E&M Home > E&M Marktplatz > E&M Nachrichten
Großes Interesse an der Energiemanager-Konferenz in München. Quelle: Dominik Gigler Fotografie
Katia Meyer-Tien
© 2024 Energie & Management GmbH
Mittwoch, 11.09.2024, 17:40 Uhr
E&M-Energiemanager-Konferenz
E&M News
Zwischen Aufbruchsstimmung und Planungsunsicherheit
Die Wärmewende bringt viele Herausforderungen mit sich. Welche und wie man ihnen begegnen kann, diskutierte ein hochkarätig besetztes Podium auf der Energiemanagerkonferenz von E&M.
Die kommunale Wärmeplanung ist eine der größten Zukunftsaufgaben auf dem Weg zur Klimaneutralität. Und Stadtwerke, so Florian Bieberbach, Vorsitzender der Geschäftsführung der Stadtwerke München, „sind wahnsinnig gut geeignet, die Wärmewende umzusetzen“. Insbesondere im internationalen Vergleich zeige sich, dass es für Kommunen überall dort, wo es nur nationale Energieversorger gibt, sehr schwer sei: Müsse man erst in der Hauptstadt anrufen, um vor Ort eine Planung aufzusetzen, werde es schwierig.

Dass die Vorbereitung und Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung auch ohne zusätzliche Hürden anspruchsvoll ist, darin waren sich die Teilnehmenden des Podiums zur kommunalen Wärmeplanung auf der E&M-Energiemanager-Konferenz am 11. September in München einig. „Man braucht ein intensives Zusammenspiel von Stadtwerken und Kommunen, um die Wärmewende zu ermöglichen“, sagte Bieberbach. Dafür müsse man lokale Wärmepotentiale kennen und erschließen − was Stadtwerken als lokalen Akteuren sehr gut möglich sei.
 
Florian Bieberbach, Vorsitzender der Geschäftsführung der Stadtwerke München, sprach bei der Energiemanager-Konferenz von E&M in München. Am Abend erhielt er die Auszeichnung „Energiemanager des Jahres“
 Quelle: Dominik Gigler Fotografie
 
 
Zwar gebe es auch noch ein gewisses „Grundmisstrauen“ gegen Stadtwerke, wenn diese ihr Fernwärmenetz auf- oder ausbauen wollen. In München allerdings habe gerade die kommunale Wärmplanung sehr geholfen, Vorbehalte abzubauen. Quartier für Quartier habe man Experten berechnen lassen, welche Wärmelösung sich am besten eigne − mit den unterschiedlichsten Ergebnissen: „Jetzt haben wir einen wilden Technologiemix, stark differenziert nach Stadtteil“.

Und gerade dieser Technologiemix sei wichtig, betonte Bieberbach, der auch diesjähriger Preisträger als „Energiemanager des Jahres“ ist. „Wir setzen zu viel auf Wärmepumpen“. Wärmepumpen seien eine sehr gute Technologie. Setze man allerdings für die Wärmeversorgung der Zukunft ausschließlich auf Wärmepumpen, führe das an kalten Wintertagen zu Strombedarfsspitzen, die auch durch Kraftwerkszubau nicht abzudecken seien: „Wir müssen einen möglichst breiten Energiemix einsetzen“.

Industrielle Abwärme mit großem Potenzial

Teil dieses Energiemixes muss nach Meinung von Christian Seyfert, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), künftig auch die industrielle Abwärme sein, deren Potenzial er auf 125 Milliarden kWh bezifferte. Ein Teil der Abwärme werde in den Betrieben selber eingesetzt, große Mengen blieben derzeit allerdings noch ungenutzt: „Eine gewaltige Verschwendung von Energie, die wir uns nicht weiter leisten sollten“. Vielfach brauche es allerdings noch individuelle und oft kreative Lösungen, um die Abwärme tatsächlich einspeisen zu können. „Man muss so was gedanklich einüben, aber es lassen sich Lösungen finden.“

Für die 58.000-Einwohnergemeinde Hilden in Nordrhein-Westfalen ist die Nutzung von industrieller Abwärme allerdings nur eine begrenzt nutzbare Option: Vor Ort gibt es nur wenige Betriebe, die dafür infrage kämen. Die allerdings, berichtete Maike Probst, Referentin der Geschäftsführung der Stadtwerke Hilden, sitzen bei der kommunalen Wärmeplanung, die die Stadtwerke im Auftrag der Stadt erstellen, bereits mit am Tisch.

Denn von Anfang an habe man auf die Einbindung aller lokal relevanten Akteure gesetzt, Workshops veranstaltet und auch darüber hinaus zusammengearbeitet. Das Ziel: Klimaneutralität schon 2035, und das, obwohl die Gemeinde derzeit noch zu 80 Prozent mit Wärme aus Erdgas versorgt wird. Die fertige Wärmeplanung soll dem Stadtrat im Dezember 2024 vorgelegt werden. Neben der Einbindung der lokalen Akteure seien zwei weitere Punkte in der Ausarbeitung der Pläne wichtig gewesen, schilderte Probst: Eine gute Datengrundlage − ein Teil lag den Stadtwerken als lokalem Energieversorger ohnehin bereits vor, weitere Daten erhob man über Fragebögen − und Erwartungsmanagement: Ganz deutlich müsse man kommunizieren, was eine Wärmeplanung kann und was nicht.

KI für die effiziente Wärmeversorgung

Dass Kommunikation für die Akzeptanz der Wärmewende unverzichtbar ist, sagte auch Stefan Michaelis, Senior Manager der „m3 Management Consulting GmbH“. Helfen dabei könne künstliche Intelligenz: Indem sie umfassend Daten sammle, aufarbeite und dann verständlich präsentiere. Auch im Bereich der Echtzeitsteuerung der Wärmenetze, beispielsweise bei der Koordination der Einspeisung volatiler Quellen, könne KI künftig eine große Rolle spielen, ebenso wie bei der Bedarfs- und Ausbauplanung effizienter Wärmenetze.
 
 
Nicht beantworten können wird KI allerdings die Frage der Finanzierung der Wärmewende: „Vieles rechnet sich nicht von allein“, sagte Florian Bieberbach, „mit Fernwärme gegen Gasheizungen zu konkurrieren, ist nach wie vor schwierig“. Für die Wärmewende in München rechnet er mit Kosten von 9,5 Milliarden Euro für den Gesamtumbau. Werde die Förderung durch den Bund wie bislang fortgesetzt, lasse sich das durchaus stemmen. Werde sie allerdings ausgesetzt, werde das Tempo der Wärmewende zurückgehen: „Da mache ich mir schon ein wenig Sorgen. Wir haben keine langfristige Planungssicherheit, was die Wärmewende angeht“.