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Volker Stephan
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Donnerstag, 08.09.2022, 13:58 Uhr
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Münster hält Stadtwerke-Chef Jurczyk mit Gehaltsaufschlag
Zu deutlich verbesserten Konditionen hat Münsters Stadtparlament den Vertrag mit Stadtwerke-Vorstand Sebastian Jurczyk vorzeitig verlängert. Das neue Mandat endet nun in sieben Jahren.
Abwerbeversuch gescheitert: Die Stadt Münster hat mit Sebastian Jurczyk den Vorsitzenden der Stadtwerke-Geschäftsführung gehalten und dessen Rückkehr zur alten Wirkungsstätte, EWE in Oldenburg, verhindert. Die westfälische Kommune lässt sich die vorzeitige Vertragsverlängerung bis September 2029 eine Stange Geld kosten – nach Berechnungen unserer Redaktion annähernd 600.000 Euro über die gesamte Laufzeit.

Der Ratsbeschluss vom 7. September beendet eine Hängepartie, die mit einem Angebot von EWE für ihren ehemaligen Geschäftsführer im Bereich Vertrieb Privatkunden begonnen hatte (wir berichteten). Die Oldenburger suchen einen Nachfolger für den entlassenen Vertriebschef Michael Heidkamp und hatten Jurczyk mit einem lukrativen Angebot ködern wollen. 700.000 Euro pro Jahr soll die Verdienstmöglichkeit des Umworbenen in Niedersachsen laut Medienberichten betragen haben. In Münster sind es nun inklusive Boni etwas mehr als 400.000 Euro – statt bislang 319.000 Euro (laut Bilanz für das Geschäftsjahr 2021).
 
Bleibt: Münsters Stadtwerke-Chef Sebastian Jurczyk hat ein Angebot seines alten Arbeitgebers EWE ausgeschlagen und vorzeitig in Westfalen verlängert.
Quelle: Stadtwerke Münster

Münsters OB Markus Lewe (CDU) begründete die Vertragsverlängerung in einer Mitteilung mit den „schwierigen Zeiten“, die auch die Stadtwerke Münster erlebten. „Da brauchen wir Kontinuität und Kompetenz an der Spitze.“ Jurczyk, in Münster verantwortlich für den Bereich Energie, hatte bei Amtsübernahme im September 2019 im Team mit dem Mobilitäts-Geschäftsführer Frank Gäfgen die Lage in der Domstadt beruhigen müssen. Sein bisheriger Kontrakt wäre bis September 2024 gelaufen. Auch mit Gäfgen, so Aufsichtsratschef Walter von Göwels (CDU), stünden nun Vertragsgespräche an.

EWE sucht weiter nach einem neuen Vertriebsvorstand

Die Kommune hatte die öffentlich zerstrittenen Vorgänger 2018 entlassen und Stefan Grützmacher zum Interimschef bestellt. Der ehemalige Gasag-Chef Grützmacher interessiert sich seit einigen Jahren vor allem für Feuerwehr-Jobs. Aktuell versucht er, die schlingernden Stadtwerke von Münsters Nachbarn Osnabrück auf Kurs zu bringen (wir berichteten).

Für EWE ist damit ein Ende der Suche nach einem Nachfolger für den inzwischen ausgeschiedenen Vertriebsvorstand Heidkamp nicht in Sicht. Ein Sprecher des Konzerns bestätigte auf Anfrage unserer Redaktion, dass das Ressort weiter vakant ist. Zu den Bemühungen um Jurczyk und eine daraus möglicherweise resultierende Belastung des Verhältnisses zu den Stadtwerken Münster wollte der Sprecher sich nicht äußern.
 
 
Sebastian Jurczyk ließ bei einer Anfrage unserer Redaktion Fragen zum Angebot aus Oldenburg "aus Vertraulichkeitsgründen" unbeantwortet. Dagegen wertete er den verbesserten Kontrakt in Münster "als Bestätigung für den strategischen Kurs der Stadtwerke Münster in Richtung Energie- und Verkehrswende, den wir als Geschäftsführungsduo angestoßen haben". Er würde sehr gerne mit seinem Vorstandskollegen Gäfgen "Großes für die Stadtwerke Münster umsetzen".

Jurczyk womöglich bald auch für Immobiliengesellschaft zuständig

Zu den strategischen Zielen, die er bis 2029 erreichen will, zählt die weitgehende Deckung des Strombedarfs in der Stadt durch eigene Wind- und Sonnenkraftwerke. Dazu soll die Fernwärme "zu relevanten Anteilen" aus erneuerbaren Quellen stammen. Gerade erst entwickeln die Stadtwerke eine innovative KWK-Anlage und eine große Wärmepumpe. Jurczyk sieht die Stadtwerke bis zum Ende des Jahrzehnts als "wichtige wirtschaftliche Säule und Zukunftsmotor im Stadtkonzern mit einem breiteren Aufgabenfeld als heute".

Der letzte Passus könnte daraufhin deuten, dass Jurczyk selbst in Kürze zusätzliche Verantwortung übertragen bekommt. Mit dem für 2023 erwarteten Ausscheiden von Geschäftsführer Peter Todeskino aus der Westfälischen Bauindustrie GmbH (WBI) könnte die Stadttochter in den Stadtwerken aufgehen. Die Führungsaufgaben würden dann Jurczyk zufallen. Die WBI ist zuständig für eine Reihe von öffentlichen Immobilien sowie für den Bau und Betrieb von Parkgaragen für Autos und Fahrräder.

In Münster ist man bemüht, die Gehaltserhöhung für Jurczyk auch im Lichte dieser organisatorischen Veränderung zu sehen. WBI-Chef Todeskino selbst bleibt ein Karrieresprung in Münster verwehrt: Der Grüne war 2020 Markus Lewe in der Stichwahl um das Oberbürgermeister-Amt unterlegen.