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Mit dem Ausstieg der EU aus russischen Gasimporten sind Maßnahmen nötig, um Schlupflöcher zu schließen. Italiens Eni kündigte russische Vertragslieferungen über Blue Stream an.
Christian Signoretto, Direktor bei Eni für das globale Gas and LNG-Portfolio, gab auf einer Telefonkonferenz am 24. Oktober bekannt: „Wir haben unseren Vertrag gekündigt, mit dem wir Gas über die Blue-Stream-Pipeline an Botas in der Türkei verkauft haben. Dies hing mit der Pipeline selbst zusammen. Dieses Geschäft versuchen wir also auch im Hinblick auf unsere Beteiligung an der Pipeline abzuwickeln. Dies trägt maßgeblich zum starken Rückgang der Verkäufe in Europa bei.“ Zugleich sinke die Nachfrage in Europa. Draus folge die Anpassung des Portfolios an die neue Realität. Zu welchem Datum Eni den Liefervertrag zu Blue Stream genau kündigte, sagte Signoretto hier nicht.
In den ersten neun Monaten 2025 umfassten die Erdgasverkäufe von Eni eigen Angaben zufolge 30,31 Milliarden Kubikmeter Gas. Diese Menge markierte einen Rückgang von 15 Prozent gegenüber den ersten neun Monaten 2024. Als Hauptgrund dafür gilt der Rückgang der Verkaufszahlen auf dem italienischen und europäischen Markt um 17 Prozent, insbesondere in der Türkei. Im dritten Quartal sanken die Erdgasverkäufe in Europa um 24 Prozent auf 3,63 Milliarden Kubikmeter Gas gegenüber dem dritten Quartal im Vorjahr besonders stark. Als Grund nannte Eni rückläufige Verkäufe in der Türkei und Deutschland.
Der EU-Fahrplan zum Ausstieg aus russischen Energieimporten dürfte dazu beigetragen haben, die letzten verbleibenden russischen Gaslieferungen nun endgültig ad Acta zu legen. Der klare Schnitt soll offenbar sämtliche Verdächtigungen zu russischen Gaslieferungen über die Hintertür Türkei an Nachbarn aus dem Weg räumen. Auch wenn Eni das Gas komplett an die Türkei verkauft, kann diese hiervon Gas für Re-Exporte in die EU abzweigen
Geschäfte von Eni mit Blue Stream
An der Gasleitung Blue Stream im Schwarzen Meer ist Eni zu 50 Prozent beteiligt. Über die andere Hälfte verfügt der russische Gaskonzern Gazprom. Nach dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine kündigte Eni wiederholt die Absicht an, aus dem Gemeinschaftsunternehmen Blue Stream mit Gazprom auszusteigen.
Die Gasleitung ging 2003 in Betrieb und verfügt über eine Transportkapazität von 16 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr. Der Vertrag mit russischen Gaslieferungen an die Türkei geht ins Jahr 1997 zurück, als die damaligen Regierungschefs von Russland und der Türkei sich auf eine Lieferung von 16 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr über das Schwarze Meer einigten. Da die Eni-Tochter Saipem die Verlegung von Blue Stream im Schwarzen Meer dann vornahm, und Eni selbst am Pipeline-Betreiber beteiligt wurde, gingen damit anteilige russische Vertragslieferungen für Eni an den türkischen Gasimporteur Botas über. Diese umfassten im letzten Jahr 6,2 Milliarden Kubikmeter Gas.
Griechenland drängt auf Turkstream-Lösung
Griechenland will derweil den russischen Gaslieferungen nach Europa über die Schwarzmeergasleitung Turkstream einen Riegel vorschieben. Das machte der griechische Energieminister Stavros Papastavrou in einem Medieninterview zu dem Beschluss des Energieministerrates zum Gasimportverbot aus Russland ab 2028 klar: „Griechenland hat diese Initiative von Anfang an unterstützt, allerdings nur unter der Bedingung, dass diese Unabhängigkeit echt ist und es keine Schlupflöcher gibt, die es ermöglichen würden, dass russisches Gas nach Europa fließt.“ Vereinbart sei jetzt, dass Gas von Turkstream als russisch gilt, bis objektiv das Gegenteil bewiesen sei. Das soll als Barriere fungieren, um das künftige Verbot von russischen Gasimporten nicht zu umgehen.
Worauf sich die Türkei mit Russland verständigt, ist noch nicht ausgemacht. Die betreffenden Lieferverträge laufen zum Jahresende aus. Die Gespräche zwischen Botas und Gazprom fanden im Oktober statt.
Montag, 27.10.2025, 13:46 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne
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