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Energie & Management > Photovoltaik - Bremsen lösen und Solarbooster anwerfen
Quelle: Shutterstock / THANIT PKC
Photovoltaik

Bremsen lösen und Solarbooster anwerfen

Der Ausbau von Photovoltaik scheitert aktuell an den schlechten Investitionsbedingungen und regulatorischen Hürden. Die Branche will schnelle Abhilfe von der neuen Bundesregierung.
Unternehmensverbände von Solarwirtschaft und Mittelstand registrieren gegenwärtig einen deutlichen Rückgang beim Bau von gewerblichen Solardächern. In einer am 4. November veröffentlichten Studie machten Marktforscher von EUPD Research eine kontinuierliche Verschlechterung der Investitionsbedingungen als wesentliche Ursache dafür aus. Gleichzeitig warnen sie vor einem Markteinbruch auch bei Solarenergie in Privathaushalten im nächsten Jahr.

Diese Entwicklungen stünden im direkten Widerspruch zu den Plänen einer künftigen Bundesregierung im Ergebnispapier der Sondierungsverhandlungen vom 15. Oktober. Dort heißt es, dass „alle geeigneten Dachflächen für Solarenergie genutzt“ und der Ausbau erneuerbarer Energien „drastisch beschleunigt“ werden solle. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) und der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) fordern daher die schnelle Wiederherstellung attraktiver Investitionsbedingungen und kostendeckender Marktprämien unmittelbar nach der Regierungsbildung.

Neubau von PV-Dachanlagen könnte 2022 um ein Drittel einbrechen

Nach den Berechnungen von EUPD Research ging die neu installierte Solarstromleistung auf Gewerbedächern in der Leistungsklasse von 30-750 kW in den ersten neun Monaten dieses Jahres gegenüber dem Vorjahr bereits um 18 % zurück. Grund sei, dass die Marktprämien für neue Solarstromanlagen seit Anfang 2020 um 29 % gefallen sind und monatlich weiter sinken. Da zugleich die Preise für Solarstromanlagen in diesem Zeitraum stiegen als Folge der Covid-19-Pandemie, werde die Installation neuer Solardächer wirtschaftlich zunehmend unattraktiver.
„Es ist überfällig, den Anspruch des Gesetzgebers wieder einzulösen und die Fördersätze mit der Technologie- und Systempreisentwicklung sowie den verschärften Klimaschutzzielen politisch in Einklang zu bringen“, mahnte Martin Ammon, Geschäftsführer und Studienleiter bei EUPD Research. Ohne rechtzeitige politische Gegenmaßnahmen werde die Nachfrage nach Solardächern nicht wachsen, sondern im kommenden Jahr um ein Drittel einbrechen, so die Prognose der Bonner Marktforscher.
 
Absinken der Investitionen in neue gewerbliche PV-Dachanlagen
von 2020 bis 2021
Quelle: EUPD Research - Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken.

Einspeisevergütung wieder anpassen

Der BSW forderte die Verhandlungsteams von SPD, Grünen und FDP auf, die jährlichen Ausbauziele für die Solartechnik stufenweise auf 20.000 MW zu vervierfachen. Mittels einer Sofortmaßnahme zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) müsse zeitgleich aber auch die notwendige Voraussetzung geschaffen werden, dass dieses Ziel auch erreichbar werde.

Größtes Hemmnis sei dabei der im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gesetzlich festgelegte „atmende Deckel“. Dieser habe im Zusammenspiel mit dem viel zu geringen Zubau-Ziel für Solardächer die Förderhöhe für Solarstrom aus neu errichteten Solaranlagen zu stark gedrosselt. Ohne schnellen und verstärkte Ausbau der Photovoltaik werde eine Stromlücke entstehen, durch die alte Kohlemeiler weiterlaufen müssten, was die Klimaschutzziele unerreichbar mache, warnte BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig.

Nach den Vorstellungen beider Verbände sollte der „atmende Deckel“ in einem 100 Tage-Solarbeschleunigungsgesetz neu kalibriert und somit zu einem „Solar-Booster“ weiterentwickelt werden. Die Rahmenbedingungen müssten sich klar an der Zielerreichung der erst jüngst verschärften Klimaziele orientieren. Auch das Umweltbundesamt hatte erst vor wenigen Wochen auf Basis einer Studie des Öko-Instituts die Umwandlung des Deckels in eine „Hebebühne“ gefordert, um wieder Investitionen von Unternehmern und privaten Verbrauchern anzureizen. Die von der Ampel-Koalition geplante Einführung von Solarpflichten könnte wegen ihres zu geringen Marktimpulses diesen seit Jahren bestehenden Reformstau hingegen nicht kompensieren, sondern bestenfalls flankierend wirken, so die übereinstimmende Meinung von BSW und BVMW. „Immer mehr Unternehmer wollen in Solartechnik investieren und ihren künftigen Energiebedarf aus erneuerbaren Energien sichern. Dabei treffen sie aber auf immer mehr Marktbarrieren und Bürokratie“, beklagt der Chefvolkswirt des BVMW, Hans-Jürgen Völz.

Daher müsse die Ausschreibungsgrenze für PV-Aufdachanlagen auf 1 MW angehoben werden, der Eigenverbrauch von Solarstrom von Abgaben freigestellt werden, die Personenidentität beim Verbrauch des Stroms vor Ort abgeschafft werden und bürokratische Barrieren fallen. Zudem müsse langfristige Planungssicherheit für Solaranlagenbetreiber durch definierte Fördermengen entstehen. Es dürfe nicht länger so sein, dass eigener Solarstrom nicht in die Elektroautos der Mitarbeiter und Kunden fließen darf, nannte Körnig als Beispiel. Denn gerade der Eigenverbrauch vor Ort entlaste die Stromnetze und mache die Anlagen wirtschaftlicher. Es sei aber „widersinnig“, für den selbst erzeugten Solarstrom EEG-Umlage zu zahlen, sagte er.

Donnerstag, 4.11.2021, 12:52 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Photovoltaik - Bremsen lösen und Solarbooster anwerfen
Quelle: Shutterstock / THANIT PKC
Photovoltaik
Bremsen lösen und Solarbooster anwerfen
Der Ausbau von Photovoltaik scheitert aktuell an den schlechten Investitionsbedingungen und regulatorischen Hürden. Die Branche will schnelle Abhilfe von der neuen Bundesregierung.
Unternehmensverbände von Solarwirtschaft und Mittelstand registrieren gegenwärtig einen deutlichen Rückgang beim Bau von gewerblichen Solardächern. In einer am 4. November veröffentlichten Studie machten Marktforscher von EUPD Research eine kontinuierliche Verschlechterung der Investitionsbedingungen als wesentliche Ursache dafür aus. Gleichzeitig warnen sie vor einem Markteinbruch auch bei Solarenergie in Privathaushalten im nächsten Jahr.

Diese Entwicklungen stünden im direkten Widerspruch zu den Plänen einer künftigen Bundesregierung im Ergebnispapier der Sondierungsverhandlungen vom 15. Oktober. Dort heißt es, dass „alle geeigneten Dachflächen für Solarenergie genutzt“ und der Ausbau erneuerbarer Energien „drastisch beschleunigt“ werden solle. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) und der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) fordern daher die schnelle Wiederherstellung attraktiver Investitionsbedingungen und kostendeckender Marktprämien unmittelbar nach der Regierungsbildung.

Neubau von PV-Dachanlagen könnte 2022 um ein Drittel einbrechen

Nach den Berechnungen von EUPD Research ging die neu installierte Solarstromleistung auf Gewerbedächern in der Leistungsklasse von 30-750 kW in den ersten neun Monaten dieses Jahres gegenüber dem Vorjahr bereits um 18 % zurück. Grund sei, dass die Marktprämien für neue Solarstromanlagen seit Anfang 2020 um 29 % gefallen sind und monatlich weiter sinken. Da zugleich die Preise für Solarstromanlagen in diesem Zeitraum stiegen als Folge der Covid-19-Pandemie, werde die Installation neuer Solardächer wirtschaftlich zunehmend unattraktiver.
„Es ist überfällig, den Anspruch des Gesetzgebers wieder einzulösen und die Fördersätze mit der Technologie- und Systempreisentwicklung sowie den verschärften Klimaschutzzielen politisch in Einklang zu bringen“, mahnte Martin Ammon, Geschäftsführer und Studienleiter bei EUPD Research. Ohne rechtzeitige politische Gegenmaßnahmen werde die Nachfrage nach Solardächern nicht wachsen, sondern im kommenden Jahr um ein Drittel einbrechen, so die Prognose der Bonner Marktforscher.
 
Absinken der Investitionen in neue gewerbliche PV-Dachanlagen
von 2020 bis 2021
Quelle: EUPD Research - Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken.

Einspeisevergütung wieder anpassen

Der BSW forderte die Verhandlungsteams von SPD, Grünen und FDP auf, die jährlichen Ausbauziele für die Solartechnik stufenweise auf 20.000 MW zu vervierfachen. Mittels einer Sofortmaßnahme zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) müsse zeitgleich aber auch die notwendige Voraussetzung geschaffen werden, dass dieses Ziel auch erreichbar werde.

Größtes Hemmnis sei dabei der im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gesetzlich festgelegte „atmende Deckel“. Dieser habe im Zusammenspiel mit dem viel zu geringen Zubau-Ziel für Solardächer die Förderhöhe für Solarstrom aus neu errichteten Solaranlagen zu stark gedrosselt. Ohne schnellen und verstärkte Ausbau der Photovoltaik werde eine Stromlücke entstehen, durch die alte Kohlemeiler weiterlaufen müssten, was die Klimaschutzziele unerreichbar mache, warnte BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig.

Nach den Vorstellungen beider Verbände sollte der „atmende Deckel“ in einem 100 Tage-Solarbeschleunigungsgesetz neu kalibriert und somit zu einem „Solar-Booster“ weiterentwickelt werden. Die Rahmenbedingungen müssten sich klar an der Zielerreichung der erst jüngst verschärften Klimaziele orientieren. Auch das Umweltbundesamt hatte erst vor wenigen Wochen auf Basis einer Studie des Öko-Instituts die Umwandlung des Deckels in eine „Hebebühne“ gefordert, um wieder Investitionen von Unternehmern und privaten Verbrauchern anzureizen. Die von der Ampel-Koalition geplante Einführung von Solarpflichten könnte wegen ihres zu geringen Marktimpulses diesen seit Jahren bestehenden Reformstau hingegen nicht kompensieren, sondern bestenfalls flankierend wirken, so die übereinstimmende Meinung von BSW und BVMW. „Immer mehr Unternehmer wollen in Solartechnik investieren und ihren künftigen Energiebedarf aus erneuerbaren Energien sichern. Dabei treffen sie aber auf immer mehr Marktbarrieren und Bürokratie“, beklagt der Chefvolkswirt des BVMW, Hans-Jürgen Völz.

Daher müsse die Ausschreibungsgrenze für PV-Aufdachanlagen auf 1 MW angehoben werden, der Eigenverbrauch von Solarstrom von Abgaben freigestellt werden, die Personenidentität beim Verbrauch des Stroms vor Ort abgeschafft werden und bürokratische Barrieren fallen. Zudem müsse langfristige Planungssicherheit für Solaranlagenbetreiber durch definierte Fördermengen entstehen. Es dürfe nicht länger so sein, dass eigener Solarstrom nicht in die Elektroautos der Mitarbeiter und Kunden fließen darf, nannte Körnig als Beispiel. Denn gerade der Eigenverbrauch vor Ort entlaste die Stromnetze und mache die Anlagen wirtschaftlicher. Es sei aber „widersinnig“, für den selbst erzeugten Solarstrom EEG-Umlage zu zahlen, sagte er.

Donnerstag, 4.11.2021, 12:52 Uhr
Susanne Harmsen

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