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Energie & Management > Studien - Großwärmepumpen als schlafende Riesen
Quelle: Fotolia / alphaspirit
Studien

Großwärmepumpen als schlafende Riesen

Weckruf für die Wärmewende: Großwärmepumpen könnten bis 2045 rund 70 Prozent der Fernwärmeversorgung sicherstellen, meinen Fraunhofer-Forscher. Sie nennen drei Voraussetzungen.
Dass Ingenieure über ihren Forschungsgegenstand in Metaphern sprechen, kommt eher selten vor. Fabian Ahrendts vom Fraunhofer-Institut für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) bringt die Ergebnisse einer neuen Studie des Hauses aber so auf den Punkt. Der "schlafende Riese" sei die Großwärmepumpe unter den nachhaltigen Wärmetechnologien, fabuliert der Leiter des Kompetenzzentrums für Hochtemperatur-Wärmepumpen. Ahrendts hat zusammen mit einem Dutzend Kollegen eine 140-seitige Studie vorgelegt. In dieser beleuchten sie den aktuellen Marktstatus und Entwicklungspotenziale von Großwärmepumpen. Die Studie trägt den Titel "Rollout von Großwärmepumpen in Deutschland: Strategien für den Markthochlauf in Wärmenetzen und Industrie".

Status quo: 60 Megawatt Gesamtleistung

Die Fraunhofer-Forscher kommen zu dem Schluss, dass sich die gesamte Wärmenachfrage bis 200 Grad hierzulande "technisch vollständig" durch Wärmepumpen abdecken ließe. Großwärmepumpen, so schreiben sie, "können erhebliche Potenziale in Geothermie, Gewässern und Abwärme heben". Bis zum Jahr 2045 sei es auf dieser Basis möglich, 70 Prozent der Fernwärmeversorgung sicherzustellen. "Mit dem nächsten Entwicklungsschub erreicht die Technologie Temperaturen bis 200 Grad und damit die Arbeitstemperatur nicht nur der bestehenden Fernwärmenetze, sondern auch vieler Verarbeitungs- und Trocknungsprozesse in den Branchen Papier, Nahrungsmittel, Chemie und Lacke", erläutert Ahrendts.

Das IEG hat für die Studie Pumpen-Hersteller befragt und so nach eigener Aussage auch einen Bild vom Status quo auf dem Markt erhalten. Demnach waren Anfang dieses Jahres in Deutschland mindestens 30 Wärmepumpenanlagen mit jeweils einer thermischen Leistung von mehr 500 kW in Betrieb. Die Gesamtleistung beziffern die Studienautoren auf rund 60 MW. Mindestens 30 weitere Großwärmepumpenprojekte mit einer Gesamtleistung von etwa 600 MW hätten sich zum Zeitpunkt der Befragung im Bau oder in Planung befunden.

In Summe belaufe sich die potenzielle Wärmeleistung, die Wärmepumpen aus CO₂-freien Quellen auch ohne Nutzung von Umgebungsluft zur Verfügung stellen können, auf rund 1.500 Milliarden kWh, heißt es. Demgegenüber stehe ein jährlicher Wärmebedarf für Temperaturen bis 200 Grad von insgesamt etwas mehr als 1.000 Milliarden kWh.

Fraunhofer-Experten mahnen "klares Zielbild" an

Um den 70-Prozent-Anteil bei der Fernwärmeversorgung zu erreichen, müssen nach Überlegungen des IEG im Schnitt jährlich 4.000 MW an Großwärmepumpenleistung zugebaut werden. Die Fraunhofer-Experten nennen dafür drei Voraussetzungen, die es zu schaffen gelte:
  • einen klaren Ausbaupfad basierend auf einer verbindlichen kommunalen Wärmeplanung,
  • den Abbau von Preisnachteilen gegenüber fossilen Energieträgern,
  • eine strategische Ausweitung des Wärmepumpen-Angebots, etwa durch die Standardisierung von Produktionsprozessen.
Übergeordnet sei ein klares Zielbild erforderlich, kombiniert mit transformationskonformen Energiepreisen, und reformierten Netzentgelten, resümiert das IEG. Reformbedarf sieht die Einrichtung auch bei der Förderung. Das bestehende Fördersystem über das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz sowie die höhere Abgabenlast auf Strom gegenüber Erdgas begünstigten bisher gasbasierte Wärmelösungen. Diese Fehlanreize gelte es zu beheben. Deutschland verortet das IEG im internationalen Vergleich im Frühstadium, was die Marktentwicklung angeht. Die Forscher verweisen auf Norwegen und Schweden, wo Großwärmepumpen einen Anteil von 13 beziehungsweise gut 8 Prozent an der Fernwärmeversorgung haben. Auch Finnland, Dänemark und Frankreich seien bereits weiter.

Mit der Studie ergänzt das IEG seine Roadmaps zur Oberflächennahen Geothermie und zur Tiefen Geothermie. In Auftrag gegeben hatte die Studie die Organisation Agora Energiewende.

Fraunhofer IEG stellt die Studie "Rollout von Großwärmepumpen in Deutschland: Strategien für den Markthochlauf in Wärmenetzen und Industrie" auf seiner Internetseite zum Download bereit. 

Mittwoch, 14.06.2023, 15:02 Uhr
Manfred Fischer
Energie & Management > Studien - Großwärmepumpen als schlafende Riesen
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Großwärmepumpen als schlafende Riesen
Weckruf für die Wärmewende: Großwärmepumpen könnten bis 2045 rund 70 Prozent der Fernwärmeversorgung sicherstellen, meinen Fraunhofer-Forscher. Sie nennen drei Voraussetzungen.
Dass Ingenieure über ihren Forschungsgegenstand in Metaphern sprechen, kommt eher selten vor. Fabian Ahrendts vom Fraunhofer-Institut für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) bringt die Ergebnisse einer neuen Studie des Hauses aber so auf den Punkt. Der "schlafende Riese" sei die Großwärmepumpe unter den nachhaltigen Wärmetechnologien, fabuliert der Leiter des Kompetenzzentrums für Hochtemperatur-Wärmepumpen. Ahrendts hat zusammen mit einem Dutzend Kollegen eine 140-seitige Studie vorgelegt. In dieser beleuchten sie den aktuellen Marktstatus und Entwicklungspotenziale von Großwärmepumpen. Die Studie trägt den Titel "Rollout von Großwärmepumpen in Deutschland: Strategien für den Markthochlauf in Wärmenetzen und Industrie".

Status quo: 60 Megawatt Gesamtleistung

Die Fraunhofer-Forscher kommen zu dem Schluss, dass sich die gesamte Wärmenachfrage bis 200 Grad hierzulande "technisch vollständig" durch Wärmepumpen abdecken ließe. Großwärmepumpen, so schreiben sie, "können erhebliche Potenziale in Geothermie, Gewässern und Abwärme heben". Bis zum Jahr 2045 sei es auf dieser Basis möglich, 70 Prozent der Fernwärmeversorgung sicherzustellen. "Mit dem nächsten Entwicklungsschub erreicht die Technologie Temperaturen bis 200 Grad und damit die Arbeitstemperatur nicht nur der bestehenden Fernwärmenetze, sondern auch vieler Verarbeitungs- und Trocknungsprozesse in den Branchen Papier, Nahrungsmittel, Chemie und Lacke", erläutert Ahrendts.

Das IEG hat für die Studie Pumpen-Hersteller befragt und so nach eigener Aussage auch einen Bild vom Status quo auf dem Markt erhalten. Demnach waren Anfang dieses Jahres in Deutschland mindestens 30 Wärmepumpenanlagen mit jeweils einer thermischen Leistung von mehr 500 kW in Betrieb. Die Gesamtleistung beziffern die Studienautoren auf rund 60 MW. Mindestens 30 weitere Großwärmepumpenprojekte mit einer Gesamtleistung von etwa 600 MW hätten sich zum Zeitpunkt der Befragung im Bau oder in Planung befunden.

In Summe belaufe sich die potenzielle Wärmeleistung, die Wärmepumpen aus CO₂-freien Quellen auch ohne Nutzung von Umgebungsluft zur Verfügung stellen können, auf rund 1.500 Milliarden kWh, heißt es. Demgegenüber stehe ein jährlicher Wärmebedarf für Temperaturen bis 200 Grad von insgesamt etwas mehr als 1.000 Milliarden kWh.

Fraunhofer-Experten mahnen "klares Zielbild" an

Um den 70-Prozent-Anteil bei der Fernwärmeversorgung zu erreichen, müssen nach Überlegungen des IEG im Schnitt jährlich 4.000 MW an Großwärmepumpenleistung zugebaut werden. Die Fraunhofer-Experten nennen dafür drei Voraussetzungen, die es zu schaffen gelte:
  • einen klaren Ausbaupfad basierend auf einer verbindlichen kommunalen Wärmeplanung,
  • den Abbau von Preisnachteilen gegenüber fossilen Energieträgern,
  • eine strategische Ausweitung des Wärmepumpen-Angebots, etwa durch die Standardisierung von Produktionsprozessen.
Übergeordnet sei ein klares Zielbild erforderlich, kombiniert mit transformationskonformen Energiepreisen, und reformierten Netzentgelten, resümiert das IEG. Reformbedarf sieht die Einrichtung auch bei der Förderung. Das bestehende Fördersystem über das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz sowie die höhere Abgabenlast auf Strom gegenüber Erdgas begünstigten bisher gasbasierte Wärmelösungen. Diese Fehlanreize gelte es zu beheben. Deutschland verortet das IEG im internationalen Vergleich im Frühstadium, was die Marktentwicklung angeht. Die Forscher verweisen auf Norwegen und Schweden, wo Großwärmepumpen einen Anteil von 13 beziehungsweise gut 8 Prozent an der Fernwärmeversorgung haben. Auch Finnland, Dänemark und Frankreich seien bereits weiter.

Mit der Studie ergänzt das IEG seine Roadmaps zur Oberflächennahen Geothermie und zur Tiefen Geothermie. In Auftrag gegeben hatte die Studie die Organisation Agora Energiewende.

Fraunhofer IEG stellt die Studie "Rollout von Großwärmepumpen in Deutschland: Strategien für den Markthochlauf in Wärmenetzen und Industrie" auf seiner Internetseite zum Download bereit. 

Mittwoch, 14.06.2023, 15:02 Uhr
Manfred Fischer

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