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Susanne Harmsen
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Dienstag, 28.06.2022, 14:03 Uhr
Effizienz
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Lichtblick sieht großes Potenzial von Prosumer-Häusern
Zehn Kohlekraftwerke könnten ersetzt werden, wenn zehn Millionen deutsche Eigenheime soviel Energie wie möglich selbst erzeugen und nutzen, so der Prosumer-Report 2022 von Lichtblick.
Das Potenzial für die Energiewende im Eigenheim werde bisher kaum ausgeschöpft, kritisiert ein "Prosumer Report" des Energiedienstleisters Lichtblick, der am 28. Juni vorgestellt wurde. Demnach lohnten sich Investitionen in Solaranlage, Wärmepumpe und Elektroauto durchaus heute schon, vor allem wenn diese intelligent vernetzt würden. 10,8 Mio. Ein- und Zweifamilienhäuser in Deutschland eignen sich laut der Studie für einen wirtschaftlichen Einsatz von Solaranlagen zum Eigenverbrauch und zur Netzeinspeisung als Prosumer.

Angesichts stark steigender Preise für Strom, Gas und Öl sowie einem drohenden Gasembargo strebten immer mehr Eigenheimbesitzer nach Energieunabhängigkeit. Dies konstatiert der Report auf Basis von Datenanalysen von EUPD Research. Der Report untersucht sieben Schlüssel-Technologien für die Energiewende im Eigenheim. Am weitesten verbreitet sind bisher Photovoltaik-Anlagen für Strom aus Sonnenlicht. 16 % aller solarfähigen Eigenheime produzierten demnach bereits Sonnenstrom.

Nur ein Zehntel des Potenzials genutzt

4 % hätten auch eine Batterie als Heimspeicher und 8 % nutzten eine strombetriebene Wärmepumpe. Elektroautos und Smart Meter nutzten erst je 3 %, und Energiemanagement-Systeme nur 2 % der möglichen Haushalte. Allerdings konstatiert Lichtblick ein starkes Wachstum in fast allen diesen Bereichen seit 2021. Gemessen am Potenzial würden bislang aber 9,5 von 100 möglichen Punkten erreicht, bedauerte Lichtblick Sprecher Ralph Kampwirth. EUPD Research werde den Index jährlich aktualisieren, kündigte er an.

Der Report zeige auf, dass Hauskraftwerke eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung spielen könnten. Würden alle infrage kommenden Häuser mit Solaranlagen ausgestattet, könnten sie rein rechnerisch 96 Mrd. kWh Solarstrom pro Jahr erzeugen und so zehn mittlere Kohlekraftwerke ersetzen. Strom könne deutlich effizienter in Wärme und Mobilität umgewandelt werden als Gas oder Öl.
 
 
Bei einem vollständigen Umstieg der 10,8 Mio. potenziellen Prosumer auf Stromheizungen und Elektromobilität sinke ihr Energiebedarf um 65 % – von heute 336 Mrd. kWh auf 119 Mrd. kWh. Daher könnten Prosumer künftig vier Fünftel ihres gesamten Energiebedarfes selbst erzeugen, wenn sie Erzeugung, Speicherung und Verbrauch intelligent steuern lassen. Heute entspreche die Solarstromproduktion auf Eigenheimen nur 4 % des Bedarfes aller potenziellen Prosumer.

Sinkende Energiekosten im Prosumer-Haus

Die Investitionen in Höhe von 50.000 Euro für Photovoltaik, Heimspeicher und Wärmepumpe lohnten sich schon unter heutigen Bedingungen über die Zeit der Nutzung. Ein Elektroauto, das mit eigenem Strom betrieben werde, sei ebenfalls empfehlenswert. Zwei Modellrechnungen für die Sanierung und den Neubau von Einfamilienhäusern, ließen dies auch für Bestandsgebäude über 20 Jahre lohnend erscheinen. Im Schnitt liegt die Kostenersparnis für Eigenheimbesitzer zwischen 25 und 36 % beziehungsweise zwischen 32.000 und 55.000 Euro.

Bei dauerhaft hohen Energiepreisen und einer intelligenten Vermarktung von überschüssigem Solarstrom an der Börse steige das Sparpotenzial auf bis zu 54 % oder 95.000 Euro, so die Berechnung. Prosumer vermieden im gleichen Zeitraum bis zu 81 Tonnen Treibhausgas CO2. Allerdings musste auch Kampwirth zugestehen, dass schlecht gedämmte Häuser für Wärmepumpenheizung kaum geeignet sind und Material- und Handwerkermangel die Nutzung der Potenziale erschweren.
 
Vergleich der Energiekosten zwischen fossiler Energienutzung und selbst erzeugtem Solarstrom über 20 Jahre
(zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken)
Quelle: Lichtblick

Virtuelle Kraftwerke könnten Energiewende befördern

"Durch die Digitalisierung und Vernetzung von Solaranlagen, Speichern, Wärmepumpen und Elektroautos kann die Wirtschaftlichkeit von weitgehend energieautarken Häusern in Zukunft weiter verbessert werden", erläuterte Lichtblick-Prosumer-Experte Rene Zerwes. So lägen die Erlöse aus der Vermarktung von überschüssigem Solarstrom an der Strombörse dreimal höher als die Erträge aus der Einspeisevergütung nach dem EEG.

Um die Potenziale zu heben, müssten Solaranlagen oder Speicher schnell und unkompliziert digital anzumelden sein, forderte Kampwirth. Bundesweit einheitliche Anschlussbedingungen, eine Clearingstelle bei Konflikten mit Netzbetreibern sowie die einfache Teilnahme an den Energiemärkten würden den Wandel erheblich beschleunigen.