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Kraftwerk Walheim mit Visualisierung der neuen Klärschlammverwertungsanlage Quelle: EnBW / Artis Uli Deck
Günter Drewnitzky
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Dienstag, 19.10.2021, 08:54 Uhr
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EnBW geht gegen Veränderungssperre vor
Der Energiekonzern EnBW will im Kohlekraftwerk Walheim künftig Klärschlamm verbrennen. Um das zu verhindern, hat der Gemeinderat für das Areal eine Veränderungssperre erlassen.
Bei EnbW ist man sauer. Vor allem, weil sich der Gemeinderat einem Dialog verweigert habe, beziehungsweise, wie es seitens des Unternehmens heißt, ihn nur unter der Bedingung führen wolle, dass die Pläne zur Klärschlammverwertung nicht weiterverfolgt werden.

Noch Anfang des Jahres, so erklärte ein Sprecher gegenüber der Redaktion, habe man sich im Gremium noch die Pläne angehört und diskutiert, jetzt fuhren die Räte das ganz schwere Geschütz auf: Veränderungssperre. Was nicht nur bedeutet, dass keine Klärschlammverwertung gebaut werden darf, sondern auf dem Gelände gar nichts mehr möglich ist. „Sie würde jegliche Planungen des Unternehmens für den eigenen Standort auf Jahre hinaus blockieren. Das greift nicht nur in den Betrieb unserer Anlagen, sondern auch in unser Eigentum ein“, betont Andreas Pick, der bei EnBW das Projekt Klärschlammverwertungsanlage verantwortet. Es könnte „nicht einmal mehr ein Transformator installiert werden, wenn dies zur Sicherung der regionalen Stromversorgung nötig wäre“.

Dass sich das der Energiekonzern nicht gefallen lassen will, ist klar. Man sehe sich gezwungen, in einem Normenkontrollverfahren prüfen zu lassen, ob dieser Beschluss rechtens ist, heißt es. Damit würde auch Rechtssicherheit für die weitere Diskussion geschaffen. Den entsprechenden Antrag will das Unternehmen in den kommenden Tagen beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einreichen.

„Wenn wir eine regenerative Energiezukunft wollen, müssen wir uns alle gemeinsam anstrengen. Es ist ein Widerspruch, einerseits den Kohleausstieg zu wollen und zu fordern, gleichzeitig aber die hierfür erforderlichen Anlagen abzulehnen – und dazu zählt auch die Klärschlammverwertungsanlage“, erklärte Pick. Deswegen wolle man den Dialog vor Ort fortsetzen und intensivieren. So soll ein „Bürger*innen-Rat“ in die weiteren Überlegungen für den Kraftwerksstandort eingebunden werden. „Wir möchten eine Plattform anbieten, auf der nachvollziehbare Bedenken, wie eine mögliche Geruchsbelästigung, öffentlich diskutiert werden können“, so der Projektleiter.

Auf Unverständnis bei EnBW stößt auch die Vorstellung des Gemeinderats, dass auf dem Areal Wohnbebauung entstehen soll und ein entsprechender Bebauungsplan aufgestellt wurde. „Wir können den Wunsch nach neuem Wohnraum natürlich nachvollziehen. Die Frage ist aber, ob ein Kraftwerksgelände dafür ein geeigneter und sinnvoller Ort ist. Wir meinen, nein“, findet Pick. Weder der bestehende Flächennutzungsplan noch der Regionalplan würden eine Nutzung als Gewerbe- oder Wohngebiet hergeben. Der Standort sei dort ausdrücklich als Vorrangfläche für regional bedeutsame Kraftwerksanlagen ausgewiesen.

Die EnBW-Pläne in Walheim im Landkreis Ludwigsburg stehen im Zusammenhang mit dem Ersatz des Kohlekraftwerks Heilbronn, wo bisher Klärschlamm verbrannt wurde, durch ein Gaskraftwerk. Diese neue Konzeption ermöglicht keine Klärschlammverwertung mehr. Dabei weist das Unternehmen darauf hin, dass man mit dem Projekt in Walheim auch die Kommunen unterstütze, die für die Entsorgung und das spätere Phosphor-Recycling verantwortlich sind. Im Umkreis von 100 Kilometern um Walheim fallen nach EnBW-Angaben rund 280.000 Tonnen Klärschlamm an. 50.000 könnten in Walheim verarbeitet werden. Für ganz Baden-Württemberg seien sechs Anlagen erforderlich.