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Manfred Fischer
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Mittwoch, 22.06.2022, 13:49 Uhr
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Bergwerk für Geothermieforschung
Forschende beleuchten Fragen zur Reservoirtechnologie und Bohrlochsicherheit von Geothermieanlagen künftig direkt im Untergrund. Dazu entsteht ein neues Bergwerk.
Helm auf, Stirnlampe an: Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Deutsche Geoforschungszentrum (GFZ) und das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) wollen im Schwarzwald oder Odenwald ein Bergwerk errichten. Darin soll ein neuartiges Labor Platz finden. In dem „Geothermal Laboratory in the Crystalline Basement“, so die Bezeichnung, wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Fragen zur Reservoirtechnologie und Bohrlochsicherheit von Geothermieanlagen nachgehen, wie das KIT mitteilt. Die Helmholtz-Gemeinschaft fördert das Projekt mit 35 Mio. Euro.

Für ihr Labor unter Tage wollen die Projektpartner einen Stollen mit einer Länge von etwa einem Kilometer graben. Der Stollen soll zu Kavernen führen, und von dort aus sollen Strömungsversuche im Gestein mit für die Geothermie relevanten Fließraten durchgeführt werden. Und das unter einer Gesteinsschicht von circa 400 Metern.

„Durch modernste Methoden sind wir in der Lage, thermische, hydraulische, chemische und mechanische Parameter zu erfassen. Auf diese Weise erlangen wir ein grundlegendes Verständnis der geothermischen Transportprozesse und werden auch einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheitsforschung für die Geothermie leisten“, sagt Oliver Kraft, Vizepräsident für Forschung am KIT.
 
Im Schwarzwald oder Odenwald soll ein Untertagelabor entstehen, in dem Forschende Prozesse der Tiefengeothermie direkt beobachten können
 Quelle: KIT

Maßnahmen gegen „induzierte Seismizität“

Dass die Geothermie hierzulande bislang noch wenig zum Einsatz komme, liege unter anderm an der Sorge von Bürgerinnen und Bürgern vor künstlich verursachten Erdbeben, erklärt der wissenschaftliche Koordinator des Projekts, Thomas Kohl vom Institut für Angewandte Geowissenschaften. „Diese treten vor allem bei einer unsachgemäßen Injektion von Fluiden in ein Reservoir auf.“ Grundsätzlich sei die Anwendung von solchen „Enhanced Geothermal Systems“ aber notwendig, um das große Potenzial der Geothermie standortunabhängig auch in Regionen mit kristallinem Grundgebirge wirtschaftlich nutzbar zu machen.

Meistens seien die notwendigen Fließraten im Kristallin aber nur durch entsprechende „Ertüchtigungsmaßnahmen“ erreichbar. „Eine entscheidende Aufgabe der Forschung in dem neuen Labor werde es deshalb sein, „das Verständnis induzierter Seismizität zu verbessern und Maßnahmen zur Verhinderung experimentell zu demonstrieren“, so Kohl.

Die Daten aus dem Untergrund sollen über Tage nicht nur Ängste nehmen. Neben einem offenen Dialog mit Bürgern seien auch rasche Genehmigungsverfahren vonnöten, sagt GFZ-Forscherin Susanne Buiter. Auch hier werde die Forschung in dem Bergwerk „wichtige Beiträge leisten und ein wissensbasiertes Vorgehen ermöglichen“.

KIT-Präsident Holger Hanselka sieht für Geothermie großes Potenzial: „Alleine in Deutschland könnten wir damit ein Drittel des Gasbedarfs für unsere Wärme ersetzen“, erklärt er. Angesichts der drohenden Klimakatastrophe und der geopolitischen Weltlage könne man darauf nicht mehr verzichten.