Den Enapter Campus in Saerbeck mieten nun auch andere Firmen. Quelle: Goldbeck GmbH
Dämpfer für den Wasserstoff-Hochlauf in Deutschland: Enapter wird in seiner riesigen Fertigungshalle im westfälischen Saerbeck absehbar keine Elektrolyseure produzieren.
Das von vielen Vorschusslorbeeren und Hoffnungen begleitete Wasserstoff-Projekt von Enapter in der westfälischen Gemeinde Saerbeck steckt in einer Sackgasse. Das Berliner Unternehmen wird nördlich von Münster auf absehbare Zeit keine kleinen Elektrolyseure herstellen. Stattdessen vermietet Enapter die Flächen einer eigens gebauten Fertigungshalle nun an andere Gewerbetreibende.
Damit ist am „Enapter Campus“ getauften Produktionsstandort die Idee auf Eis gelegt, monatlich mit etwa 300 Beschäftigten bis zu 10.000 Einheiten zu bauen. Zusammengesetzt und flankiert durch weitere Bauteile funktionieren die Kerne (Stacks) auch als Megawatt-Elektrolyseur, dessen Prototypen Enapter noch im Mai 2023 mit großem Bahnhof in Saerbeck präsentiert hatte (wir berichteten). Auch diese Großgeräte haben aktuell keine Zukunft im Münsterland.
Enapter gibt auf Anfrage dieser Redaktion als Gründe für die „angepasste Produktions- und Vertriebsstrategie“ an, dass die kleineren Geräte „wesentlich schwächer nachgefragt“ seien. Dadurch findet deren Produktion aktuell ausschließlich am anderen Enapter-Standort im italienischen Pisa statt.
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Im Mai 2023 mit großen Erwartungen vorgestellt: der Megawatt-Elektrolyseur - im Beisein von u.a. Enapter-Chef Sebastian-Justus Schmidt (l.) und NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (3.v.l.). Quelle: Volker Stephan |
Perspektivisch entstehen auch in Italien keine Komplett-Elektrolyseure mehr, sondern nur noch die Kerne. Die weitere Montage der Elektrolyseure erfolgt dann stattdessen durch das chinesische Joint Venture Wolong Enapter Hydrogen Technologies, das auch für die Komponenten Wassertanks, Stromversorgung und Container zuständig ist.
Nun doch keine deutliche Aufwertung des StandortsEnttäuscht auf die Entwicklung reagiert der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW). Für die im Ökoenergie-Bereich stark engagierte Gemeinde Saerbeck sei es „besonders schade“, so Hans-Josef Vogel, Vorsitzender des Verbands, auf Anfrage dieser Redaktion. Er bedauert, dass so aus der „deutlichen Aufwertung ihres energiewirtschaftlichen Stellenwertes für NRW“ nichts werde.
Enapter weist darauf hin, für die 23.000 Quadratmeter umfassende Produktionshalle nur eigene Mittel verwendet zu haben. Damit tritt das Unternehmen dem Eindruck entgegen, Fördermittel in Millionenhöhe von Bund und Land möglicherweise zu Unrecht erhalten zu haben. Auf 13,6 Millionen Euro summieren sich die öffentlichen Zuweisungen in Saerbeck. Alle abgerufenen Gelder „waren entsprechend zweckgebunden und an Fortschritte und Ergebnisse gekoppelt“, so Enapter. Ein Resultat sei eben der Megawatt-Elektrolyseur.
Dieses Großgerät sei weiterhin Gegenstand von „kontinuierlichen Tests zur Weiterentwcklung des Systems“, heißt es aus der Firmenzentrale in Berlin weiter. Der in dem Megawatt-Elektrolyseur produzierte Wasserstoff diene weiter einem H2-BHKW der münsterländischen Firma 2G Energy als Treibstoff. Grundsätzlich wolle Enapter „einen Teil“ des Enapter Campus weiter selbst nutzen. Ein Stellenabbau sei nicht geplant, im Gegenteil suche das Unternehmen weiter Beschäftigte. In Saerbeck steuere Enapter Unternehmensbereiche wie Engineering, Projektmanagement sowie Teile von Forschung und Entwicklung und den Einkauf.
Rückkehr der Fertigung nur bei entsprechender NachfrageFür die Strom- und Wärmeversorgung war zwischen dem benachbarten Bioenergiepark und der Fertigungshalle samt Verwaltungstrakt eine mehrere Kilometer lange Versorgungstrasse entstanden. Von Enapter hieß es dazu, Strom und Wärme seien auch für die Mieter der Halle erforderlich. Von einer kompletten Vermietung des Gebäudes erhofft Enapter sich eine jährliche Einnahme von 2 Millionen Euro.
Ausgeschlossen ist die Rückkehr der Elektrolyseur-Fertigung nach Saerbeck unterdessen nicht. Dafür sei allerdings eine „deutlich erhöhte Nachfrage nach zusätzlichen Produktionskapazitäten“ erforderlich. Wenn Pisa die erforderliche Menge an Kernen nicht herstellen könne, komme Saerbeck wieder ins Spiel. Die Mietverträge mit den Firmen seien so gestaltet, dass Enapter die Fertigung dann aufnehmen könne.
Für den LEE NRW ist die Entwicklung in Saerbeck ein Zeichen dafür, dass „der Durchbruch für die Nutzung von heimischem grünen Wasserstoff weiter auf sich warten lässt“, so Hans-Josef Vogel. Die von Enapter so betitelten „Elektrolyseure für den Hausgebrauch“ ergäben für kleine und mittlere Unternehmen so lange keinen Sinn, wie diese auf H2-Importe aus dem Ausland angewiesen seien. Das sei nichts anderes als eine unerwünschte Abhängigkeit wie derzeit bei Erdöl und Erdgas. Der LEE-Vorsitzende forderte hier mehr Bewegung in Deutschland.
Mittwoch, 21.08.2024, 17:17 Uhr
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