetrieb müssten zusätzlich ausgeglichen werden.
 
Das deutsche Stromsystem kann bis 2045 auch ohne Grundlastkraftwerke gesichert werden
(zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken)
Quelle: Acatech

Neue Kraftwerke zu teuer

Ausgehend von den bisherigen Kostenentwicklungen der verschiedenen Technologien erwarten die Esys-Fachleute nicht, dass Grundlastkraftwerke die Gesamtkosten der Energieversorgung senken würden. „Damit Grundlastkraftwerke zu einer substanziellen Kostensenkung führen, müssten ihre Kosten erheblich unter das heute prognostizierte Niveau fallen“, betonte Karen Pittel, Leiterin des Ifo-Instituts und stellvertretende Vorsitzende des Esys-Direktoriums. „Tatsächlich schätzen wir Risiken für Kostensteigerungen und Verzögerungen bei Grundlasttechnologien tendenziell sogar höher ein als beim weiteren Ausbau der Solar- und Windenergie.“

Neben dem vollzogenen Ausstieg aus der Kernkraft ist es Deutschlands Ziel, bis 2045 treibhausgasneutral zu sein, insbesondere in der Energieversorgung. Die aktuellen politischen Vorgaben sehen vor, dass hauptsächlich Photovoltaikanlagen und Windturbinen den Strom erzeugen sollen. Das führt zu einer grundlegenden Umstellung im Stromsektor: von einer stets einsatzbereiten Herstellung in großen Kraftwerken hin zu einer wetter- und tageszeitabhängigen Produktion in zahlreichen verteilten, kleineren Anlagen.

Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der europäischen Strom- und Wasserstoffnetze lassen sich voraussichtlich der Strombedarf und der größte Teil
des Wasserstoffbedarfs innerhalb Europas decken, so das Fazit von Esys. Eine bessere europaweite Vernetzung könne dafür sorgen, Strom kostengünstiger zu erzeugen.

Die Esys-Studie „Kernspaltung, Erdgas, Geothermie, Kernfusion: Welche Rolle spielen Grundlastkraftwerke in Zukunft?“ findet sich im Internet zum Download.

Dienstag, 3.12.2024, 15:19 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Studien - Esys-Studie schickt Grundlastkraftwerke bis 2045 in den Ruhestand
Quelle: Acatech
Studien
Esys-Studie schickt Grundlastkraftwerke bis 2045 in den Ruhestand
Grundlastkraftwerke sind in einem treibhausgasneutralen Energiesystem in Deutschland ab 2045 nicht mehr nötig − so Berechnungen des Akademienprojektes „Energiesysteme der Zukunft“.
In Deutschland wurden seit einiger Zeit keine neuen Grundlastkraftwerke für die Stromerzeugung mehr errichtet. Einzig über die Förderung von Kraft-Wärmekopplungsanlagen geschieht noch Zubau. Die Politik will einen Markt für flexible Kapazitäten schaffen, die Strom abnehmen und erzeugen, je nach Bedarf. Dazu gehören vor allem erneuerbare Anlagen und Speicher sowie Power-to-X-Anlagen. Auch das Kraftwerkssicherungsgesetz (KWSG) zielt nur auf die Errichtung von Residuallastkraftwerken, die in seltenen Strommangelsituationen einspringen.

Vor diesem Hintergrund untersuchte ein Wissenschaftlerteam in der Studie „Energiesysteme der Zukunft“ (Esys) die Rolle von Grundlastkraftwerken. Die beteiligten Wissenschaftsakademien kommen dabei zum Schluss, dass eine sichere Stromversorgung preiswerter und mit höherer Akzeptanz zu sichern ist, ohne neue Grundlastkraftwerke zu errichten. Dies schreiben sie in dem Impulspapier „Kernspaltung, Erdgas, Geothermie, Kernfusion: Welche Rolle spielen Grundlastkraftwerke in Zukunft?“. Nur, falls sie zukünftig wirtschaftlicher sein sollten als die Alternativen, könnten diese Kraftwerke noch ein Teil des Energiesystems werden.

Kombination von Erzeugung und Speicherung

Im Projekt Esys arbeiten rund 160 Fachleute von Acatech, Leopoldina und Akademienunion zusammen. Sie stützten sich dabei auf Modellrechnungen und Szenarien des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI). Für eine klimafreundliche und zuverlässige Stromversorgung werde in jedem Fall eine Kombination aus Solar- und Windenergieanlagen mit Speichern, einem flexiblen Wasserstoffsystem und einer flexiblen Stromnutzung nötig sein, so das Ergebnis. Auch ohne Grundlastkraftwerke wäre die Versorgungssicherheit so zu gewährleisten.

Bei ihren Untersuchungen haben sich die Esys-Fachleute auf vier Technologien konzentriert: Kernkraftwerke, Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke (GuD) für Erdgas mit anschließender Kohlendioxid-Abscheidung, Geothermie zur Stromerzeugung und Kernfusionskraftwerke. In den nächsten 20 Jahren in großem Umfang realisierbar sind wahrscheinlich am ehesten die Gaskraftwerke. Da eine Infrastruktur für das abgeschiedene Kohlenstoffdioxid erst noch aufgebaut werden muss, werden sie teuer. Zudem müsse für sie eine parallele Gas- und Wasserstoffinfrastruktur betrieben werden. Etwaige Restemissionen aus der Gasförderung und dem Kraftwerksbetrieb müssten zusätzlich ausgeglichen werden.
 
Das deutsche Stromsystem kann bis 2045 auch ohne Grundlastkraftwerke gesichert werden
(zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken)
Quelle: Acatech

Neue Kraftwerke zu teuer

Ausgehend von den bisherigen Kostenentwicklungen der verschiedenen Technologien erwarten die Esys-Fachleute nicht, dass Grundlastkraftwerke die Gesamtkosten der Energieversorgung senken würden. „Damit Grundlastkraftwerke zu einer substanziellen Kostensenkung führen, müssten ihre Kosten erheblich unter das heute prognostizierte Niveau fallen“, betonte Karen Pittel, Leiterin des Ifo-Instituts und stellvertretende Vorsitzende des Esys-Direktoriums. „Tatsächlich schätzen wir Risiken für Kostensteigerungen und Verzögerungen bei Grundlasttechnologien tendenziell sogar höher ein als beim weiteren Ausbau der Solar- und Windenergie.“

Neben dem vollzogenen Ausstieg aus der Kernkraft ist es Deutschlands Ziel, bis 2045 treibhausgasneutral zu sein, insbesondere in der Energieversorgung. Die aktuellen politischen Vorgaben sehen vor, dass hauptsächlich Photovoltaikanlagen und Windturbinen den Strom erzeugen sollen. Das führt zu einer grundlegenden Umstellung im Stromsektor: von einer stets einsatzbereiten Herstellung in großen Kraftwerken hin zu einer wetter- und tageszeitabhängigen Produktion in zahlreichen verteilten, kleineren Anlagen.

Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der europäischen Strom- und Wasserstoffnetze lassen sich voraussichtlich der Strombedarf und der größte Teil
des Wasserstoffbedarfs innerhalb Europas decken, so das Fazit von Esys. Eine bessere europaweite Vernetzung könne dafür sorgen, Strom kostengünstiger zu erzeugen.

Die Esys-Studie „Kernspaltung, Erdgas, Geothermie, Kernfusion: Welche Rolle spielen Grundlastkraftwerke in Zukunft?“ findet sich im Internet zum Download.

Dienstag, 3.12.2024, 15:19 Uhr
Susanne Harmsen

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