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Klaus Fischer
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Mittwoch, 25.05.2022, 17:25 Uhr
Bilanz
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EVN-Gewinn sinkt um mehr als ein Viertel
"Verwerfungen historischen Ausmaßes" auf den Energiemärkten verringerten das Halbjahresergebnis des niederösterreichischen Konzerns. Die Aussichten sind laut Vorstand gut.
Die „Verwerfungen historischen Ausmaßes“ auf den europäischen Strom- und Gasmärkten hatten negative Einflüsse auf das Ergebnis des niederösterreichischen Energiekonzerns EVN im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2021/22. Das berichteten Vorstandssprecher Stefan Szyszkowitz und Technikvorstand Franz Mittermayer bei der Bilanzpressekonferenz am 25. Mai.

Zwar wuchs der Umsatz der EVN um 66 % auf 2,13 Mrd. Euro. Doch im Gegenzug sank das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) um 22 % auf 420 Mio. Euro, das operative Ergebnis (Ebit) verringerte sich um 17 % auf 211 Mio. Euro. Somit verblieb unterm Strich ein Konzerngewinn von 127 Mio. Euro - 28 % weniger als im ersten Halbjahr 2020/21.

Szyszkowitz zufolge war schon seit dem Spätsommer 2021 ein massiver Anstieg der Großhandelspreise für Strom und Gas zu verzeichnen. Verschärft wurde die Lage durch die russische Invasion in der Ukraine an diesem 24. Februar. Somit erhöhten sich die Kosten der EVN „für Fremdstrombezug und Energieträger“, besonders Erdgas, von 569 Mio. auf 1,31 Mrd. Euro.

"Solide Bilanzstruktur"

Laut Szyszkowitz stammen lediglich rund 20 % des von der EVN an Endkunden verkauften Stroms aus ihren eigenen Erzeugungsanlagen. Die verbleibenden 80 % muss sie zukaufen. Ihr weitaus wichtigster Lieferant ist der größte österreichische Stromkonzern Verbund. Erdgas bezieht das niederösterreichische Unternehmen ausschließlich vom österreichischen Erdöl- und Erdgaskonzern OMV.

Die gestiegenen Beschaffungskosten der EVN für Strom schlugen vor allem in ihren südosteuropäischen Märkten Bulgarien und Nordmazedonien zu Buche. Hier musste die EVN erheblich mehr Geld zur Abdeckung von Netzverlusten aufwenden. Wegen regulatorischer Vorgaben konnte sie diesen Aufwand nur teilweise ihrer Kundschaft weiterverrechnen, erläuterte Szyszkowitz. In Bulgarien würden ihr die Mehrkosten vom Staat ersetzt. In Nordmazedonien seien Gespräche mit den zuständigen Behörden im Gange.

Szyszkowitz betonte, die EVN verfüge über eine „solide Bilanzstruktur“. Er verwies auf die Eigenkapitalquote von gut 59 % und die Verschuldung von rund einer Mrd. Euro, die seit Jahren in etwa stabil ist.

Verschlechtert hat sich indessen die Ebit-Marge. Betrug sie im ersten Halbjahr 2020/21 fast 20 %, so liegt sie - wenn auch nur knapp - ein wenig unter dem oft als kritisch erachteten Wert von 10 %.

Szyszkowitz zufolge untermauern externe Ratings aber die Finanzkraft der EVN. Moody's etwa habe die Einstufung mit A1 und stabilem Ausblick bestätigt, Scope Ratings stuft das Unternehmen weiterhin mit A+ und ebenfalls stabilem Ausblick ein. Den Ausblick der EVN selbst für das Gesamtjahr 2021/22 bestätigte Szyszkowitz: Das Konzernergebnis werde voraussichtlich etwa 200 bis 240 Mio. Euro ausmachen.

Gut gerüstet

Laut Szyszkowitz ist die EVN daher „gut gerüstet“ für die Investitionen in den kommenden Jahren. Sie sollen jeweils rund 500 Mio. Euro betragen und vor allem in den Ausbau der erneuerbaren Energien, die Verstärkung und Erweiterung der Netze, die Ausrollung digitaler Stromzähler (Smart Meter) sowie die Trinkwasserversorgung im Stammland Niederösterreich fließen.

Mittermayer erläuterte, zurzeit verfüge die EVN über Windparks mit rund 400 MW Gesamtleistung. Bis 2030 wolle sie 750 MW erreichen. Ferner möchte sie bis zu diesem Jahr Photovoltaik-Anlagen mit insgesamt 300 MW in Betrieb nehmen.

Gut voran kommt das Unternehmen ihm zufolge bei der Installation der Smart Meter. Bis dato wurden rund 700.000 Geräte installiert und damit 80 % der Kundschaft versorgt. Mit Jahresende werde die Ausrollung abgeschlossen.

Gaslieferstopp aus Russland wäre "Worst Case"

Zur derzeit intensiv diskutierten Sicherheit der Erdgasversorgung stellte Mittermayer klar: „Wir haben langfristige Lieferverträge.“ Die russische Gazprom als Lieferant der OMV erfülle diese bis zum heutigen Tage getreulichst. Ferner habe die EVN bei ihrem Tochterunternehmen RAG Austria umfangreiche Gasmengen zur Versorgung ihrer Kundschaft eingespeichert und erhöhe diese weiter.

Wasserstoff methanisieren
Dennoch wäre eine Unterbrechung der Lieferungen aus Russland aus welchen Gründen immer auch für die EVN „natürlich der Worst Case“, räumte Mittermayer ein. Nicht zuletzt deshalb arbeitet das Unternehmen am Aufbau einer Versorgung mit Wasserstoff. Diesen wolle sie mithilfe von CO2 in synthetisches Methan umwandeln. Geplant ist, das COaus den Abgasen der Müllverbrennungsanlagen des Unternehmens zu gewinnen. Das synthetische Methan kann die EVN laut Mittermayer ohne weiteres in den von ihr gebuchten Gasspeichern einlagern. Auch die Endkunden sind in der Lage, es ohne Adaptierung ihrer Anlagen zu verwenden: „Bei Wasserstoff wäre das nicht möglich, weil er nur ein Drittel des Energiegehalts von Erdgas aufweist.“