Die Vorstellungen zur Energiewende sind großteils vage, konstatiert der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich und präsentiert einen Pflichtenkatalog für die kommende Regierung.
Heftige Kritik an den Programmen und sonstigen Vorstellungen der österreichischen Parteien zur Parlamentswahl am 29. September übt der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ). Seiner Geschäftsführerin Martina Prechtl-Grundnig zufolge enthalten diese in energie- sowie klimapolitischer Hinsicht „einige schöne Überschriften und Absichtserklärungen, wenige konkrete Maßnahmen, so manches Desinteresse und das eine oder andere wirklich Hinderliche für die Energiewende und den Klimaschutz“. Die derzeit in Opposition befindliche Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) etwa, die laut Prognosen zur stärksten Fraktion werden dürfte, propagiere einerseits „Unabhängigkeit und Selbstversorgung“. Andererseits aber bekenne sie sich nicht „zum Ausbau aller erneuerbaren Energien, noch legt sie auch nur ansatzweise Ideen für eine Transformation des Energiesystems vor. Vom Klimaschutz ganz zu schweigen“.
Ähnlich sieht es laut Prechtl-Grundnig mit der ebenfalls oppositionellen Sozialdemokratischen Partei (SPÖ) aus. Diese bekenne sich zwar nominell immer wieder zur Energiewende. Sie verweigere aber beispielsweise bis dato ihre Zustimmung zum Erneuerbares-Gas-Gesetz (EGG), das dazu einen wichtigen Beitrag leisten könnte.
Als einzige Oppositionspartei und noch dazu kleinste Fraktion im Bundesparlament böten die liberalen Neos konkrete Vorschläge zur Energiewende, etwa hinsichtlich beschleunigter Genehmigungsverfahren für Infrastrukturvorhaben oder für die verstärkte energie- sowie klimapolitische Zusammenarbeit des Bundes und der Bundesländer.
Regierungsinterne Blockaden
Doch auch die Regierung aus den Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und den Grünen agiere alles andere als im Sinne der Energiewende wünschenswert, betonte Prechtl-Grundnig. So blockiere die ÖVP den Beschluss des fertig ausverhandelten Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) mit dem Hinweis auf formell fehlende EU-rechtliche Vorgaben. Und weder seitens der ÖVP noch der Grünen seien Bemühungen erkennbar, das ElWG bei der letzten Plenarsitzung des Parlaments am 18. und 19. September zu beschließen. Das sei „fast schon skurril“.
Außerdem sträube sich die ÖVP gegen die im seinerzeitigen Regierungsprogramm vorgesehene Novelle des Klimaschutzgesetzes, gegen den Ausstieg aus fossilen Heizsystemen in bestehenden Gebäuden sowie gegen die Verpflichtung der Bundesländer, am Erreichen der klima- und energiepolitischen Ziele Österreichs mitzuwirken.
Pflichtenkatalog für kommende Regierung
Gemeinsam mit der Geschäftsführerin des Verbands Photovoltaic Austria, Vera Immitzer, und dem Leiter des Österreichischen Biomasseverbands, Christoph Pfemeter, präsentierte Prechtl-Grundnig einen Pflichtenkatalog für die kommende Bundesregierung. Darunter sind der rasche Beschluss des ElWG und des EGG ebenso wie Anpassungen des seit Sommer 2021 geltenden Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG). Unter anderem sollen die darin festgeschriebenen Marktprämien sowie Investitionszuschüsse automatisch valorisiert werden. Für Doppelnutzungskonzepte von Flächen, etwa im Rahmen von Agri-PV-Projekten, fordert der EEÖ „stärkere Anreize“.
Zügig beschlossen werden sollte ferner das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG), das der Umsetzung der Erneuerbaren-Richtlinie der EU (RED III) dient. Festzuhalten wäre darin insbesondere das „überragende öffentliche Interesse“ an Kraftwerks- und Leitungsprojekten für die Energiewende. Weiters wäre im EABG die Ausweisung von Gebieten für die beschleunigte Umsetzung solcher Vorhaben vorzusehen.
Um den Ausbau der Stromnetze zu erleichtern, fordert EEÖ überdies einen „staatlichen Infrastrukturfonds“. Der Verband verweist in diesem Zusammenhang auf Schätzungen der E-Wirtschaft, denen zufolge bis 2040 rund 50 Milliarden Euro in die Übertragungs- und Verteilnetze investiert werden müssen. Ähnlich wie der Netzbetreiberverband „Forum Versorgungssicherheit“ plädiert EEÖ weiters für die bundesweite Aufteilung der Netzausbaukosten.
Darüber hinaus verlangt EEÖ eine „Speicherstrategie für Strom und Wärme“. Stromspeicher, deren Einsatz dem stabilen Betrieb der Netze dient, wären von den Netzgebühren zu befreien.
Ambitionierte Ziele
Prechtl-Grundnig, Immitzer und Pfemeter erinnerten an Österreichs Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP), dem zufolge die Strom- und Wärmeerzeugung mittels erneuerbarer Energien von derzeit 132,9 Milliarden kWh bis 2030 auf rund 186 Milliarden kWh pro Jahr zu steigern ist. Gleichzeitig ist die Nutzung fossiler Energieträger von 167,2 auf 65 Milliarden kWh zu verringern. Dies seien „ambitionierte Ziele“. Es sei daher klar, „dass Österreich den Ausbau erneuerbarer Energie energischer vorantreiben muss“.